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Porsche Carrera Cup
18.10.2010

Nicolas Armindo: "Ich bin kein Egoist"

Nicolas Armindo kann es kaum fassen. Endlich, im sechsten Anlauf, hat der Franzose die Fahrermeisterschaft des Porsche Carrera Cup Deutschland gewonnen. „Ich bin überglücklich“, sagt der 28-Jährige. „Der Titelgewinn ist für mich das logische Ergebnis meiner langjährigen Arbeit. Ich bin überzeugt, dass ich es schon früher hätte schaffen können, aber zuvor habe ich es einfach nie richtig zusammengebracht.“

Ebenso sehr freut ihn, dass sein Team Hermes Attempto Racing die begehrte Trophäe in der Teamwertung gewonnen hat. „Ich bin ein Mensch, dem es enorm wichtig ist, zu teilen. Ich bin kein Egoist!“ Im 1990 gestarteten Carrera Cup ist Armindo der erste Meister ohne deutschen Pass.

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Bis zum Finale hat Nicolas Armindo um den prestigeträchtigen Titel in Deutschlands schnellstem Markenpokal zittern müssen. Die Saison begann für den Elsässer mit einer Enttäuschung. Als Zweiter gestartet, lag er auf dem sicheren zweiten Rang, als ein Defekt ihn auf Platz elf zurückwarf, während Nick Tandy gewann. In Valencia feierte Armindo zwar als Zweiter auf dem Podium, doch erneut war der Engländer vorne. Dieser schien schon uneinholbar, als es dem Franzosen gelang, das Blatt zu wenden. Wie beflügelt, dominierte er die Rennen auf dem Nürburgring, dem Norisring und dem EuroSpeedway Lausitz mit drei Pole-Positions und drei Siegen in Folge und setzte sich an die Spitze der Gesamtwertung. „Nie war es so einfach, so leicht für mich, alles lief zusammen und alles lief perfekt“, sagt er.

In Zandvoort folgte prompt der Tiefpunkt. Armindo haderte mit der Rennstrecke, auf der er vor zwei Jahren einen kapitalen Überschlag erlebt hatte, und wurde nur Zehnter. Tandy gewann. Die Beobachter fragten sich: Zeigt der Carrera-Cup-Routionier angesichts des aufstrebenden Newcomers aus Großbritannien nun Nerven? Wirft er seine Chance weg? Doch Armindo bewies seine Stärke in Brands Hatch, wo er den Briten bei dessen Heimspiel zwar nicht besiegen konnte, mit dem zweiten Rang aber den Zandvoort-Ausrutscher vergessen ließ. Für die letzten beiden Saisonläufe war die Taktik des gewieften Franzosen, kein Risiko einzugehen. Er wurde Zweiter in Oschersleben hinter Tandy – das bedeutete noch fünf Zähler Vorsprung auf den Verfolger vor dem Finale. „Ich bin ganz gelassen“, sagte der Elsässer mit dem charmanten französischen Zungenschlag. „Nick hat mehr Druck als ich.“ Mit einem fünften Rang im Finalrennen machte Nicolas Armindo schließlich in Hockenheim alles klar.

Der 28-Jährige, der im beschaulichen Örtchen Horbourg-Wihr im Elsass lebt, ist ein bodenständiger Mensch. Während der Woche übt er seinen Beruf auf dem Bau aus – mit demselben Streben nach Perfektion, das ihn auch am Volant des 450 PS starken Porsche 911 GT3 Cup auszeichnet. „Ich bin Perfektionist“, erklärt Armindo. „Egal, um welche Bereiche meines Lebens es sich handelt, ich möchte alles bestmöglich machen. Sonst könnte ich zuhause bleiben.“ Perfektionismus darf man aber nicht mit dröger Ernsthaftigkeit verwechseln. „Schlussendlich ist das Wichtigste, dass man Spaß hat bei dem, was man tut.“

Großes Vergnügen bereiten ihm auch die Fahrtage, die er seit geraumer Zeit zwei bis drei Mal monatlich in Hockenheim veranstaltet. 30 Teilnehmer dürfen unter der Anleitung des erfahrenen Lehrmeisters mit schnellen Sportwagen um den Grand-Prix-Kurs fahren. „Ich nehme mir einen Tag Urlaub im Geschäft, fahre morgens früh los und abends wieder heim“, sagt Armindo und lächelt: „Ich liebe Rennfahren und ich liebe es, diese Leidenschaft mit anderen zu teilen. Wenn die Leute dann strahlend aus den Autos aussteigen und mir danken, weil ich Ihnen einen Traum erfüllt habe, das gibt mir unheimlich viel. Das macht mich wirklich glücklich.“

Im Rennsport gilt Nicolas Armindo als Späteinsteiger. „Bis zu meinem 20. Lebensjahr war ich Skifahrer. Aber ich bin zu klein und habe zu wenig Gewicht, um wirklich vorne mithalten zu können“, sagt der zierliche, 1,70 Meter große Franzose. „Gegen einen 120-Kilo-Mann hatte ich keine Chance. Also habe ich 1998 angefangen Kart zu fahren.“ Es folgten diverse Formel-Nachwuchsklassen und bereits 2004 der Einstieg in den renommierten deutschen Porsche-Markenpokal. Gleich in seinem zweiten Jahr bewies Armindo sein Ausnahmetalent mit dem Gewinn der Vizemeisterschaft, am Ende der Saison 2007 zählte er als Gesamtdritter erneut zu den Besten. „Der Carrera Cup ist für mich ideal“, fasst der 28-Jährige zusammen. „Es ist eine wunderbare Verbindung aus Sport, Spaß, Hobby und Arbeit. Ich habe in den sechs Jahren natürlich auch stressige Situationen erlebt und meist bedeutete das Engagement auch schlicht harte Arbeit. Aber in diesem Jahr bin ich belohnt worden. Nun sind alle Mühen der Vergangenheit vergessen.“

…den Schlüssel zum Erfolg in der Saison 2010:
„Es hat erstmals alles zusammengepasst. Ich selbst kann nun einerseits auf sehr viel Rennerfahrung bauen, besitze aber andererseits noch immer eine sehr gute Grundgeschwindigkeit. Der zweite Baustein des Erfolges ist mein junges Team, das eine tolle Entwicklung gemacht hat und sehr professionell ist. Mechaniker und Ingenieure sind qualitativ topp, aber gleichzeitig herrscht eine familiäre Atmosphäre. Wir sind alle Freunde! In einem solchen Umfeld ist man als Fahrer natürlich noch motivierter. Es liegt ja auf der Hand, dass einen das beflügelt. Und das Minimum, das man als Fahrer zurückgeben kann, ist, den bestmöglichen Job zu machen.“

... seinen schönsten Sieg:
„Ganz ehrlich? Für mich sind die Pole-Positions eigentlich das Schönste, weil sie das Ergebnis ganz konzentrierter, harter Arbeit sind. Man muss es in dieser einen Runde perfekt auf den Punkt bringen. Wenn ich das geschafft habe, bin ich besonders stolz auf mich, das bringt mir emotional mehr als ein Sieg.“

… sein Traumauto:
„Als ich ein kleiner Junge war, war mein Traumauto ein Käfer! Ich hab den Käfer-Film über alles geliebt, und als ich mir dann ein Auto kaufen konnte, war es natürlich ein Käfer. So bin ich ja gewissermaßen schon sehr früh zur Porsche-Familie gestoßen… Aber ich habe auch schon als Junge zu meinem Vater gesagt: Irgendwann werde ich mir einen Porsche kaufen. Das war ziemlich mutig, denn wir waren keine reichen Leute. In unserer Familie wurde immer hart gearbeitet.“

… seine Stärken:
„Ich kann mich schnell auf neue Rennstrecken und neue Situationen einstellen. Das liegt sicher daran, dass ich nie finanziell in der Lage war, groß testen zu gehen. Ich komme an die Strecke, steige ins Auto, gebe Gas – und muss mit allem Neuen auf Anhieb zurechtkommen. Deshalb hat mich besonders meine Leistung in Brands Hatch gefreut: Viele Teams waren vorher testen, wir nicht. Aber ich kam hin und war sofort vorne mit dabei und im Qualifying nur einen Tick langsamer als Tandy, der die Strecke wie seine Westentasche kennt. Und ich war schneller als alle anderen.“

… seine Pläne und Träume:
„Ich würde nach dieser wunderbaren Saison natürlich gerne weitermachen im Carrera Cup, gar keine Frage. Wenn ich die Jahre so Revue passieren lasse, dann kann ich für mich eine sehr gute Bilanz ziehen. In allen Serien, in denen ich angetreten bin, habe ich in einer Saison auch mindestens ein Rennen gewonnen. Ein bisschen schade finde ich, dass ich nie von einem Werk oder einem Werksteam angesprochen und zu einem Test eingeladen worden bin. Und nun bin ich 28 Jahre alt, da ist dieser Zug wahrscheinlich abgefahren. Aber ich bin insgesamt sehr glücklich mit dem, was ich erreicht habe.“