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Rallye WM
18.11.2013

Volkswagen beendet Rallye-WM-Saison mit Doppelsieg

Volkswagen hat das Finale der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) mit einem weiteren sportlichen Höhepunkt beendet. Das Ergebnis zum Abschluss der Saison: Ogier / Ingrassia vor Latvala / Anttila, Mikkelsen / Markkula Fünfte – in Wales erreichten die drei Werksduos im Polo R WRC das beste Teamergebnis bisher und gewannen 16 von 22 Prüfungen sowie 41 von 66 möglichen Top-3-Resultaten.

Volkswagen setzte damit einer überraschend-überragenden Saison ein letztes Sahnehäubchen auf. Bereits bei der Rallye Frankreich hatten sich Sébastien Ogier / Julien Ingrassia (F / F) zu Weltmeistern* in Fahrer- und Beifahrer-Wertung gekrönt. Gemeinsam mit ihren Teamkollegen Jari-Matti Latvala / Miikka Anttila (FIN / FIN) sicherten sie Volkswagen in Spanien den Titel in der Herstellerwertung.

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Feuerwerk zum Finale – Bestzeiten im Dreierpack

Für Volkswagen bildete das Ergebnis der Rallye Großbritannien in Wales das bislang beste Resultat seit dem Einstieg in die Rallye-WM im Januar. Den zweiten Doppelsieg in Folge komplettierten Andreas Mikkelsen / Mikko Markkula (N / FIN) im dritten World Rally Car aus Wolfsburg mit Rang fünf. Beim geschlossenen Teamresultat mit allen drei eingesetzten Polo R WRC in den Top Fünf trugen sich alle drei Werksduos aus Wolfsburg in die Siegerlisten der Wertungsprüfungen ein. Sébastien Ogier / Julien Ingrassia waren neun Mal nicht zu schlagen, Jari-Matti Latvala / Miikka Anttila fünf Mal und Andreas Mikkelsen / Mikko Markkula zwei Mal. Auf jeder einzelnen der 22 Wertungsprüfungen lag wenigstens einer der Volkswagen Fahrer in den Top Drei – mit nur einer Ausnahme, ausgerechnet der Powerstage. Dort werden Zusatzpunkte für die Fahrerwertung der Rallye-WM an die drei Schnellsten vergeben.

Ein Klassiker als Schlusspunkt der Rallye-WM-Saison

Die Rallye Großbritannien durch Wales forderte Mensch und Material noch einmal auf das Äußerste. Lediglich am zweiten Rallye-Tag war ein mittäglicher Remote-Service erlaubt – an allen anderen Tagen legten die Mechaniker nur morgens und abends Hand an die World Rally Cars. Dazwischen: Schwierige Wertungsprüfungen durch walisische Wälder, mit tiefen Wasserdurchfahrten und jeder Menge Schlamm. Dabei standen allein zehn der 22 Wertungsprüfungen auf dem Programm, die im vergangenen Jahr nicht ausgetragen wurden. Zwei WPs – die zweimal ausgetragene „Chirk Castle“ und die abschließende „Great Orme“ – bildeten die einzigen Asphalt-Prüfungen.

Am Sonntag wegen Überfüllung geschlossen

Ein Novum in der 2013er-Saison: Nach nicht für möglich gehaltenem Zuschauerzuspruch am Samstag, der die abschließende WP um eine Stunde verzögerte, wurden bei der Rallye Großbritannien am Sonntag keine zusätzlichen Tickets mehr verkauft. Auch das bildeten den Schlusspunkt einer erfolgreichen Saison. Insgesamt pilgerten 2013 rund 3,5 Millionen Fans an die Wertungsprüfungen. Im Fernsehen schalten allein im deutschsprachigen TV pro Rallye-Wochenende durchschnittlich fünf Millionen Zuschauer ein. 2012 waren es noch rund 50.000. Und in den Sozialen Netzwerken erreichte Volkswagen am Final-Wochenende der Rallye-WM ein neues Allzeit-Hoch: Eine Million Fans drückten im Jahr 2013 auf facebook.com / volkswagenmotorsport den „Gefällt mir“-Button.

Märchen mit Happy-End

Schweden, Mexiko, Portugal, Griechenland, Italien, Finnland, Australien, Frankreich, Spanien und jetzt Großbritannien – Volkswagen erlebte die 2013er-Saison in der Rallye-WM mit zehn von 13 möglichen Siegen wie in einem Märchen. Mit den Titelgewinnen in Frankreich und Spanien sowie den abschließenden Doppelsiegen in Spanien und Großbritannien endete die Saison für Volkswagen auf einem absoluten Hoch. Ursprünglich war für die Saison 2013 das hoch gesteckte Ziel ausgegeben, aus eigener Kraft um Podiumsresulate kämpfen zu wollen.

Konzentration und Effizienz gefragt: nur wenig Service-Möglichkeiten in Wales

Die Mechaniker und Ingenieure sahen sich bei der Rallye Großbritannien mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert: Sie hatten an vier Tagen lediglich sieben Mal die Gelegenheit zum Service. Der Zeitplan der Rallye in Wales sah am Samstag und Sonntag anders als bei anderen Veranstaltungen jeweils keinen Mittagsservice vor. Bei den verbleibenden drei Flexi-Services von 45 Minuten sowie den morgendlichen 15-Minuten-Services war deshalb besonders gründliche, schnelle und fehlerfreie Arbeit gefragt. Die Volkswagen Mechaniker gaben sich dabei keine Blöße und erledigten die Arbeiten an den drei Polo R WRC mit der gewohnt raschen Akribie.

Winterpause? Nur im Kalender

Die Rallye-WM geht mit dem Ende der Rallye Großbritannien formell in die Winterpause. Die 2014er-Saison startet vom 14. bis 19. Januar mit der Rallye Monte Carlo wieder durch. Die 59 Tage, bis die Motoren der World Rally Cars wieder im Wettbewerbsmodus angelassen werden, sind für Volkswagen vollgepackt mit Vorbereitungen. Bereits im unmittelbaren Anschluss an die Rallye Wales werden die Fahrzeuge für die legendäre „Monte“ von den Mechanikern aufgebaut. Es stehen zudem Testfahrten auf Asphalt, Eis und Schnee auf dem Programm von Fahrern, Ingenieuren und Mechaniker. Die Presse-Abteilung absolviert darüber hinaus einen Marathon an PR-Terminen. Am 06. Dezember steht für die gesamte Volkswagen Mannschaft noch ein Meilenstein in der Teamgeschichte auf der Agenda. Dann werden die Weltmeister*-Trophäen für Fahrer-, Beifahrer- und Herstellerwertung in Paris bei einer Gala vom Weltverband FIA überreicht.

Stimmen nach der Rallye Großbritannien

Jari-Matti Latvala, Volkswagen Polo R WRC #7: „Ein zweiter Platz beim Saisonfinale ist an sich ein versöhnliches Ergebnis, aber ich hatte mir für meine ‚zweite Heimrallye‘ mehr erhofft. Unser Tempo war grundsätzlich okay, aber mir sind leider zu viele kleine Fehler unterlaufen, um Sébastien Ogier wirklich unter Druck setzen zu können. Ich war wirklich hungrig, diese Rallye zum dritten Mal hintereinander zu gewinnen, aber Séb hat hier eine perfekte Leistung geboten – so ist er kaum zu schlagen. Wenn ich auf meine erste Saison mit Volkswagen zurückblicke, war es sicher ein Auf und Ab, aber nun fühle ich mich im Polo R WRC pudelwohl. Es war von Anfang an klar, dass 2013 ein Stück weit ein Lehrjahr würde. Der Saisonstart in Monte Carlo und Schweden sowie und mein Heimspiel in Finnland waren schwer zu verdauen, dem gegenüber stehen aber mein lang ersehnter erster Sieg in Griechenland, sieben weitere Podiumsplätze und der gemeinsame Gewinn des WM-Titels in der Herstellerwertung. Dazu kommt die Zuversicht, die nächste Saison mit sehr viel mehr Erfahrung zu beginnen.“

Sébastien Ogier, Volkswagen Polo R WRC #8: „Das ist der perfekte Abschluss für eine perfekte Saison. Ich bin sehr glücklich und stolz auf diesen Sieg, denn die Rallye Großbritannien ist eine der schwierigsten im Kalender. Und in den letzten Jahren lief es hier nicht immer optimal für mich. Wir haben heute nur noch versucht, den Vorsprung zu verwalten und ins Ziel zu bringen. Jetzt, wo die Saison zu Ende ist, war es im Rückblick wirklich ein unglaubliches Jahr. Wenn jemand Julien und mir neun Siege vor Saisonbeginn plus den WM-Titel prophezeit hätte, hätten wir ihn wohl vorsorglich zu unserem Teamarzt geschickt. Schon in Frankreich habe ich mich beim Team bedankt, aber das kann man nicht oft genug tun: Die Mannschaft hat in unserem Debütjahr einen großartigen Job gemacht, mir ein grandioses Auto hingestellt und diesen fantastischen Erfolg dadurch ermöglicht.“

Andreas Mikkelsen, Volkswagen Polo R WRC #9: „Alles in allem bin ich zufrieden mit der Rallye Großbritannien. Doch nach dem guten Tag gestern hatte ich mir natürlich insgesamt mehr erhofft. Nachdem ich gestern Platz vier erkämpft hatte und nur 20 Sekunden hinter Thierry Neuville lag, habe ich heute versucht, von Beginn an so viel Druck wie möglich zu machen. Doch dabei sind mit Fehler unterlaufen und ich habe mich zweimal gedreht. Platz fünf ist in der Rallye-Weltmeisterschaft ganz sicher kein schlechtes Ergebnis, auf das man immer stolz sein kann. Doch nach dem Tag gestern und dem Verlauf heute muss man sagen, dass wir etwas hergeschenkt haben. Aber wir können viele positive Dinge aus unserer Saison mitnehmen und ich freue mich schon jetzt auf 2014. Dann wollen wir zeigen, was in uns steckt.“

Jost Capito, Volkswagen Motorsport-Direktor: „Man kann eine ohnehin schon traumhafte Rallye-WM-Saison wie unsere kaum besser beenden. Doppelsieg, alle drei Fahrer in den Top Fünf – die Rallye Großbritannien war für uns die erfolgreichste Rallye der Saison. Wir haben einen großartigen Zweikampf zwischen Sébastien Ogier und Jari-Matti Latvala gesehen. Und einen sehr reifen und schnellen Andreas Mikkelsen, der um das Podium gekämpft hat. Leider hat es für ihn nicht gereicht, obwohl er großen Kampfgeist gezeigt hat. Wir können wohl für die Saison 2014 von allen drei Volkswagen Fahrern viel erwarten. Ich bin zudem sehr stolz auf unsere gesamte Mannschaft. Obwohl wir an diesem Wochenende seltener als üblich die Chance zum Service hatten, verliefen die Arbeiten nicht nur absolut routiniert, sondern auch ohne jeden Fehl und Tadel. Wir hatten in Wales kein einziges technisches Problem. In der gesamten Saison 2013 hatten wir keinen einzigen Motorschaden zu beklagen und haben kein einziges Chassis durch einen Unfall verloren. Das ist außergewöhnlich.“

Und da war dann noch ...

... eine besondere Flasche Wein, geleert von Sébastien Ogier und M-Sport-Chef Malcolm Wilson. Bevor Ogier bei Volkswagen unterschrieb, absolvierte er bei Ford seinerzeit einen Test – und wurde von Wilson fürstlich empfangen und umhegt. Als er sich dennoch für Volkswagen entschied, erntete er den Kommentar Wilsons, dass Ogier dank ihm bessere Konditionen hätte aushandeln können. Ab sofort schulde er ihm eine gute Flasche Wein. Zwei Jahre später beglich Ogier seine „Schulden“ unmittelbar vor der Rallye Großbritannien – als frisch gekrönter Weltmeister.

* Vorbehaltlich der Bestätigung durch die FIA.
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