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Formel 1
19.06.2014

Pirellis Vorschau auf den Österreich Grand Prix

Der bislang letzte Große Preis von Österreich wurde 2003 auf dem A1 Ring ausgefahren, elf Jahre später kehrt die Strecke als Red Bull Ring in den Formel 1-Kalender zurück. Zum dritten Mal in Folge, wie schon bei den beiden letzten Grand Prix in Monaco und Kanada, stattet Pirelli die Teams beim achten Rennen der Saison mit soften und supersoften Reifen aus.

Von den Strecken in Monte Carlo und Montreal unterscheidet sich die Strecke in Österreich allerdings deutlich: Nur zwei echte Geraden sowie meist sehr scharfe Kurven sorgen für eine relativ geringe Durchschnittsgeschwindigkeit. Daher sind die Autos im weitaus höheren Maß auf den mechanischen Grip der Reifen angewiesen, als auf den aerodynamischen Abtrieb.

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Weil bislang kein Team auf dem neuen Red Bull Ring getestet hat, gleicht das kommenden Wochenende somit für alle Beteiligten einem Schritt ins Ungewisse. Paul Hembery, Motorsport Direktor bei Pirelli sagt: „Ein Rennen auf einem neuen Kurs ist immer besonders aufregend. Keiner hat einen Vorteil, jeder startet mit der gleichen Chance. Die Teams und Fahrer, die mit der ungewohnten Umgebung am schnellsten zurechtkommen, werden am Ende vorn liegen. Aufgrund der Ergebnisse der Analyse der Asphalt-Proben von der Strecke sowie der Inspektion des Circuits durch unsere Ingenieure glauben wir, dass die beiden weichsten Mischungen unserer Reifen-Range den besten Kompromiss zwischen Performance und Grip liefern werden.“

Und weiter: „Eine interessante Unbekannte kann hier zudem das Wetter sein, denn aus der Vergangenheit wissen wir, dass es sich für ein Rennen in Spielberg nur schwer vorhersagen lässt. Wie an jedem neuen Austragungsort kommt der Arbeit während des freien Trainings eine besondere Bedeutung zu. Die Teams werden daher versuchen, in den Sessions am Freitag und Samstag so viel Informationen wie nur möglich zu erhalten, um das Verhalten der Reifen auf der Strecke bei unterschiedlichen Tankfüllungen und mit verschiedenen Setups bewerten zu können. Dies wird der Schlüssel zu einer aussichtsreichen Rennstrategie sein. Aufgrund der Simulations-Daten gehen wir zunächst von einem Zwei-Stopp-Rennen aus. Doch die Witterungsbedingungen sowie die Veränderungen der Strecke im Verlauf des Wochenendes können diese Einschätzung noch beeinflussen. Erst nach dem freien Training werden wir in der Lage sein, die Verhältnisse hier korrekt zu bewerten.“

Jean Alesi, Pirelli Berater: „Die Strecke in Spielberg kehrt in die Weltmeisterschaft zurück. Welche Auswirkungen die Modifikationen mit sich bringen, werden die Fahrer während des freien Trainings am Freitag feststellen. Insgesamt betrachtet ist der Circuit der Gleiche geblieben. Was mir an Spielberg besonders gefällt, ist der hügelige Streckenverlauf: Es geht dort rauf und runter. Das bereitet den Fahrern viel Spaß. Die Kehrseite der Medaille: Die Bremszonen befinden sich alle in den ansteigenden Passagen. Dadurch wird Überholen sehr schwierig. Im Zusammenhang mit Spielberg erinnere ich mich an eine lustige Geschichte. Früher hieß es immer: Die Kühe in der Region würden aufgrund des Lärms der Formel 1-Autos die Milchproduktion für eine Woche einstellen. Nun, da die Autos etwas leiser sind, werden es hoffentlich nur ein paar Tage sein.“

Die Anforderungen der Strecke an die Reifen

Auf der Strecke wechseln sich sehr langsame Kurven mit einigen Hochgeschwindigkeits-Passagen ab. Die dabei auftretenden Beschleunigungs- und seitlichen Fliehkräfte lassen ein mittleres bis hohes Belastungs-Niveau für die Reifen entstehen. Dies gilt insbesondere in den Kurven fünf und sechs, den beiden anspruchsvollsten Bereichen des Circuits. Der Red Bull Ring mit seiner relativ geringen Durchschnittsgeschwindigkeit erfordert ein Setup mit maximalen Abtrieb, um so viel aerodynamischen Grip wie möglich zu erhalten. Infolge des Abtriebs wirken höhere vertikale Kräfte auf das Auto, hinzu kommen Seitenkräfte, die das Auto in den Kurvenfahrten belasten. Die Reifen müssen auf diesem Kurs daher oft gleichzeitig mehreren unterschiedlichen Kräfteeinflüssen standhalten.

Der supersofte Slick hat ein schmales Einsatzfenster und liefert auch bei niedrigeren Temperaturen maximale Leistung. Der softe Reifen hat dagegen ein breiteres Arbeitsfenster und ist insbesondere für höhere Temperaturen und schwierige Streckenbedingungen ausgelegt. Die Temperaturen in Spielberg können stark schwanken, in dieser Jahreszeit sind 22 Grad Celsius für die Region typisch. Allerdings ist Regen nicht ungewöhnlich. Der kürzlich erneuerte Asphalt des Kurses ist über weite Strecken sehr glatt. Infolgedessen werden die Autos insbesondere zu Beginn des Wochenendes häufiger rutschen. Bekommt ein Fahrer dieses Sliding nicht unter Kontrolle, kann es zum Graining kommen.

Ihre Strategie werden die Teams erst vor Ort festlegen, zu viele Unbekannte sind bei einer neuen Strecke im Spiel. Davon unabhängig scheint der Start auf den supersoften Slicks, gefolgt von zwei Stints auf den weichen Reifen, eine erfolgsversprechende Option fürs Rennen zu sein.
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