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GP2
27.06.2013

Vorfreude auf Silverstone und GP2-Reformen

Seinen eigenen Weg gehen und sich permanent weiterentwickeln: Das ist das Credo von Rene Binder, der seinem erfolgreichen Debüt in Monte Carlo mit Platz sechs und sieben nun weitere Highlights folgen lassen möchte. Der 21-Jährige berichtet im Interview über die anstehenden Sommerrennen, über seine Trainingsvorbereitung mit Josef Leberer und über Sparpläne in der GP2.

Dein Lernprozess im Vorhof der Formel 1 schreitet zügig voran. Was hast du dir für die Sommerrennen in Silverstone, am Nürburgrjng und in Budapest vorgenommen?
Rene Binder: „Silverstone wird nicht einfach für mich. Dort habe ich vor zwei Jahren nur ein paar Runden mit einem Formel 3 gedreht, während andere Fahrer den Kurs in und auswendig kennen. Trotzdem freue ich mich auf die schnellen Kurven und auf die typisch britische Rennatmosphäre. Am Nürburgring erhoffe ich mir, ehrlich gesagt, noch ein bisschen mehr.“

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Und was ist mit dem „halben“ Heim-Grand-Prix der Österreicher in Budapest?
Rene Binder: „Schade, dass es kein echtes Heimrennen mehr in Spielberg gibt, aber zumindest liegt Tirol verkehrstechnisch so günstig wie kaum eine andere Region. Immerhin können wir mit Monaco, Nürburgring, Budapest, Spa und Monza gleich sechs aktuelle Grand-Prix-Strecken bequem mit dem Auto erreichen. Und nach Ungarn kommen Ende Juli etliche Freunde und auch Mitarbeiter aus unserer Firma.“

Du hast in Seefeld erst kürzlich wieder intensiv mit deinem Fitness-Coach, Josef Leberer, trainiert. Was kann man von jemandem mitnehmen, der so viele F1-Weltmeister wie kein anderer in diesem Sport betreut hat?
Rene Binder: „Eine ganze Menge. Josef hat unheimlich viel Erfahrung, die er mit Senna, Prost aber auch mit anderen Spitzenfahrern wie Kubica, Räikkonen, Massa oder Perez gesammelt hat. Er hat ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen kennengelernt und genau daran gearbeitet. Seine wichtigste Lektion, dass man seinen eigenen Weg konsequent verfolgen muss, hat mich schon ein schönes Stück weitergebracht. Dass er an mich glaubt, gibt mir ein sehr gutes Gefühl.“

Du trainierst nach dem selben Muster wie seine Formel 1-Piloten?
Rene Binder: „Absolut, wobei sich Josef bei Sauber F1 doch eher auf Esteban Gutierrez konzentriert, der auch regelmäßig zu uns nach Tirol kommt. Ich beobachte natürlich genau, wie er mit dem Druck der Formel 1 umgeht und wie er sich schön langsam aber sicher an das Niveau heranarbeitet. Er hat mir erzählt, dass ein GP2-Auto nicht mehr weit von einem Formel 1 weg ist, aber dass man für die komplexen Abläufe in der Formel 1 eben einfach seine Zeit braucht.“

… wobei Begriffe wie „Schonzeit“ oder „Geduld“ im Vokabular der Formel 1 halt leider fehlen.
Rene Binder: „Das stimmt. Und Esteban hat mit Hülkenberg ganz sicher den stärksten Teamkollegen von allen Neueinsteigern in dieser Saison. Das macht die Sache für ihn natürlich nicht leichter. Trotzdem wird er sich in der Formel 1 etablieren, da bin ich mir ganz sicher.“

GP2-Boss, Bruno Michel, hat erst vor wenigen Tagen Maßnahmen zur Kostenreduzierung angekündigt. Ist das bei einem Auto, das in Monte Carlo nur um drei Sekunden langsamer war, als das hintere Mittelfeld der Formel 1, überhaupt realistisch?
Rene Binder: „Es geht vor allem um die Laufzeitverlängerung der Autos. Das heißt, das neue Dallara-Chassis kommt nicht wie geplant in der nächsten Saison, sondern erst 2016. Dadurch können sich die Teams die Neuanschaffung sparen, was die Budgets hoffentlich deutlich senken wird. Die geplante optische Anpassung an die Formel 1-Autos der nächsten Generation wird vergleichsweise günstig sein. Gespart wird außerdem auch an den Transportkosten, da soll es wieder weniger Rennen außerhalb Europas geben.“

Die GP2 bleibt im Nachwuchsformelsport also weiterhin das Maß aller Dinge?
Rene Binder: „Auf jeden Fall und zwar nicht nur was den Speed der Autos angeht. Wir haben die amtierenden Meister der Renault World Series und der GP3 dabei und zwei ehemalige Champions aus der Formel 3. Außerdem kommen dann noch ein paar ziemlich starke Routiniers wie Bird, Coletti oder Leimer dazu, die man erst einmal schlagen muss.“

Von den aktuellen Grand Prix-Piloten haben immerhin elf einen GP2-Hintergrund, während nur zwei direkt aus der Formel 3 gekommen sind. Trotzdem scheint die Rangordnung für manche Experten noch nicht ganz klar zu sein …
Rene Binder: „Bei solchen Bewertungen ist natürlich oft ein bisserl Politik im Spiel, aber am Ende ist die Diskussion ziemlich überflüssig, weil die GP2 vom Management der Formel 1 ganz einfach als offizielle Nachwuchsserie deklariert wird. Ich wüsste auch nicht, warum ein Auto mit einem Drittel der Motorleistung eines GP2 die bessere Vorbereitung auf die Formel 1 sein sollte. Wie schon gesagt, muss jeder seinen eigenen Weg gehen, wobei der Weg über die GP2 natürlich nicht der Einzige ist.“
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