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Formel 1
21.03.2022

Ralf Schumacher: „Stroll sollte sich fragen, ob er sich nicht ein anderes Hobby sucht“

Am gestrigen Sonntagabend waren im „AvD Motor & Sport Magazin“ auf SPORT1 mit Ralf Schumacher, Karl Wendlinger und Christian Danner gleich drei ehemalige Formel-1-Fahrer zu Gast. Das Trio diskutierte mit Moderatorin Ruth Hofmann die wichtigsten Erkenntnisse des ersten Rennens der neuen Formel-1-Saison. Der zugeschaltete Sky-Experte Schumacher zeigt sich besonders vom schlechten Zustand des Aston Martin schockiert und kritisiert sowohl das Team als auch Fahrer Lance Stroll hart. Wendlinger lobt das wiedererstarkte Ferrari-Team und freute sich für alle Motorsportfans, dass die Scuderia endlich wieder vorne mitfährt. Auch SPORT1 Experte Christian Danner kritisiert das Team vom Sebastian Vettel und sorgt sich zudem um die Motivation des Deutschen, in diesem Auto weiterzufahren. Außerdem freut sich Danner über die gut funktionierenden neuen Regeln. Die wichtigsten Aussage im Folgenden:

Ralf Schumacher über…

… die Leistung von Aston Martin und Lance Stroll: „Stroll sollte sich fragen, ob er sich nicht ein anderes Hobby sucht. Das war ja wirklich peinlich. Alles andere ist das Team: Das Team hat den Faden verloren. Da wollte man zu schnell, zu viel erreichen und das funktioniert in der Formel 1 leider einfach nicht. Man kann nicht einfach viele Leute und viel Geld nehmen, in einen Topf geben, kurz umrühren und dann kommt hinten was Gutes raus. Das ist ein kontinuierlicher Prozess und das muss wie ein Uhrwerk funktionieren. Und das Team wollte mit der Bulldozer-Methode rangehen und das hat schon damals bei Toyota nicht funktioniert. Das Auto ist, so hört man, eine Katastrophe. Das muss alles können, was man nicht braucht. Und hinzukommt, dass scheinbar der Teambesitzer mittlerweile auch mit in den Meetings sitzt und sich äußert, wie die Dinge zu laufen haben sollen. Wenn das so ist, dann wird es wirklich sehr kompliziert.“
 
… das Aus von Max Verstappen: „Klar war das ärgerlich, dass er ausgeschieden ist, aber Max wird gut schlafen können, weil er nächste Woche wieder um den Sieg mitfahren wird. Das wird bei Lewis unter normalen Umständen nicht der Fall sein:“
 
… das wiedererstarkte Ferrari-Team: „Ferrari ist ein wichtiger Bestandteil des Motorsports. Umso besser, dass sie jetzt wieder so stark zurück sind. Man hat auch gesehen, dass alle von Ferrari angetriebenen Autos stark waren. Den Motor, den in den letzten Jahren keiner wollte, hätte jetzt jeder gerne.“
 
… Mick Schumacher: „Mick war das ganze Wochenende mit dem Auto nicht so glücklich. Das kann passieren, aber da muss man Kevin Magnussens Leistung trotzdem neidlos anerkennen. Aber gerade im Rennen hatte Mick auch Pech. Einmal wird er umgedreht und einfach abgeräumt. Dann hat er das zweite Mal Pech. Erst kommt das Virtual Safety-Car und dann ist er gerade an der Box vorbei, da kommt das richtige Safety-Car und dann konnte er nicht in die Box und musste auf den alten Reifen bleiben. Alle um ihn rum konnten wechseln und dann war das Thema gegessen. Mit frischen Reifen hätte er definitiv in die Punkte fahren können.“
 
… die Mercedes-Probleme: „Die sind vom Auto her eigentlich fast sogar hinter dem Haas. Das ist aber insgesamt natürlich noch schwer zu sagen. Beim nächsten Mal sind sie das nicht mehr. Ich glaube, dass sie nicht so bestimmend zurückkommen werden, wie in den letzten Jahren. Auch ihr Motorenvorsprung ist nicht mehr so da, weil Ferrari und Honda nachgelegt haben. Der Vorteil ist weg.“
 
… das überraschend starke Haas-Team: „Es gibt für mich zwei herausragende Leute am Wochenende. Das war für mich zum einen Nico Hülkenberg und das gleiche gilt für Kevin Magnussen. Er hat natürlich den Vorteil, dass alle bei null anfangen und sich an das neue Auto gewöhnen mussten. Er ist ein exzellenter Rennfahrer, aber er hatte leider zu oft den Fokus verloren. Er hat sich heute bei allem rausgehalten und das ist belohnt wurden. Jetzt können wir nur hoffen, dass Haas auch so weitermacht.“

Karl Wendlinger über: 

… eine mögliche Ferrari-Wiederauferstehung: „Ein erfolgreiches Ferrari ist für den Motorsport und die Formel 1 immer gut. Sie haben letztes Jahr keine Rolle in der Weltmeisterschaft gespielt, waren aber immerhin auf der dritten Position. Sie haben richtig abgewogen, wann sie beginnen, für 2022 zu planen, aber auch 2021 weiter gute Leistungen zu bringen. Das allein reicht aber natürlich nicht: Mattia Binotto, der als Teamchef schon stark in der Kritik war, hat an den richtigen Stellschrauben gedreht, hat den Antrieb stark verbessert und zuverlässiger gemacht. Aber auch ansonsten hat er die richtigen Schlüsse für das neue Reglement gezogen. Sie haben auf jeden Fall das Potenzial die ganze Saison vorne mitzufahren.“
 
… den Sieger Charles Leclerc: „Ich habe ihn das ganze Wochenende souverän gesehen. Nicht, dass er alle in den Schatten stellen konnte, aber er hat das Potenzial voll genutzt, auch weil er nach dem Start vorne war.“
 
… das starke Haas-Team: „Das liegt sicherlich auch am starken Ferrari-Motor. Der ist sehr gut und stark. Die Verbindung von Haas zu Ferrari als Kundenteam ist groß und davon konnte Haas jetzt profitieren, weil der Ferrari ja auch das beste Auto in Bahrain war. Kevin Magnussen hatte aber auch ein sehr starkes Wochenende.“
 
… Nico Hülkenberg: „Das war eine tolle Leistung. Ohne Testfahrten mit einem neuen Auto und neuem Reglement. Aber eigentlich muss sich Lance Stroll fragen, was er bei den Testfahren gemacht hat. Ich will die Leistung von Nico gar nicht schmählern, aber da waren tagelange Testfahrten und Nico kommt und stellt Stroll in den Schatten.“
 
… ein mögliches Karriereende von Sebastian Vettel: „Das kann ich schwer einschätzen, aber er hat sich sicher gut vorbereitet über den Winter. Er hat jetzt definitiv die Erkenntnis, dass das Auto weit abgeschlagen ist. Das war noch schwächer, als in der letzten Saison und es wird sicher schwer, da hinten wieder rauszukommen. Ich glaube aber, dass er nach seiner Genesung wiederkommt und sein Bestes gibt. “

Christian Danner über … 

… den Saisonauftakt in Bahrain: „Die Überlegenheit von Ferrari ist in der Saisonvorbereitung schon abzusehen gewesen. Man muss sagen, dass der Leclerc in Bahrain schon immer eine Hausnummer war, auch in der Formel 2. Das war heute dann mal wieder einer dieser Leclerc-Tage. Ich habe auch das Gefühl, dass das seine Lieblingsstrecke sein könnte.“
 
… den Rennverlauf: „Letztendlich haben wir ein Rennen gesehen, das in einem unglaublich guten Rad-an-Rad-Duell ausgefochten wurde. Dieses Duell war so spannend, weil man sich pro Runde zweimal überholt hat. Nach dem Rennen hat Leclerc gesagt, dass er das alles im Griff und genauso geplant hatte. Wenn das so ist, hat er brillant gedacht. Im Endeffekt hat sich gezeigt, dass in der Formel 1 solche Zweikämpfe um die Führung in der Zukunft öfter vorkommen. Egal ob das jetzt Leclerc gegen Verstappen oder Hamilton gegen Verstappen oder Hamilton gegen Leclerc ist. Egal: Ja bunter desto besser.“
 
… den Podest-Platz von Lewis Hamilton: „Der Podest-Platz war schon glücklich. Vom reinen Speed war man für das Podium nicht schnell genug. Aber es zeigt auch, dass man Hamilton nie abschrieben darf. Er und Mercedes lauern immer. […] Das war ein typisches Beispiel für den klassischen ‚Niki-Lauda-Stil: Wenn man das Rennen nicht gewinnen kann, holt man wenigstens die möglichen Punkte. So hat Niki damals auch seinen Titel gegen Prost geholt. Nicht weil er besser war, sondern weil er Punkte gehamstert hat.“
 
… Nico Hülkenberg: „Es ist unfassbar schwer, so spontan ganz ohne Routine einzuspringen. Die Autos sind unglaublich schnell. Da wird schon viel verlangt. Das war eine Vielzahl von Dingen, die er da aus dem Nichts bringen musste. Von dem her war das eine super Leistung.“
 
… Aston Martin: „Ein kleines und effizientes Rennteam, was Aston Martins Vorgänger-Team ja war, ist nicht unbedingt gleich besser, wenn man es mit neuen Mitteln aufbläst. […] Die haben investiert ohne Ende und es gibt es neue Tools, die hunderte Millionen gekostet haben, aber sie funktionieren nicht. Und jetzt kommt das allerschlimmste: Wenn dann derjenige, der die hunderten Millionen investiert hat, sagt: ‚Ich weiß, wie das geht, sonst hätte ich ja gar nicht das Geld.‘ Dann wird es richtig problematisch. Papa Stroll ist ja auch nicht gerade dafür bekannt, dass er mit besonders viel Feingefühl herangeht. Zu Sebastian Vettel: Der wird sich überlegen, ob er die Corona-Infektion nicht über Dschidda hinauszieht.“
 
… das starke Ferrari-Wochenende: „Ferrari hat mit seiner Konstanz gepunktet. Nicht nur mit Zuverlässigkeit, sondern auch damit, dass das Auto unabhängig von den Bedingungen immer gut war. Beide Piloten hatten die Nase so weit vorne, dass sie Verstappen die Stirn bieten konnten. Das war schon bemerkenswert, weil nicht immer die Form von den Testfahrten so auch auf das Rennen übertragen werden kann. Bahrain ist einfach eine Motorenstrecke und da hatte Ferrari mit dem scheinbar sehr starken Motor gute Karten.“
 
… das neue Reglement und möglichen Änderungen in dieser Saison: „So ein Zweikampf, wie der von Verstappen und Leclerc, war außerordentlich selten in der Vergangenheit, fast unmöglich. Und was auch aufgefallen ist: Weiter hinten ist man schon enger aneinander gefahren. Ich denke schon, dass sich das Reglement bewährt hat.“
 
… die Regeländerungen: „Erstes Learning: Die Reifen waren besser und sehen sogar besser aus, halten besser, sind besser zu fahren. Zweites Learning: Hinterherfahren funktioniert definitiv besser. Drittes Learning ist die Aerodynamik: Sie ist unkomplizierter für die Fahrer. Dann haben wir die Safety-Car-Prozedur: Das dauert zwar etwas länger, aber dafür ist sie jetzt klar geregelt. Das Rennleitergespann hat sich an diesem Wochenende bewährt.“
 
… Sebastian Vettel: „Zufrieden war er sicher nicht mit der Performance von Aston Martin. Aber er ist ja ein cleverer Bursche, das wird ihn also nicht so sehr überrascht haben. Er kennt das Auto und dass sie hinterherfahren, das hat er schon gewusst. Die Frage ist, was er jetzt macht. Erstmal muss er gesund werden. Dann ist aber noch lange nicht gesichert, dass er in Dschidda auch ins Auto zurückkehrt.“ 
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