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Formel 1
26.08.2011

Der Grand Prix von Belgien und die Reifen

Der Kurs von Spa Francorchamps ist in mehrfacher Hinsicht beeindruckend. Die Anlage hat nicht nur die längste Runde dieser F1-Saision, auf der die Fahrer die meiste Zeit mit Vollgas fahren. Hinzu kommen große Höhenunterschiede auf der Strecke sowie häufig wechselnde Wetterverhältnisse.

Spa ist der ultimative Circuit für F1-Piloten. Jeder Fahrer, der den Großen Preis von Belgien mehrfach gewonnen hat, gewann auch mindestens einen Titel. Hier sind einige Gründe dafür …

Die Strecke

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Eau Rouge ist zugleich eine der schwierigsten und schönsten Kurven der gesamten F1-Weltmeisterschaft. Die Boliden schießen mit 290 km/h auf sie zu. In der Kurve ist die aerodynamische Last enorm: Der senkrecht wirkende Druck beträgt 1,0 G, die Kräfte der Querbeschleunigung betragen gar 5,0 G (das Fünffache der Erdanziehungskraft). Dabei drücken umgerechnet 1.000 Kilogramm auf den linken Vorderreifen und 950 Kilogramm auf den Hinterreifen, der während der Fahrt durch die Kurve die Traktion liefern muss.

Pouhon: Die Wagen erreichen diese anspruchsvolle abschüssige Linkskurve auf Reifen, die bei Tempo 290 km/h ihre optimale Temperatur erreicht haben. Während sie durch die Kurve fahren, lastet auf Fahrer und Wagen eine Querbeschleunigung von 4,0 G. Diesen Kräften müssen die Reifen entgegenwirken, damit der Pilot auf der Ideallinie durch die Kurve fahren kann – selbst wenn er den Boliden beschleunigt.

Im dritten Runden-Abschnitt, der schnell und flüssig ist, fährt der Wagen die meiste Zeit mit Höchstgeschwindigkeit. Dabei müssen die Reifen einer Vertikallast von 1.100 Kilogramm standhalten, die vom Abtrieb erzeugt wird. Anschließend, während der Fahrt durch die Vollgas-Kurven, widerstehen die Gummiwalzen Fliehkräften von 4,0 G. Und liefern dabei jene Präzision, die erforderlich ist, um bei Geschwindigkeiten von über 300 km/h die Ideallinie zu halten.

Im letzten Rundenabschnitt steigen die Fahrer vor der Bus Stop-Schikane, die aus scharfen rechwinkligen Kurven besteht, kräftig in die Bremsen, um danach auf der Start-Ziel-Geraden wieder Vollgas zu geben.

Das sagt Pirellis Testfahrer

Lucas di Grassi: “Spa ist wirklich ein Circuit im alten Stil, das heißt sehr schnell und technisch anspruchsvoll. Ich liebe diese Strecke, es ist jedesmal ein großes Vergnügen, dort zu fahren. Hinsichtlich des Set-ups ist stets ein Kompromiss erforderlich. Denn man benötigt einerseits viel Geschwindigkeit auf der Geraden, und andererseits viel Abtrieb in den schnellen Kurven. Für Überholmanöver gibt es mehrere geeignete Abschnitte. So ist es zum Beispiel nach der Eau Rouge günstig. Zudem zahlt sich Mut auf dieser Strecke immer aus. Für die Reifen ist es auf jeden Fall ein herausforderndes Rennen. Denn auf Grund der hohen Geschwindigkeiten und der starken aerodynamischen Belastung wirken enorme Kräfte auf sie ein. Der andere maßgebliche Faktor ist das Wetter: Auf Grund meiner hier gemachten Erfahrungen gehe ich auf jeden Fall davon aus, dass während des Renn-Wochenendes die Intermediates und die Regenreifen eingesetzt werden. Selbst wenn es in einem Strecken-Abschnitt trocken ist, kann es an anderer Stelle regnen.”

Ökologische Entsorgung der F1-Reifen

Pirelli fühlt sich dem Umweltschutz verpflichtet. So hat der italienische Konzern im Rahmen seines grünen Technologie-Programms 2007 damit begonnen, auf aromatische Öle in bestimmten Straßen-und Motorsport-Reifen zu verzichten. Seit dem 1. Januar 2010 werden sämtliche Straßen- und Motorsport-Reifen von Pirelli ohne aromatische Öle hergestellt, wie es die Richtlinien der EU vorschreiben.

Zum Umweltprogramm gehört die ökologische Entsorgung von Altreifen. Das gilt auch für die P ZERO Rennreifen. Nach jedem Grand Prix werden sämtliche Reifen zurück nach Didcot transportiert und dort gemeinsam mit anderen Straßenreifen geschreddert.

Aus den geschredderten Reifen entstehen kleine Pellets, die als Brennstoff für Zement-Fabriken dienen und bei sehr hohen Temperaturen verbrannt werden. Diese Temperaturen erreichen bis zu 1.400 Grad Celsius und sorgen dafür, dass keine schädlichen Gase freigesetzt werden und nur sehr feine, ungiftige Asche-Partikel zurückbleiben.

Pirelli nutzt diese Technologie seit 2002 in Italien. Seit dem Einstieg in die GP 2 im vergangenen Jahr wird sie zudem auch für sämtliche Grand Prix Rennreifen eingesetzt. Insgesamt rund 80.000 Wettkampfreifen aus der F1 und den GP2 und GP3 Serien wird Pirelli 2011 mit dieser Methode entsorgen – die mittlerweile weltweit in vielen anderen Ländern genutzt wird.

Dazu Pirellis Motorsportdirektor Paul Hembery: “Die Umwelt steht bei Pirelli seit jeher ganz oben auf der Agenda. Die Methode, mit der wir Reifen entsorgen, belegt das. Künftig könnten die Straßenbeläge, auf denen die Zuschauer zu den Grand Prix-Rennen fahren, aus unseren recycelten Reifen hergestellt werden …”
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