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Formel 1
09.11.2014

Reifen-Thriller: Nico Rosberg verkürzt den WM-Rückstand

In einem an Spannung kaum zu übertreffenden Grand Prix in Brasilien sicherte sich Mercedes-Pilot Nico Rosberg den Sieg. Zweiter wurde dessen Teamkollege Lewis Hamilton, während die Brasilianer Lokalmatador Felipe Massa auf Rang drei bejubelten.

Wenn die Formel 1 in Interlagos gastiert, dann ist eines garantiert: Spannung von der ersten bis zur letzten Runde. So auch wieder beim diesjährigen Grand Prix, in dem vor allen die Reifen eine Schlüsselrolle spielten. Die meiste Aufmerksamkeit kam in Brasilien natürlich den beiden Titelaspiranten Nico Rosberg und Lewis Hamilton zu, die sich mittlerweile in der entscheidenden Phase im Kampf um die WM-Krone befinden.

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Rosberg konnte sich am Samstag im Qualifying bereits gegen seinen britischen Teamkollegen durchsetzen und stellte seinen Silberpfeil auf die Pole-Position. Hinter dem Mercedes-Duo reihten sich – zur großen Freude der Brasilianer - die beiden Williams-Piloten Felipe Massa und Valtteri Bottas ein.

Überraschend für Brasilien verlief der Start ohne jegliche Zwischenfälle: Rosberg übernahm dank eines fehlerfreien Starts die Führung vor Hamilton und Massa. Einige Positionen dahinter lieferten sich unterdessen Fernando Alonso (Ferrari), Sebastian Vettel (Red Bull) und Daniel Ricciardo (Red Bull) einen atemberaubenden Dreikampf um Position sechs. Vor diesem Kampf-Trio konnte vor allem McLaren-Routinier Jenson Button mit seinem guten Speed überzeugen und hielt sich damit wacker vor der normalerweise stärkeren Konkurrenz von Ferrari und Red Bull. Bereits in Runde fünf kamen mit Pastor Maldonado (Lotus) und Lokalmatador Massa die ersten Piloten zu ihren ersten Stopp an die Box. In Runde sechs folgten Button, Bottas und Vettel und deuteten damit bereits an, wie stark die Reifen in Interlagos dank der neuen Asphaltschicht abbauen.

In Runde sieben kam daher auch der Führende Nico Rosberg an die Box, die Runde darauf auch Hamilton. Rosberg konnte seine Führung gegenüber Hamilton verteidigen und blieb auch weiter vor seinem britischen WM-Konkurrenten. Massa kassierte unterdessen eine fünf-Sekunden-Strafe, da er bei seinem Heim-Grand Prix in der Boxengasse zu schnell unterwegs war.

Nach den ersten Boxenstopps hatte Nico Hülkenberg (Force India) die Führung übernommen. Der junge Deutsche war mit der härteren Reifenmischung ins Rennen gegangen und profitierte damit, wie auch Daniil Kvyat (Toro Rosso) auf Rang zwei, von den Reifenwechseln der Piloten vor ihm. Hinter diesem Duo reihten sich dann Rosberg und Hamilton ein. Letzterer hatte mit großen Reifenproblemen zu kämpfen und verlor deshalb Zeit auf Rosberg. Doch nur wenige Runden nach dieser Schreckensmeldung für den Briten beklagte auch Rosberg extreme Blasenbildung seiner Reifen. Das spielte Hamilton in die Karten und der WM-Führende konnte trotz seines Handicaps erheblich Zeit auf seinen Teamkollegen gutmachen. Doch bevor es zu einem Überholmanöver kommen konnte, steuerte Rosberg die Box an und holte sich neue Reifen ab.

Für Rosberg schien es nach dem immensen Zeitverlust vor dem Stopp, als wäre der Sieg verloren. Doch Hamilton verlor für einen Augenblick die Nerven und rutschte in Kurve vier von der Strecke. Dabei verlor der Brite gute sieben Sekunden auf seinen Teamkollegen und hatte nach seinem Stopp in Runde 28 7,2 Sekunden Rückstand auf Rosberg zu verzeichnen. Doch Rosbergs Sieg war trotz allem nicht sicher: Hamilton holte pro Runde knapp eine Sekunde auf seinen Konkurrenten im Kampf um die WM-Krone auf.

Während sich das Mercedes-Duo einen nervenaufreibenden Zweikampf um die Führung lieferte, hatten zahlreiche Piloten im Mittelfeld mit Problem zu kämpfen. Zuerst gab es schlechte Nachrichten für den Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen: Der Finne war in Interlagos stärker als in den bisherigen Saisonläufen unterwegs und einer der weniger Piloten, der beim Brasilien-Grand Prix auf eine Zwei-Stopp-Strategie setzte. Doch sein zweiter Stopp verlief alles andere als geplant. Das rechte Vorderrad klemmte zunächst und kostete Räikkönen gute fünf Sekunden.

Der nächste Pilot mit Pechsträhne war Red Bull-Pilot Daniel Ricciardo: Nach einem schwierigen Rennen für den Australier, bahnten sich in Runde 40 erhebliche Reifenprobleme bei dem Dauergrinser der Formel 1 an. Eine gebrochene Radaufhängung sorgte dann für das vorzeitige Ende von Ricciardo. Auf der Strecke duellierten sich währenddessen Hülkenberg und Bottas. Der deutsche Force India-Pilot verbremste sich und drängte dabei den Finnen in Williams-Diensten von der Strecke. Der wurde daraufhin direkt noch von Kimi Räikkönen kassiert und steuerte daraufhin die Box an.

Beeindruckend war in Interlagos auch die Leistung von Lotus-Piloten Romain Grosjean: Nachdem er in Austin nach einer Berührung mit Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) auf die verdienten Punkte verzichten musste, zeigte der Franzose auch eine Woche später eine starke Leistung. Leider blieb auch diese unbelohnt, denn Grosjean musste seinen Boliden in Runde 66 mit technischen Problemen abstellen und komplettierte damit die lange Liste der Pechvögel des Brasilien-Grand Prixs.

Im Mittelfeld bot die Formel 1 unterdessen weltmeisterliche Überholmanöver: Zunächst duellierten sich über mehrere Runden die Ex-Weltmeister Button, Vettel und Räikkönen und anschließend kamen die Fans rundenlang in den Genuss eines Ferrari-internen Duells, in welchem zur großen Überraschung aller Räikkönen Alonso trotz seiner stark abgenutzten Reifen hinter sich halten konnte. In Runde 68 kämpfte sich der Spanier dann dennoch an seinem Teamkollegen vorbei und sicherte sich damit Platz sechs.

An der Spitze hatte Hamilton sich wieder ins DRS-Fenster gekämpft und war in Schlagdistanz zu Rosberg. Doch trotz des doppelten DRS-Boosts konnte sich der Brite in den letzten zehn Runden nicht an Rosberg vorbeikämpfen. Damit sicherte sich der Deutsche den wohlverdienten Sieg in Brasilien vor seinem britischen Teamkollegen und Lokalmatador Felipe Massa.

In zwei Wochen fällt dann beim Saisonfinale die WM-Entscheidung: Hamilton reist mit 17 Punkten Vorsprung als WM-Favorit nach Abu Dhabi. Doch neben dem Kampf um die WM-Krone geht es auch um den Kampf von Williams, Ferrari, McLaren und Force India in der Konstrukteurs-WM. Außerdem könnte das letzte Rennen der F1-Saison 2014 auch das Abschiedsrennen von Jenson Button werden: Der Brite hat bisher keinen gültigen Vertrag für das nächste Jahr und somit stehen die Zeichen wohl auf Abschied. Doch Abu Dhabi soll Klarheit in der hitzig debattierten Cockpit-Vergabe der F1-Saison 2015 bringen: Sowohl von McLaren, als auch von Ferrari und Fernando Alonso werden offizielle Statements erwartet.

Das Rennen im Überblick

Mann des Rennens: Eine knappe Entscheidung, doch Nico Rosberg unterliefen beim Brasilien-Grand Prix eindeutig weniger Fehler als Lewis Hamilton. Auch wenn die Aufholjagd des Briten extrem beeindruckend war, so hat Rosbergs Gesamtleistung doch eher überzeugen können.

Pechvogel des Rennens: Die Liste der Pechvögel ist dieses Mal sehr lang, aber nachdem es schon in Austin nicht zu Punkten gereicht hat, ist Romain Grosjean unser Pechvogel des Rennens. Der Franzose zeigte eine starke Leistung in einem schwachen Boliden und hätte dafür eigentlich mit einer Top-10-Platzierung belohnt werden müssen. Doch ein technischer Defekt machte dem Lotus-Piloten einen Strich durch die Rechnung.

Überraschung des Rennens: Was ist in dieser Saison nicht schon alles schiefgelaufen bei Kimi Räikkönen und Ferrari. Und auch wenn das Rennen in Brasilien nicht ganz problemlos über die Bühne ging, so hat Räikkönen mit seinen starken Überholmanövern und seiner reifenschonenden Fahrweise heute doch gezeigt, dass er noch immer einer der ganz Großen in der Königsklasse ist.

Text: Antonia Grzelak – motorsport-xl.de
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