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24h Nürburgring
30.09.2020

Wolfgang Kaufmann gewinnt im Porsche Cayman bei den 24h Nürburgring

„Die „grüne Hölle“ hat am vergangenen Wochenende ihrem Namen alle Ehre gemacht“, so lautete das Fazit des Molsberger Profi-Rennfahrer Wolfgang Kaufmann zur 48. Auflage des ADAC TOTAL 24h Rennens am Nürburgring. Extreme Wetterbedingungen, eine Rennunterbrechung in der Nacht und ein komplett neues Auto stellten den Westerwälder auf die Probe.

Dabei hatte das Abenteuer 24h Nürburgring harmlos begonnen. Geplant war nur der Start im Rahmenrennen, den 24h Classic. Doch am Montag vor der Veranstaltung kam aus der erweiterten Nachbarschaft ein erfreulicher Anruf. „Matthias Holle von MATHOL Racing fragte, ob ich nicht auf seinem Porsche Cayman in der Klasse V6 fahren wolle“, erzählt Kaufmann vom überraschenden Angebot. „Wenn man auch nur ein bisschen Benzin im Blut hat, sagt man da nicht nein. Wir kennen uns aus der Zeit wo die Diezer Diskothek „Easy“ mich in der Deutschen Formel 3 Meisterschaft 1984/1986 unterstützte, es war ein echt klasse Zeit“.

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Einsatzgerät für die 24h war ein Porsche Cayman S. „Das sind eigentlich leergeräumte Straßenautos mit allen vorgeschrieben Sicherheitseinrichtungen, echtem Rennfahrwerk und Rennreifen“, beschreibt Wolfgang Kaufmann das Auto. „Da mussten wir uns am Donnerstag im Training erstmal drauf einschießen. So ein Serienwagen bewegt sich einfach viel mehr, ist nicht so präzise wie ein reinrassiges Rennauto.“ Doch das ging augenscheinlich schnell, denn man lag im Training nicht nur in der Klasse V6 auf Anhieb vorne, sondern lag auch in der gesamten Gruppe der Serienwagen in den Top-Drei. Die setzte sich auch im Rennen fort. Schnell brachten Kaufmann und seine Temkollegen Soucek (E), Boccolacci (F) Rhyn (CH) den MATHOL Racing Porsche Cayman an die Spitze des Serienwagen Feldes und führte damit auch souverän in der Klasse.

Allerdings war der Weg dorthin kein Spaziergang. „Das Wetter war sehr wechselhaft mit viel Regen“, so Kaufmann, der extrem viel Erfahrung auf dem Nürburgring mitbringt, „Immer wenn es den Anschein hatte es könnte abtrocknen, fing es irgendwo wieder zu nieseln oder zu regnen an. Das ist auf dem Nürburgring sowie schon eine Herausforderung, aber in Verbindung mit den relativ niedrigen Temperaturen kam auch noch Nebel dazu und die Regengischt hielt sich in den Bäumen und zog nicht ab.“ Während sich Kaufmann analog zu seinem Spitznahmen „Piranha“ durchbiss, zeigte die Elektronik im Porsche aufgrund der massiven Nässe leichte Probleme. „Wir mussten in der Nacht kurzfristig das Steuergerät tauschen weil einige Funktionen ausgestiegen waren.“ Das Team arbeitete professionell und mit Hochdruck, trotzdem verloren wir eine Runde und die Führung. Doch das Rennen war noch nicht mal bei Halbzeit angekommen, so dass sofort wieder auf Angriff gefahren wurde. Die Rennleitung entschied jedoch fünf Runden später aus Sicherheitsgründen auf Unterbrechung des Rennens. Das Wasser floss an vielen Stellen nicht mehr ab und neue, schwerere Regenfälle waren angekündigt. „Das war absolut die richtige Entscheidung, so was habe ich auf dem Ring noch nicht erlebt“, bestätigte Kaufmann den Weg der Rennleitung. „Man hat kaum noch was gesehen, die Strecke war sehr rutschig.“

Am Sonntagmorgen um 8 Uhr erfolgte der Re-Start des Feldes und die MATHOL Racing Mannschaft kämpfte weiter, den Reparaturrückstand wieder aufzuholen. Die Klassenführung hatte man bald zurück. „Und das war hart erarbeitet, denn unsere Hauptgegner haben langjährige Erfahrung mit dem Cayman bei den Serienwagen und kennen den Nürburgring auch sehr gut.“ Taktisch musste das Team kurzfristig noch mal umbauen, da Teamchef Holle eine Findigkeit im Reglement im Blick hatte. „Um gewertet zu werden, muss jeder gemeldete Fahrer mindestens 15 Runden fahren“, erklärt Kaufmann. „Da ich bis in die Nacht schon viele Runden absolviert hatte, mussten am Sonntag nach meinem ersten fünf Runden langen Stint meine Teamkollegen ran.“ Mit einer absolut fehlerfreien Fahrt lieferten Kaufmann und seine Teamkollegen schließlich den Porsche Cayman S ohne einen Kratzer ab und das Team sah um 15.30 Uhr die Zielflagge als souveräne Klassensieger in der V6 und wurden als Bonbon noch auf Platz 2 in gesamten Gruppe der Serienwagen abgewunken.

„Das Rennen war sehr spannend, hat aber auch eine wahnsinnige Konzentration gefordert. Die Bedingungen waren härter als je zuvor und haben sich ständig geändert“, blickt Wolfgang Kaufmann auf die 24h Nürburgring 2020 zurück. „Trotzdem hatten wir nicht eine Berührung mit anderen Autos, keinen Unfall, keinen Ausrutscher. Die coole Mannschaft um Matthias Holle hat super gearbeitet und für mich war es toll mit so vielen Westerwäldern, einige Mechaniker kommen aus den umliegenden Orten, in einem Team zu sein. Einziger Wehmutstropfen waren die fehlenden Fans an der Nordschleife. Aufgrund der Regelungen in Zeiten der Covid19-Pandemie durften dort keine Zuschauer dabei sein, darunter hat die Atmosphäre schon sehr gelitten. Dennoch bin ich froh, dass wir fahren durften.“

Nicht minder spannend der Einsatz im 24h-Classic Rennen am Freitagmorgen. Zusammen mit Dirk und Frank Ossenberg trat Wolfgang Kaufmann im bekannten Ford Escort RS 2000 an. Aufgrund des Engagements im 24h Rennen fuhr Kaufmann dieses Mal nicht den Startturn, sondern stieg erst später in das Cockpit des Youngtimer. Vom fünften Klassenrang war es aus ins Rennen gegangen. Im Verlauf des auf 3-Stunden angesetzten Laufes arbeitete sich das Ford Trio bis auf den zweiten Platz in der Gruppe 2 bis zwei Liter Hubraum nach vorne. „Wir hatten ein Problem mit der Lichtmaschine und sind daher nur auf Batterie gefahren“, begann Kaufmann die sich anbahnende Schwierigkeit zu erklären. „Auf dem Grand Prix Kurs kamen schon die ersten Aussetzer, aber ich bin trotzdem auf die Nordschleife abgebogen. Leider war dann im Bereich ,Kesselchen‘ endgültig die Batterie leer. Die Marshalls haben mich dann Richtung Pflanzgarten abgeschleppt und ich habe gegen Ende dann den Gang rein gemacht um das Auto vielleicht noch mal zu starten. Dazu alle elektrischen Verbraucher aus, in der Hoffnung noch ein paar Volt zu finden.“ Die Taktik sollte aufgehen der Escort sprang an und Kaufmann schaffte es zurück an die Box. Dort tauschte die Mannschaft die Batterie und der Molsberger konnte dem Feld hinter hetzen. Allerdings hatte die Reparatur gut eine Runde gekostet und Kaufmann sah die Zielflagge trotzdem noch als Fünfter. „Ein Podiumsplatz wäre sicher drin gewesen, aber solche Dinge passieren halt manchmal“, so Kaufmann nach dem Rennen. „Der Fahrspaß war jedenfalls riesig mit dem heckgetriebenen Escort auf der feuchten Strecke.“
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