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Automobilsport
12.08.2020

Traum-Comeback von Peter Oberndorfer und seinem DTM-BMW Alpina M3

Der Motorsport schreibt manchmal die tollsten Geschichten. So wie beispielsweise beim AvD-Oldtimer-GP am Wochenende vom 7. bis 9. August bei den Tourenwagen Classics am Nürburgring. Exakt 32 Jahre nach seiner letzten DTM-Saison im BMW-Alpina-Team von Burkard Bovensiepen besteigt Peter Oberndorfer (64) wieder das Cockpit jenes giftgrünen M3, der schon 1988 zu den schönsten und schnellsten Autos im riesigen DTM-Starterfeld gehört hat. „Obi“ und seine junger Partner Moritz Horn (23) holen sich auf Anhieb den Tagessieg – allerdings mit einer gehörigen Portion Glück.

Hockenheim, 24. April 1988, DTM Läufe drei und vier. Die beiden giftgrünen Alpina BMW M3 E30 mit Peter Oberndorfer und Christian Danner tauchten in beiden Läufen fast wie Zwillinge immer wieder in der Spitzengruppe auf. Am Ende des Tages stand Danner als Doppelsieger auf dem Podium und Oberndorfer freute sich nach Platz fünf und zwei beim nächsten Rennen genau am Nürburgring über Zwischenrang zwei in der Meisterschaft. Überhaupt fuhr der Münchner, der nach wilden R5-Cup-Jahren sein Rennfahrer-Handwerk erst so richtig unter der strengen Führung von Dr. Helmut Marko in dessen RSM-Team gelernt hatte, fast in allen DTM-Rennen der Saison 1988 unter die Top-Ten. Den beiden Alpina-Piloten kam zugute, dass Teamchef Burkard Bovensiepen den Ruf eines Perfektionisten hatte – beste technische Vorbereitung und tadelloses Outfit verschafften dem Team aus Buchloe im Allgäu und seinen Autos einen erstklassigen Ruf in der Branche. So verlief für „Obi“ auch keine andere DTM-Saison erfolgreicher als eben jene 1988 am Steuer des Alpina-BMW. Danach hieß es Abschied nehmen vom Perfektionisten-Team, denn Opel wartete für die nächsten Jahre mit einem Werksfahrervertrag auf die Dienste des Münchners. Soweit die Vorgeschichte.

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Nürburgring, 9. August 2020, Tourenwagen Classics, Lauf 1. Da ist er wieder, der grüne Alpina M3 im Michelin-Design. Er sieht aus wie damals, und der Mann am Lenkrad ist auch wieder derselbe. Beide, Auto und Fahrer, sind nur eben 32 Jahre älter geworden, was bei Obi heißt, dass er als Leiter „Kommunikation TV, Events und neue Medien“ bei Audi in Ingolstadt gerade in Corona-Zeiten viel zu tun hat. Was ihn aber nicht daran hindert, am Ring wieder in das Cockpit seines einst so geliebten Alpina E30 zu steigen und für die Sensation des Tages zu sorgen. Unterstützt wird er dabei vom Team „2.0 Automotive“ aus Düsseldorf mit Teamchef Sebastian Küppers und dessen tüchtiger Mannschaft sowie vom jungen Moritz Horn (23). Mit ihm teilt sich Obi das Auto an diesem denkwürdigen Wochenende in der Eifel.

Obi ist Startfahrer des auf 40 Minuten Dauer angesetzten Rennens mit einer Rekordbeteiligung von 43 Autos aus den ehemaligen Erfolgs-Rennserien der 70er- bis 90er-Jahre, also DRM, DTM und STW. Von Position 11 aus stürzt sich der Routinier ins Getümmel und muss schon in Runde 1 einen Rückschlag verkraften – ein Konkurrent fährt ihm seitlich ins Heck, was zur Folge hat, dass der hintere Kotflügel am Reifen schleift, was die Abstimmung nicht besser macht und eine gewisse Vorsicht erfordert. Ein Sieg oder Podiumsplatz liegen um diese Zeit außer Reichweite. Eine stattliche Rauchwolke hinter sich herziehend, fährt Obi beherzt in der Hoffnung weiter, dass der Reifen bis zum Pflichtboxenstopp ab der 15. Rennminute halten möge. Und jetzt kommt gleich eine ganze Palette glücklicher Fügungen ins Spiel. Wegen einsetzenden Regens gibt es eine Safety Car-Phase, in deren Verlauf das Feld deutlich langsamer fährt und überdies Überholverbot herrscht. Dann platzt der durchgescheuerte Hinterreifen genau kurz bevor sich das Zeitfenster für die zweiminütigen Pflichtstopps öffnet. Obi fährt auf drei Rädern weiter und exakt eine Sekunde nach Öffnung des Fensters über die zeiterfasste Linie als Erster an die Box, übergibt an Co-Pilot Moritz Horn, der auch als erster wieder rausfährt. Danach folgen weitere Glücksmomente. Nach kurzer Freigabe setzt erneut Regen ein, der im Verlauf so stark wird, dass schließlich der Rennabbruch nach knapp 25 Minuten erfolgt. Und zu allem Überfluss wird dann auch noch, wie bei einem Abbruch durch rote Flagge vorgesehen, die komplette letzte Runde abgezogen. Und genau das hat dem Alpina M3 mit Oberndorfer/Horn zu einem ebenso unerwarteten wie glücklichen Sieg verholfen.

Peter Oberndorfer gibt sich trotz des unerwarteten Comeback-Siegs und der Gesamtführung im Punktklassement bescheiden, fast hat man sogar den Eindruck, dass ihm die Situation peinlich ist. „Ich weiß sehr wohl, welch unverschämtes Glück wir hatten und dass es wesentliche schnellere Autos gab, deren Fahrer durch die Aneinanderreihung von Nachteilen in Sachen Wetter und Reglement um den Sieg gebracht wurden.“ Wie zu besten Zeiten als Profi-Rennfahrer vergisst er aber auch nicht, seinem Team ein Riesenkompliment zu machen. „Sebastian Küppers und seine Boxencrew von 2.0 Automotive hat der unerwartet frühe Boxenstop nicht aus der Ruhe gebracht, wir konnten den zerfetzten Slick ersetzen und alles ist ohne jede Hektik abgelaufen. Für so eine Truppe zu fahren, macht echt Spaß.“ Und seinem jungen Co-Piloten Moritz Horn lobt Obi ebenfalls: „Der kommt aus dem Kartsport und kann’s schon richtig gut.“ Auch Vater Thorsten Horn (56), zusammen mit Marc Hessel für dasselbe Team im BMW 320i mit Startnummer 50 unterwegs, hatte allen Grund zur Freude. Die beiden holten sich den Sieg in der DTC-Klasse. Und da aller guten Dinge drei sind, ging auch noch der 3. Platz in Klasse 3 an Ex-DTM-Pilot Frank Schmickler im ehemaligen Zakspeed BMW M3 von 1987.

Schlusswort von 2.0 Automotive-Chef Küppers: „Wir sind mit diesen Erfolgen überglücklich, einen besseren Saisonstart hätten wir uns wirklich nicht wünschen können. Aber wir haben keine Zeit, uns auf den ersten Lorbeeren auszuruhen, denn schon am kommenden Wochenende wartet der Lausitzring mit Lauf 2 im Rahmen der DTM.“ Sowohl Teamchef wie auch Fahrer sehen der nächsten Herausforderung realistisch entgegen, wohl wissend, dass man so viel Glück auf einmal nicht alle Tage hat. Auch Freund Obi hat da sein eigenes Schlusswort parat: „I will do my very best.“
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