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21.12.2021

Team Driverse: Debüt-Jahr mit steiler Lernkurve

Nach einer von Ups and Downs geprägten Debütsaison ist es für das Team Driverse nun an der Zeit, einmal zurückzublicken. Die neu gegründete Mannschaft war mit einem BMW M4 GT4 sowohl in der ADAC GT4 Germany als auch in der DTM Trophy unterwegs und trat somit gleich im ersten Jahr in zwei der stärksten GT4-Serien der Welt an. Dabei erlebte die Equipe viele erfolgreiche Momente und auch einige Enttäuschungen. Mit diesen Erfahrungen ist das Team nun bestens aufgestellt für kommende Aufgaben.

Als das Driverse Racing Team Anfang 2021 präsentiert wurde, ging nicht nur ein weiteres Rennteam an den Start. Vielmehr basiert das neue Projekt auf der Idee, wirklich jeden – egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion oder geschlechtlicher Orientierung – am Motorsport teilhaben zu lassen. Die Zusammensetzung des Teams spiegelte diese Mission wider. Gleichzeitig begab man sich mit dem Start in der ADAC GT4 Germany auch auf ein sportlich extrem hohes Niveau.

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Der Startschuss fiel in Oschersleben. Mit dem Pilotinnen Charlie Martin und Sandra van der Sloot sowie einem BMW M4 GT4 sprang das Team gewissermaßen ins kalte Wasser, da man die Vorsaisontestfahrten auslassen musste. Somit galt es beim Saisonstart in der Börde zunächst, sich als Team zu finden und die neuen Gegebenheiten kennenzulernen. Ergebnisse spielten zu diesem Zeitpunkt noch keine große Rolle. Trotzdem gelang es, im zweiten Rennen auf das Podium der Trophy-Wertung zu fahren und somit den ersten Pokal der Teamgeschichte zu erobern. Nicole Kösters, Teamchefin: "Wir haben uns als Team wirklich gut zusammengerauft. Wir haben so in dieser Konstellation noch nie zusammengearbeitet. Dazu kommt, dass die Strecke für die Fahrerinnen komplett neu war und der Kurs in Oschersleben technisch sehr anspruchsvoll ist. Ich bin daher wirklich sehr stolz auf das Team, dass wir das doch so gut hinbekommen haben. Alle haben das gleiche Ziel vor Augen und das Ergebnis am Sonntag im zweiten Rennen mit dem dritten Platz in der Trophy-Wertung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. "

Mit diesen positiven Erfahrungen reiste man nach Spielberg, um die gewonnenen Erkenntnisse dort umzusetzen und die Mannschaft weiter zu perfektionieren. Dazu stand mit dem etablierten GT- und LMP3-Piloten Moritz Kranz nicht nur ein Fahrercoach zur Verfügung, sondern das Team setze erstmals auch einen an der Strecke installierten Simulator ein, um den für die Pilotinnen neuen Red Bull Ring besser trainieren zu können. Zudem sorgten zwei Mental-Trainer für perfekte Vorbereitung der Fahrerinnen. Anstelle von Charlie Martin, die zeitgleich in der Britcar-Meisterschaft antreten musste, setzte sich die erfahrene Niederländerin Liesette Braams ans Steuer. In den beiden Rennen konnte sich die Mannschaft weiter steigern, auch wenn Top-Ergebnisse ausblieben. „Gerade im ersten Rennen konnte Sandra wirklich eine super Performance abrufen und nach dem Restart die Zeiten der erweiterten Spitzengruppe mitgehen! Auch Liesette hat sich über das gesamte Wochenende hinweg deutlich gesteigert. Wir lernen zwar nach wie vor, aber wir befinden uns auf dem richtigen Weg!“, fasst Nicole Kösters das Rennwochenende zusammen. 

Weiter ging es nach Zandvoort, wo die dritte Runde der ADAC GT4 Germany mit den Läufen 5 und 6 ausgetragen wurde. Bei diesem Event trat die Mannschaft erstmals mit der neuen Team-Hospitality im Fahrerlager an und stärkte somit weiter den Team-Auftritt. Leider erlebte die Equipe um Teamchefin Nicole Kösters in sportlicher Hinsicht ein rabenschwarzes Wochenende. Technische Probleme bremsten die Mannschaft dermaßen aus, dass keine andere Wahl bestand, als das Fahrzeug aus Sicherheitsgründen zurückzuziehen.  "Das ist mir sicher nicht leichtgefallen, aber die Sicherheit unserer Fahrerinnen und der anderen Teilnehmer geht einfach vor und wir können das Fahrzeug leider hier nicht wieder soweit auf Vordermann bringen, dass wir mit gutem Gewissen starten können", erklärte Kösters den Rückzug. 

Dieser Tiefpunkt war der Anlass, tiefe Eingriffe in die Teamstruktur vorzunehmen. Mit einem neuen technischen Partner, der das Einsatzfahrzeug zukünftig vorbereitet und betreut, sowie erste Umstrukturierungen im Team stellte sich die Mannschaft neu auf. Beim folgenden Gaststart in der DTM Trophy in Assen zeigte sich, dass diese Maßnahmen gefruchtet hatten. Die Mannschaft erlebte ein problemloses Wochenende und konnte sich im starken Feld der permanenten Starter gut behaupten. Zudem unterstützte man erstmalig auch einen Juniorpiloten im BMW M2 Cup. Nicole Kösters: „Ich bin total stolz auf das gesamte Team! Wir haben hier gezeigt, dass wir auch in solch einem hoch professionellem Umfeld super mithalten können. Die Mannschaft hat alles gegeben und einfach super zusammengearbeitet. Natürlich hätten wir uns am Ende bessere Ergebnisse gewünscht, aber auch so haben wir sehr viele Erfahrungen sammeln können.“

Um die Umstrukturierung im Team in Ruhe voranzutreiben, entschied sich die Teamführung zu einem Verzicht auf das folgende Rennwochenende der ADAC GT4 Germany auf dem Sachsenring. Vielmehr konzentrierte man sich auf die Veränderungen und Verbesserungen innerhalb der Mannschaft, um bei den beiden letzten Events der Serie in Hockenheim und auf dem Nürburgring bestmöglich performen zu können.

Für Hockenheim erwartete das Team – dank des endlich wieder geöffneten Fahrerlagers – erstmalig eine große Anzahl von Gästen und Partnern an der Rennstrecke, die in der Gäste-Hospitality des Teams ein unvergessliches Wochenende erleben sollten. Leider blieb dieses Event aus anderen Gründen unvergesslich. Ein starker Sturm in der Nacht zu Donnerstag beschädigte das Team-Zelt sowie große Teile des Equipments stark. Vor allem das Zelt war nicht mehr zu retten, sodass die Mannschaft mit ihrem Rennfahrzeug spontan in eine leere Box umziehen musste, die man sich mit dem ebenfalls sturmgeschädigten Team Ring Racing teilte. Trotz dieser Unwägbarkeiten arbeitet die komplette Mannschaft auf extrem hohen Niveau. Auch auf der Fahrerseite gab es Veränderungen. Seit diesem Wochenende steuerten mit Alesia und Jacqueline Kreutzpointner zwei sehr populäre Rennfahrerinnen den BMW M4 GT4. Die „Racing Twins“ brachten viel Schwung in das Team und konnten auch sportlich überzeugen, obwohl sie sich nach der abgeschlossenen Saison im BMW M2 Cup zunächst an den deutlich stärkeren BMW M4 GT4 gewöhnen mussten. Sportlicher Höhepunkt war die starke Aufholjagd der beiden am Sonntag, in der das Duo im hochklassigen Feld ganze neun Positionen gutmachen konnte. Die Umbaumaßnahmen im Team zeigten ihre Wirkung und die Stimmung sowie der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft waren beeindruckend. Nicole Kösters sah das ganze Wochenende trotz des Sturmschadens positiv: „Mich hat der Teamgeist unserer Mannschaft absolut begeistert. Trotz der schwierigen Umstände haben alle voll durchgezogen. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin sehr dankbar dafür. Unsere beiden Racing Twins Alesia und Jacqueline haben sich bestens ins Team eingefügt und sind eine echte Bereicherung.“

Mit diesen Erlebnissen im Gepäck ging es zum Saisonfinale an den Nürburgring. Der sehr späte Termin im November, der aus der Verschiebung des Rennwochenendes wegen des Eifel-Unwetters im August resultierte, machte es wegen tiefer Temperaturen und wechselhaften Bedingungen allen Mannschaften schwer, das optimale Setup zu finden. Das Driverse Racing Team konnte hier mit sauberer Arbeit den beiden Fahrerinnen ein Top-Auto hinstellen. Leider hatte man etwas Pech in den Qualifyings. Im zweiten Qualifying lag Alesia Kreutzpointner stellenweise auf einem starken 14. Rang, konnte in der finalen Phase aber wegen eines Reifenschadens ihre Zeit nicht mehr verbessern. Nach Rang 19 im Samstagsrennen würfelte ein Regenschauer am Sonntag das Feld durcheinander. Das Team Driverse pokerte und setzte als eines der wenigen Teams auf Regenreifen. Alesia Kreutzpointner nutzte ihren Vorteil und pflügte nach dem Start durch das Feld. Leider trocknete die Strecke schneller ab als erwartet, sodass sich dieses Poker nicht auszahlte. Trotzdem kam der BMW unbeschädigt auf Rang 23 ins Ziel. Nicole Kösters: „Wenn man so weit hinten steht, muss man etwas riskieren und etwas Anderes als die Konkurrenten machen. Alesia hat in den ersten Runden gezeigt, was sie draufhat. Am Ende hat es sich leider nicht ausgezahlt, aber so ist Motorsport eben. Ich bin trotzdem sehr stolz auf meine ganze Mannschaft.“

Diese Debütjahr hat der ganzen Mannschaft alles abverlangt. Durch das Feintuning am System über die gesamte Saison hinweg hat Teamchefin Nicole Kösters nun aber ein Team hinter sich, das bestens aufeinander eingespielt ist und perfekt harmoniert. Mit diesen Voraussetzungen steht einer Fortsetzung des Projektes nichts im Wege – im Gegenteil. Für die Saison 2022 wird das Team Driverse neue Herausforderungen annehmen und sich weiter nach vorn entwickelt. Die Planungen dazu laufen auf Hochtouren. Einzelheiten zum umfangreichen Saisonprogramm werden Anfang 2022 bekanntgegeben.
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