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Formel 1
14.11.2013

Renault Sport F1 Vorschau auf den USA GP

Bei seiner Premiere im vorigen Jahr überzeugte der neu erbaute Circuit of the Americas im texanischen Austin die Formel 1-Gemeinde in jeder Hinsicht. Die 5,513 Kilometer lange Strecke im „Lone Star State“ vereinigt einige der anspruchsvollsten Kurvenprofile der Grand Prix-Geschichte.

So weist der als „COTA“ abgekürzte Kurs Passagen auf, die den Esses von Suzuka, dem Turn 8 von Istanbul, dem Senna-S von Interlagos, der Becketts-Maggots-Kombination von Silverstone und der Parabolika samt Spitzkehre von Hockenheim nachempfunden sind.

Der Circuit of the Americas im Detail: Drei entscheidende Passagen

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Turn 1
Die erste Kurve des COTA gehört zu den besten Startkurven der Saison. Der Sprint von der Pole Position dauert rund 500 Meter – auf dieser Distanz führt die Strecke ziemlich steil bergauf. Die Übersetzungen der niedrigen Gänge sind enger gestuft als die höheren, denn neben einer guten Beschleunigung am Start benötigen die Fahrer während des Rennens eine hohe Endgeschwindigkeit in dieser Passage. Der Einlenkpunkt befindet sich exakt auf der Kuppe dieses Anstiegs. Exakt am Bremspunkt für die erste Haarnadelkurve wird das Auto plötzlich sehr leicht. Wenn die Set-ups von Motor und Mechanik nicht optimal aufeinander abgestimmt sind, kann dieser Effekt die Rennwagen völlig aus der Balance bringen.

Turns 2 bis 4
Nach der engen ersten Kurve beschleunigen die Fahrer bis in den siebten Gang hoch, denn die Turns 2, 3 und 4 werden voll genommen. Hier sind die Autos durchschnittlich mit 280 km / h unterwegs. Ähnlich wie in der Kurvenkombination Maggots / Becketts in Silverstone oder den Esses in Suzuka müssen die Fahrer in dieser Passage sehr präzise mit dem Gaspedal umgehen. Es gilt, möglichst viel Geschwindigkeit durch die S-Kurven mitzunehmen, statt zwischen Bremsen und Beschleunigen zu wechseln. Ist ein Motor an dieser Stelle zu aggressiv, wird das Fahrverhalten instabil und das Auto reagiert „giftig“ beim Einlenken. Beides kostet Zeit und beschleunigt den Reifenverschleiß. Der Renault RS27-V8 unterstützt die Fahrer jedoch, weil seine Leistung in diesen Wechselkurven fein zu dosieren ist und er ein gleichmäßiges Drehmomentniveau bereitstellt.

Turn 11 und 12
Genau wie in Abu Dhabi und Korea ist nicht etwa die Zielgerade das längste Geradeausstück: In Austin zieht sich die längste Gerade über mehr als einen Kilometer von der Haarnadelkurve 11 bis zum scharfen Linksknick Turn 12. Das leicht gebogene Vollgasstück misst exakt 1.016 Meter, folglich läuft der Renault RS27 mehr als 13 Sekunden bei voll geöffneten Drosselklappen. Die Höchstgeschwindigkeit von 315 km / h wird etwa 2,5 Sekunden lang gehalten. Da diese Gerade in einer anderen Himmelsrichtung verläuft als die Zielgerade, bestimmt sie die Übersetzung des siebten Gangs – und diese hängt maßgeblich von der erwarteten Windrichtung ab. Eine Übersetzung, die an einem Tag passt, kann am nächsten schon Topspeed kosten. Die Partnerteams von Renault Sport F1 werden die Wetterentwicklung am Freitag sehr genau beobachten, damit sie für Qualifying und Rennen die richtige Wahl treffen.

Das sagt Rémi Taffin, Leiter des Renault Sport F1 Einsatzteams

„Obwohl das Formel 1-Rennen im texanischen Austin noch neu ist im Grand Prix-Kalender, so dürfen wir eines sicherlich feststellen: Für Fahrer und Teams zählt er bereits zu den beliebtesten Saisonläufen. Die Stadt ist fantastisch und die Strecke eindrucksvoll – wir fühlten uns sofort sehr willkommen. Das Layout des Kurses bietet einen anspruchsvollen Mix aus technisch schwierigen Kurvenkombinationen und sehr herausfordernden externen Faktoren. Und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nahezu 200 km / h ist er auch noch ziemlich schnell.

Unsere Renault RS27-V8-Motoren arbeiten – über die ganze Runde betrachtet – fast durchgehend im mittleren bis oberen Drehzahlbereich. Hinzu kommen einige großartige Kurven wie etwa Turn 1 oder auch die finale Passage, wo die Maschinen die richtige Balance aus direktem Ansprechverhalten und sanft einsetzender Leistung aufbringen müssen. Der Circuit of the Americas zählt zu jenen Strecken, auf denen wir besonders eng mit den Chassis-Ingenieuren zusammenarbeiten. Zumal der Kurs einige ,blind‘ gefahrene Kurven besitzt, in denen die Piloten ein besonders sensibles Gefühl für die Grip-Verhältnisse entwickeln müssen, um das notwendige Vertrauen in das Fahrverhalten aufbauen zu können.

Auch die Lage des Kurses inmitten des texanischen Weidelands stellt uns vor besondere Aufgaben. Die geringe Luftfeuchtigkeit entspricht in etwa den trockenen Konditionen von Abu Dhabi und Bahrain. Dies wirkt sich gleich zweifach auf die Motoren aus. Einerseits transportiert die Luft einen höheren Sauerstoffgehalt, was zu höherer Leistungsentwicklung führt. Andererseits – und dieser Nachteil wiegt schwerer – fördert die trockene Luft den Verschleiß. Wird dieser Umstand bei der generellen Abstimmung der V8-Aggregate nicht ausreichend berücksichtigt, kann es hierdurch sogar zu Fehlzündungen kommen. Auslöser dieses fatalen Phänomens ist ein ungewöhnliches Verbrennungsverhalten innerhalb der Zylinder, das die Kolben besonders belastet. Um dies zu verhindern, müssen wir die Zündzeitpunkte sehr sorgfältig einstellen.

Im vergangenen Jahr sorgten die vergleichsweise kühlen Außentemperaturen für einen höheren Kraftstoffverbrauch pro Runde – ein Effekt, den die Höhenunterschiede der Strecke und der Stop-and-go-Charakter des letzten Sektors zusätzlich verstärken. Dies stellt uns zwar nicht vor Probleme, ist aber der Grund, warum die Benzinladung zu Beginn des Rennens zu den schwersten des ganzen Formel 1-Jahres zählt.

Alles in allem freuen wir uns auf den vorletzten Saisonlauf. Noch stehen zwei Grands Prix aus, bevor unser erfolgreicher Achtzylinder in den Ruhestand geht. Gerade in der zweiten Hälfte des Jahres ist es uns gelungen, mit unserem Motor noch einige bemerkenswerte Rekorde aufzustellen – etwa den 50. Formel 1-Sieg eines RS27. Zugleich konnten wir unseren Beitrag leisten, damit Red Bull Racing und Sebastian Vettel die letzten beiden WM-Titel der V8-Ära für sich entscheiden konnten. In den vergangenen acht Jahren mit Achtzylindern konnten die Motoren von Renault nicht weniger als fünf Mal die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft erringen. Wir sind hoch motiviert, diesen Bestwerten in den beiden abschließenden Rennen 2013 weitere folgen zu lassen. Auch in den USA und Brasilien werden wir nochmals mit vollem Einsatz ans Werk gehen.“

Fakten zum Circuit of the Americas, Austin (Texas)
  • Länge (km): 5,513
  • Durchschnittsgeschwindigkeit im Rennen (km/h): 197
  • Topspeed (km/h): 315
  • Vollgasanteil (%): 57
  • Kraftstoffverbrauch (kg pro Runde): 2,6
  • Kraftstoffverbrauch (Liter pro 100 km): 67
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