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Formel 1
30.10.2012

Rückblick auf 35 Jahre Renault F1 im Grand Prix-Sport

Renault hat am vergangenen Sonntag im indischen Greater Noida den 150. Grand Prix-Sieg seiner Formel 1-Historie gefeiert. Ausgewählte Mitarbeiter der französischen Marke erinnern sich an besonders markante Erfolge von Renault in der Königsklasse des Motorsports.

Jean-Pierre Menrath (Chef der Prüfstandsentwicklung) – Jean-Pierre Jabouille, Grand Prix von Frankreich 1979


„Die ersten Rennen in der Formel 1 verliefen für Renault alles andere als erfreulich: Unsere beiden Fahrzeuge verbuchten bei sieben Rennen zwölf Ausfälle und fuhren null Punkte ein. Aus diesem Grund veranlassten Gérard Larousse, der als Teamchef die Geschicke leitete, und der technische Direktor François Castaing zwei Testfahrten auf der Strecke von Dijon. Beide wollten den Siegeswillen der gesamten Mannschaft stärken, denn die Teammitglieder zweifelten nach den schlechten Rennergebnissen bereits an ihren eigenen Fähigkeiten.

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Diese privaten Tests verliefen vielversprechend. Allerdings konnten wir uns zu diesem Zeitpunkt noch kein Bild davon machen, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz standen. Und dann kam dieser Samstag: Es war der 2. Juli und unsere beiden Autos standen nach dem Qualifying auf den Plätzen eins und zwei – wir waren schneller als die versammelte Konkurrenz. Die Geschichte des Grand Prix von Frankreich 1979 ist legendär: Jean-Pierre Jabouille gelang ein guter Start, das Rennen verlief relativ problemlos. Er spulte seine Runden ohne einen einzigen Boxenstopp ab. Und Telemetriedaten gab es ja damals noch nicht. Seinem Team blieb also nichts anderes übrig, als in der Box die Daumen zu drücken und die Runden rückwärts zu zählen. Die Spannung war mit Händen greifbar.

Und tatsächlich gelang Renault und Jean-Pierre Jabouille an diesem 3. Juli 1979 der Sieg. Ein unbeschreibliches Gefühl: Das ganze Team lag sich in den Armen und jeder wusste, dass sie hier etwas ganz Besonderes erreicht hatten. Denn es war der erste Formel 1-Sieg eines Turbomotors und der erste Sieg eines Automobilherstellers in der Königsklasse des Motorsports. Und natürlich war es auch der erste Grand Prix-Sieg für Renault.

Aber in der Formel 1 darfst du dich auf nichts verlassen. Das zeigte sich nach dem Rennen, als unser Freund Ken Tyrrell Protest gegen das Ergebnis einlegte. Seiner Meinung nach entsprach der Turbomotor von Renault nicht dem Reglement. Einige Briten waren der festen Überzeugung, dass wir anstelle des 1,5 Liter großen Formel 1-Aggregats das Zweiliter-Triebwerk aus dem Le Mans-Rennwagen verbaut hatten. Klar, wie hätten wir auch sonst so schnell und dominant sein können? Auf Befehl der FIA mussten wir den noch heißen Motor komplett ausbauen, damit die Offiziellen die Zylinderköpfe überprüfen konnten. Ihre Prüfverfahren waren überhaupt nicht auf einen derart kleinen Motor ausgelegt. Am Ende stellte sich aber heraus, dass Renault ganz ohne Tricks gewonnen hatte. Alles war legal und der erste Sieg in trockenen Tüchern.“

Rémi Taffin (Leiter des Renault Sport F1 Einsatzteams) – Fernando Alonso, GP von Ungarn 2003

„Der für mich bedeutendste Sieg datiert auf das Jahr 2003, als Fernando Alonso beim Großen Preis von Ungarn als Erster über die Ziellinie fuhr. Denn das war der erste Triumph für das neue Renault F1 Team und der erste Sieg eines unserer Motoren nach dem Ende der legendären Partnerschaft zwischen Renault und Williams im Jahr 1997.

2003 ging das Renault F1 Team in seine zweite Saison. In dem V10-Motor, der sich unter anderem durch seinen besonders breiten Zylinderwinkel aus-zeichnete, steckten zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre Entwicklungsarbeit unserer Ingenieure in Viry-Châtillon. Schon zu Beginn der Saison kristallisierte sich das große Siegerpotenzial der Kombination aus dem Renault R23 und Fernando Alonso am Steuer heraus. Die Zeichen für ein erfolgreiches Jahr standen gut. Beim Großen Preis von Sepang hatten wir bereits unsere erste Pole-Position und den ersten Podiumsplatz für das noch junge Team eingefahren. Es folgten weitere Podestplätze in Interlagos und Barcelona. Spätestens da ahnten wir, dass wir das Zeug zum Sieg hatten – wir mussten nur alle Puzzleteile perfekt zusammenfügen.

Beim Großen Preis von Ungarn wussten wir, dass der Kurs vor den Toren von Budapest unserem Auto liegen würde. Einer der größten Vorteile unseres Zehnzylinder-Motors war sein geringes Gewicht. Der tiefe Schwerpunkt ermöglichte ein Set-up, mit dem der R23 insbesondere auf Rennstrecken mit relativ geringen Durchschnittsgeschwindigkeiten zu den schnellsten Fahrzeugen zählte. Wir hatten vielleicht nicht den stärksten Motor im Feld, aber die hervorragende Fahrbarkeit des Dreiliter-V10 war auf dem kurvenreichen Hungaroring ein klarer Vorteil.

Mit seiner Pole-Position am Samstag sorgte Fernando für große Genugtuung im gesamten Team. Im Rennen gelang ihm ein sehr guter Start. Vor seinem ersten Boxenstopp konnte sich Alonso ein Zeitpolster von 15 oder 20 Sekunden herausfahren. Während der gesamten Renndistanz über 70 Runden hoffte ich, dass der Motor ohne Probleme durchhalten würde. Denn in den vorangegangenen Rennen hatten wir das eine oder andere Mal Schwierigkeiten mit dem Zehnzylinder zu beklagen. Auch nach dem GP von Ungarn blieben wir davon nicht gänzlich verschont. Doch an diesem Tag lief alles perfekt und Fernando gewann das Rennen.

Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als er über die Ziellinie fuhr. In diesem Moment zahlte sich all die harte Arbeit aus, die unser Team über die vergan-genen drei Jahre sowohl in Viry als auch in Enstone geleistet hatte. Zufälligerweise waren gerade bei diesem Rennen 100 Mitarbeiter aus unserem Workshop vor Ort. Bei der Siegerehrung standen sie auf der gegenüberliegenden Tribüne und feierten gemeinsam mit uns. Ein herrliches Gefühl, diesen so wichtigen Sieg gemeinsam mit jenen Menschen zu erleben, die ihn durch ihre harte Arbeit erst ermöglicht hatten. In gewisser Weise war dies auch der Moment, in dem viele Leute zum ersten Mal von Fernando Alonso als Siegfahrer Notiz nahmen und sein außergewöhnliches Talent erkannten. Im Nachhinein war dies vielleicht sogar sein wichtigster Sieg überhaupt.

Der Erfolg beim großen Preis von Ungarn im Jahr 2003 war der erste und einzige Triumph für den V10 mit dem breiten Zylinderwinkel von 110 Grad. Denn zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits geplant, in der darauffolgenden Saison mit einem neuen Triebwerk anzutreten. Für mich persönlich ist dieser Sieg einer der bedeutendsten Erfolge, denn es war mein erster Formel 1-Triumph als Ingenieur. Noch heute habe ich die Onboard-Aufnahme von Fernandos Pole-Position-Runde im Qualifying auf meinem Computer. Und zuhause habe ich die zehn originalen Zündkerzen dieses Motors als Erinnerungsstücke ausgestellt.“

Rob White (Technischer Direktor) – Fernando Alonso, Großer Preis von San Marino 2005

„In diesem Jahr hatten wir uns sehr ehrgeizige Performance-Ziele gesetzt, denn wir wussten, dass wir Rennen gewinnen und vielleicht sogar den WM-Titel holen konnten. In Australien und Malaysia hatten unsere Fahrer triumphiert. Dann kam Saisonlauf drei in Bahrain – Fernando Alonso siegte überlegen, aber Giancarlo Fisichella hatte schon nach vier Runden einen Motorschaden. 2005 schrieb das Reglement vor, dass wir jeden Motor an zwei aufeinanderfolgenden Rennwochenenden benutzen mussten. Wir befürchteten, dass Fernando mit dem gleichen Motor und höherer Laufleistung dasselbe Problem bekommen könnte. Er nutzte dieselben Mappings wie ,Fisico’, aber er hatte beim Start eine etwas schonendere Einstellung gewählt. Würde das genügen, damit dieses Triebwerk auch in San Marino durchhielt, oder lauerte der potenzielle Fehler immer noch im Motor?

Zwischen Bahrain und Imola lagen drei Wochen – in dieser Zeit mussten wir entscheiden, ob wir Fernando mit demselben V10 ins Rennwochenende schicken würden oder ob wir lieber ein frisches Aggregat einbauen und eine Strafe in Kauf nehmen sollten. Eine Zurückversetzung um zehn Plätze hätte uns in der Weltmeisterschaft heftig zurückgeworfen, denn von Startplatz elf oder zwölf kannst du in Imola wenig ausrichten.

Ein Motorwechsel war eindeutig die einfachste und sicherste Option, aber wir wollten uns nicht so einfach geschlagen geben. Wir simulierten das Problem auf dem Prüfstand mit einem baugleichen Zylinder und versuchten dann, mit einem kompletten Motor den Schaden von Giancarlo in Bahrain zu reproduzieren. Das Fazit dieser Versuchsreihe lautete: Es würde nicht einfach, in Imola ins Ziel zu kommen, aber wir wollten es versuchen. Nach einem kurzen Gespräch zwischen Fernando, dem Rennteam in Enstone und der Motorenabteilung in Viry beschlossen wir, das Rennen mit dem Bahrain-Motor zu fahren.

Am Rennwochenende konzentrierten wir uns voll darauf, mit dieser heiklen Situation umzugehen. In den Freitags-Trainings drehte Fernando nur eine Handvoll Runden, außerdem hatten wir ein Drehzahllimit von 17.500 Touren eingestellt. Im Qualifying fuhr er einfach umwerfend: Ihm reichte in jedem Qualifying-Abschnitt ein Versuch – damit holte er sich Startplatz zwei. Im Rennen setzte sich Kimi Räikkonen im McLaren rasch ab, fiel aber nach neun Runden mit gebrochener Antriebswelle aus. Fernando erbte die Führung, aber Michael Schumacher im Ferrari jagte ihn.

Er war als 13. gestartet und schnitt durchs Feld wie das heiße Messer durch die Butter. Im letzten Renndrittel saß er Alonso im Nacken und konnte eindeutig schneller fahren. Fernando musste ihn noch rund 20 Runden in Schach halten – und das mit gedrosselter Motorleistung. Michael im Rückspiegel, das Triebwerk näher an einem Schaden als am Durchhalten: Der Druck in dieser Phase war unvorstellbar groß. Als wir es schließlich geschafft hatten, brach der ganze Druck aus uns heraus. Das war nicht bloß Erleichterung, es fühlte sich an wie eine Erlösung.

Dieses Rennwochenende war ein Musterbeispiel für das vernetzte Denken in Viry und den engen Austausch zwischen Viry und Enstone. Als wir den Imola-Motor nach dem Rennen zerlegten, zeigte sich, dass wir buchstäblich wenige Kilometer vor einem kapitalen Kolbenschaden standen. Ohne die ganzen Vorsichtsmaßnahmen hätten wir das Auto niemals ins Ziel gebracht. Es war extrem knapp. Wir haben hoch gepokert – und zum Glück gewonnen.“

Axel Plasse (Leiter der Motoren-Konstruktion von Renault F1) – Fernando Alonso, Großer Preis von China 2005

„2005 stand Renault F1 speziell durch Flavio Briatore – seinerzeit Direktor des Formel 1-Werksteams von Renault im britischen Enstone – unter besonders großem Erfolgsdruck und musste seine geballte Kompetenz ebenso wie seine gesamte Erfahrung unter Beweis stellen. Carlos Ghosn hatte gerade sein Amt als Präsident der Renault Gruppe angetreten. Ab dem Saisonauftakt in Melbourne war offensichtlich, dass wir über ein sehr gutes Auto verfügen. Tatsächlich konnten wir gemeinsam mit Fernando Alonso den Fahrertitel bereits zwei Rennen vor Saisonende in Brasilien für uns entscheiden. Beim Finale war der Kampf um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft noch offen und wir erhielten den klaren Auftrag, uns auch diesen Titel in möglichst souveräner Manier zu sichern.

Nach dem Grand Prix von Brasilien lagen wir zwei Zähler hinter McLaren, die damals auf die Fahrerpaarung Kimi Räikkönen und Juan-Pablo Montoya ver-trauten. Im Gegensatz zu uns war es den ebenfalls starken Briten sehr konstant gelungen, jeweils beide Autos in die Punkte zu bringen. In diesem Bereich konnten wir uns deutlich verbessern. Selbst wenn wir mit zwei WM-Punkten vor McLaren geführt hätten, wären wir nicht als Favoriten zum vorletzten Rennen des Jahres nach Japan gereist. Wir wussten, dass wir absolut ans Limit gehen mussten, um unsere Chancen auf den Titel zu wahren.

Im Laufe des Jahres hatten wir drei maßgebliche Ausbaustufen unseres Motors neu eingeführt, zuletzt beim Großen Preis von Frankreich gegen Saisonmitte. Die weiteren Entwicklungsschritte, die bereits verfügbar gewesen wären, konnten wir schlicht und ergreifend aus Budget-Gründen nicht einsetzen. Zugleich führten wir akribisch eine Liste, auf welche Modifikationen wir auch aus Gründen der Zuverlässigkeit verzichtet hatten. 2005 mussten die Motoren, anders als noch im Jahr zuvor, jeweils zwei komplette Rennwochenenden hintereinander überstehen. Da China der 19. und letzte Grand Prix war und es nur noch eine Laufleistung von 700 Kilometern zu bewältigen galt, konnten wir etwas höhere Risiken eingehen und ein paar weitere Sicherungen herausnehmen.

Um noch das letzte kleine Performance-Potenzial zu identifizieren und nutzbar zu machen, gründeten wir eigens spezielle Arbeitsgruppen und mobilisierten den gesamten Workshop. In der Kürze der Zeit präsentierten wir unserem damaligen Präsidenten Patrick Faure eine ausführliche Liste, welche Möglichkeiten wir besitzen. Unsere Schätzungen beliefen sich dabei im besten Fall auf eine Mehrleistung von 30 PS – ein gewaltiger Schritt. Wir bekamen grünes Licht.

30 Mehr-PS, die sich rein rechnerisch aus der Konstruktion ergeben, müssen sich dabei nicht in gleicher Stärke auch auf dem Prüfstand widerspiegeln. Oftmals beschränkt sich der Fortschritt hier auf zehn oder 15 PS, was noch immer ein grandioses Ergebnis darstellt. Doch als wir unsere Modifikationen erstmals zur Probe laufen ließen, waren wir total perplex: Gleich beim ersten Versuch zeigte sich, dass die angestrebten 30 PS tatsächlich 30 PS waren. Es sollte die Geburtsstunde der Ausbaustufe ,E‘ sein, die bei uns einen legendären Ruf besitzt.

Entsprechend optimistisch reisten wir nach China, ohne uns der Sache zu sicher zu sein. Im Qualifying stellte Fernando Alonso unseren Renner tatsächlich auf die Pole-Position, Giancarlo Fisichella belegte Rang zwei. Räikkönen und Montoya folgten auf den Positionen drei und fünf. Das gesamte Fahrerlager behauptete, wir wären mit extra leichten Autos gefahren – seinerzeit durfte nach dem Qualifying nicht mehr für das Rennen vollgetankt werden. McLaren schien daher über die Startaufstellung nicht sehr beunruhigt zu sein. Auch die Tatsache, dass unsere Höchstgeschwindigkeit am Ende der längsten Geraden nun sieben km/h höher lagen als bisher, störte sie nicht. Unsere Konkurrenten waren sich sehr sicher, dass wir bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Rennens zum Nachtanken an die Box kommen müssten und sie dann die Führung übernehmen würden. Das wäre gleichbedeutend mit dem Sieg und dem Titel gewesen.

Nach dem Start setzten sich Fernando und Giancarlo sofort ab. Zehn Runden vergingen, zwölf, 13 – und wir bogen noch immer nicht in die Boxengasse ab. Die Selbstsicherheit bei McLaren begann zu bröckeln. Auf den TV-Bildern konnten wir verfolgen, wie die Gesichter der McLaren-Chefs Ron Dennis und Martin Whitmarsh immer ungläubiger wirkten. Nach und nach dämmerte ihnen, dass wir nicht mit weniger Treibstoff an Bord unterwegs waren als sie. In Runde 18 kam Montoya – noch vor uns – zum Nachtanken herein, einen Umlauf später folgten Alonso, Fisichella und Räikkönen. Wir wussten bereits zu diesem Zeitpunkt, dass wir das Rennen gewinnen, wenn nichts mehr schiefgeht und damit auch die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft erobern würden. Die 30 Mehr-PS hatten den Ausschlag zu unseren Gunsten ergeben. Auch im Rennen konnten wir auf den Geraden um bis zu sieben km/h schneller fahren.

Nach dem Grand Prix kam Fernando zu uns. Er sagte, er wäre noch nie zuvor einen so fantastischen Motor gefahren. Die Freude und Erleichterung nach dem Zieleinlauf war schier unbeschreiblich, wir feierten wirklich sehr lange. Am deutlichsten aber ist mir in Erinnerung geblieben, wie wir gut eine Woche später zum regulären Konstruktions-Meeting ins Chassis-Workshop nach Enstone reisten: Alle Kollegen dort begrüßten uns mit ,Standing Ovations‘ – obwohl sie sonst, sagen wir, ein eher phlegmatisches Gemüt an den Tag legten, würdigten sie unsere Leistung geradezu überschwänglich. Eine meiner tollsten Erfahrungen. Sie beglückwünschten uns und wurden nicht müde zu betonen, wie tief die Ausbaustufe ,E‘ unseres Motors sie beeindruckt hat. Da wussten wir endgültig, dass wir unsere Aufgabe mit Bravour erfüllt hatten und dies auch gewürdigt wurde.“

Cyril Dumont (Renault Sport F1-Motoreningenieur bei Red Bull Racing) – Sebastian Vettel, Großer Preis von Abu Dhabi 2010

„Für mich ereignete sich der mit Abstand schönste Sieg in Abu Dhabi 2010. Die Saison war für uns nicht optimal verlaufen – vor allem Sebastian hatte mehrfach Pech und besaß nach dem Motorschaden in Südkorea nur noch geringe Titelchancen. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi hatten wir nichts zu verlieren. ,Seb‘ stellte sein Auto auf die Pole-Position und musste gewinnen. Aber der Ausgang des Titelkampfes lag nicht mehr in seiner Hand.

Er zeigte vom Start bis ins Ziel ein absolut perfektes Rennen, setzte die Strategie meisterhaft um und erledigte seinen Teil des Jobs optimal. Der Stress am Ende des Rennens ging uns allen durch jede Faser. Sein Renningenieur wiederholte Runde um Runde dieselben Durchsagen: Die Ermahnungen wie ,Achte auf die Bremsen‘, ,Sauber beim Rausbeschleunigen‘ und so weiter habe ich bis heute in den Ohren. Dann sah Sebastian als Sieger die karierte Flagge. Aber um zu wissen, ob es für den Titel gereicht hatte, mussten wir abwarten, bis alle Verfolger über die Linie waren.

Dann kamen sie: Hamilton auf Platz zwei, Button auf Platz drei, Rosberg auf Platz vier, Kubica auf Platz fünf – erst jetzt durfte Renningenieur ,Rocky‘ endlich den erlösenden Funkspruch ablassen: ,Du bist Weltmeister!!‘ schrie er auf Deutsch. Auf der Ehrenrunde wurde Sebastian total von seinen Emotionen überwältigt, am Funk hörte wir die Emotionen, die Freudentränen und zwischendurch die Bemerkung ,Das kam total unerwartet!‘.

In der ganzen Saison 2010 hatte Vettel niemals die WM-Tabelle angeführt – erst jetzt, nach dem letzten Lauf und damit in dem einzigen Moment, auf den es ankam. Es war ein grandioses Finale einer unglaublichen Saison. Für mich wurde in diesem Moment auch ein Jugendtraum wahr. Wir haben viele andere Rennen und einige Titel gewonnen, aber der erste WM-Titel und das Gefühl danach waren für mich so überwältigend, dass ich es noch immer kaum beschreiben kann.

Aber ich weiß noch, was ich in jener Nacht in Abu Dhabi zu ,Seb‘ sagte: ,Weißt du, die Sache in Korea – das war nur, um die Weltmeisterschaft noch mal richtig spannend zu machen …‘.“
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