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VLN
09.05.2025

NLS ein Paradies für Ingenieure und Plattform für Entwicklungen

Die AT-Klasse in der ADAC Nürburgring Langstrecken-Serie boomt. Ursprünglich für den Einsatz von alternativen Treibstoffen ins Leben gerufen, gehen die nachhaltigen Technologien, die aktuell erprobt werden, weit darüber hinaus. Immer mehr Teams setzen bewusst auf das Thema Nachhaltigkeit.

„Ich bin sehr glücklich, dass das die AT-Klasse in der NLS Fahrt aufnimmt und immer mehr an Popularität gewinnt“, sagt Christian Vormann, Sportleiter der NLS. „Die Tatsache, dass bei uns seit mittlerweile mehr als 25 Jahren nachhaltige Technologien im Renneinsatz eingesetzt und erprobt werden, ist vor allem auf unser offenes Multiclass-Reglement zurückzuführen. Das geht in den meisten anderen Rennserien nicht. Die ADAC Nürburgring Langstrecken-Serie ist die ideale Plattform für Entwicklungen – ein Paradies für Ingenieure und die perfekte Plattform für zukunftsfähige Technologien.“

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Pionier in dem Thema ist das Team Four Motors. Seit 2003 treibt der Rennstall von Gründer und Visionär Thomas von Löwis of Menar und Rapper Smudo das Thema Nachhaltigkeit im Motorsport voran. Ihr Biodiesel-Beetle siegte als erstes alternatives Rennauto gegen Fahrzeuge, die mit fossilem Kraftstoff angetrieben werden. 2006 folgte der Ford Mustang GT RTD mit einer Karosserie aus nachwachsenden Rohstoffen. Ein weiterer Meilenstein war 2017 ein Porsche Cayman GT4 Clubsport, der mit re-raffiniertem Öl, E20-Kraftstoff und Bio-Leichtbauteilen erfolgreich war. Four Motors entwickelt mit Partnern kontinuierlich nachhaltige Komponenten wie langlebige Reifen und die weltweit erste CO₂-neutrale Felge.

Aktuell setzt das Team zwei Fahrzeuge in der AT-Klasse ein – einen Porsche 911 und einen Cayman. Eine der Fahrerinnen: Michelle Halder. „Vor allem die ältere Generation liebt den klassischen Motorsport-Sound und viele sind skeptisch, wenn es um komplette Elektro-Serien wie die Formel E geht“, sagt sie. „Der Einsatz von Four Motors in der NLS bietet da eine tolle Alternative: den bekannten Sound, spannende Zweikämpfe und Geschwindigkeit, gepaart mit Nachhaltigkeit in einem leistungsstarken Porsche. So können wir auch eingefleischte ‚Petrolheads‘ für das wichtige Thema gewinnen.“

Manthey und die Griesemann Gruppe setzen ebenfalls auf Nachhaltigkeit und innovative Technologien. Ein zentraler Punkt im neuesten Projekt ist der Einsatz von synthetischem Ottokraftstoff aus der Klasse der eFuels, der in Motoren ohne Anpassungen genutzt werden kann. Ein weiterer Aspekt ist die Verwendung von recyceltem carbonfaserverstärktem Kunststoff (CfK) in einem von Manthey entwickelten Porsche 718 Cayman GT4 RS Clubsport M.

„Ich bin froh und auch stolz, dass wir mit einem Fahrzeug an den Start gehen, das zu Teilen aus recyceltem Carbon besteht und mit synthetischem Kraftstoff betrieben wird“, sagt Nicolas Raeder, Geschäftsführer, Manthey Racing GmbH. „Wir haben uns schon länger mit dem Thema Nachhaltigkeit und in dem Zusammenhang auch mit erneuerbaren Kraftstoffen beschäftigt und freuen uns, mit der Griesemann Gruppe einen starken Partner für diesen Einsatz gefunden zu haben.“

Seit letztem Jahr ist auch Max Kruse Racing in der Klasse für alternative Treibstoffe aktiv. Bis zu sechs Fahrzeuge kommen zum Einsatz, darunter ein Porsche 911 GT3, zwei Volkswagen Golf VII, ein Golf GTI Clubsport 24h und zwei Audi RS3. Das Team setzt auf den von Volkswagen entwickelten Bio-Kraftstoff E20 Gasoline, der zu 60% regenerativ ist. „Anfang 2024 waren alternative Kraftstoffe noch komplettes Neuland für uns. Wir verbinden Nachhaltigkeit mit Performance und glauben fest an diesen Weg für die Zukunft im Motorsport“, sagt Timo Schupp, Teamchef bei Max Kruse Racing. „Wir möchten weiter testen und entwickeln.“ Das Team plant in der Zukunft weitere nachhaltige Technologien zum Einsatz zu bringen.

Ab dem dritten Rennen der Saison 2025 startet auch Hofor Racing by Bonk Motorsport in der AT-Klasse. Viermal – 2002, 2006, 2016 und 2017 – stellte das Team um Michael Bonk die Meister in der NLS. Bonk setzt auf den gleichen Kraftstoff wie der Cayman der Griesemann Gruppe. „Warum wir das machen? Die Antwort ist einfach: Der Motorsport muss zukunftsfähig werden“, sagt Bonk, der den BMW M4 GT4 zusammen mit Martin Kroll und Maximilian Partl pilotiert.

NLS-Partner Goodyear fördert die nachhaltige Entwicklung

Bonk Motorsport und Four Motors setzen auf Goodyear-Rennreifen und verfolgen damit einen nachhaltigen Ansatz. Goodyear ist ein umweltzertifizierter Reifenhersteller auf der höchsten Stufe des FIA-Motorsport-Umweltprogramms. „Wir entwickeln unsere Goodyear-Rennreifen kontinuierlich weiter, um Leistung und Sicherheit zu verbessern, und legen seit Jahren großen Wert auf Nachhaltigkeit“, erklärt Alexander Kühn, Sales Manager des Customer Racing Program bei Goodyear. „In unserem aktuellen Portfolio haben wir viele Reifen so optimiert, dass der Anteil nachhaltiger Materialien und die Haltbarkeit deutlich gestiegen sind. Konkret bedeutet das: Die Reifen halten länger, die Teams sparen Kosten und wir schonen Ressourcen.“

Am Beispiel Four Motors: Das Team fährt auf dem Porsche 911 GT3 Cup in enger Zusammenarbeit mit Goodyear-Ingenieuren Doppelstints auf der Nordschleife – ohne erkennbaren Leistungsverlust – und das mit Reifen, die 40 Prozent nachhaltige und recycelte Materialien enthalten. „Der Motorsport sollte als Plattform dienen, um die Entwicklung zukunftsfähiger und nachhaltiger Rohstoffe voranzutreiben“, sagt Kühn. „Das ist meiner Meinung nach ein Eckpfeiler für die Zukunft des Motorsports.“

Rückblick: Weitere nachhaltige Meilensteine in der NLS

Seit mehr als 25 Jahren ist das Thema Alternative Treibstoffe in der Grünen Hölle ein Thema. Bereits 1999 setzte Paul Martin Dose in der NLS auf Biodiesel – erst in einem VW Golf und später in einem Audi A3 TDI – um die Leistungsfähigkeit alternativer Kraftstoffe zu demonstrieren. Im selben Jahr fuhr ein erdgasbetriebener Audi A4 quattro STW von Abt Motorsport auf einen bemerkenswerten siebten Platz in der Gesamtwertung. Heico Sportiv feierte 2007 den ersten Sieg eines Bioethanol-betriebenen Rennwagens mit einem Volvo S40 und setzte die Entwicklung mit einem Volvo C30 fort. 2010 erlebte der Porsche 911 GT3 R Hybrid seine Weltpremiere im Renneinsatz, gefolgt vom ersten Sieg eines Hybridfahrzeugs in der NLS 2011. Ebenfalls historisch: Der erste Klassensieg eines Wasserstoff-Hybrid-betriebenen Aston Martin Rapide S in der Saison 2013.
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