Samstag, 12. Oktober 2024
Motorsport XLDas Motorsport MagazinVorschau Abonnement
Sonstiges
04.03.2023

Porsche-Junior Bastian Buus – mit einem Frühstart in die Volljährigkeit

Zwei Dinge möchte Porsche-Junior Bastian Buus am Ende dieses Jahres in den Händen halten: den Pokal für den Gesamtsieg im Porsche Mobil 1 Supercup und die Urkunde für den Schulabschluss. Der 19 Jahre junge Däne muss seine Zeit vorerst noch zwischen Rennstrecke und Gymnasium aufteilen. Seine notorisch gute Laune hält scheinbar auch dieser Doppelbelastung stand.

Stuttgart. An seinen 18. Geburtstag wird Bastian Buus noch lange denken. Nicht wegen der quietschbunten Torte und der improvisierten Feier, mit der ihn sein Team im Boxenzelt überraschte. „Ausgerechnet an diesem Tag habe ich den wahrscheinlich größten Frühstart in der Geschichte des Porsche Carrera Cup Deutschland hingelegt“, erinnert sich der Porsche-Junior aus Dänemark und bricht in das unbeschwerte Lachen aus, das für ihn typisch ist. 

Anzeige
Autodromo Nazionale Monza im Juni 2021: Der Porsche Carrera Cup Deutschland bestreitet auf der Formel-1-Rennstrecke in Norditalien sein achtes Saisonrennen. Und Bastian Buus überhitzt in den Sekunden vor dem Start die Kupplung derart, dass sein Porsche 911 GT3 Cup lange vor dem Signal losrollt. „Ich musste zur Strafe einmal durch die Boxengasse fahren. Dass ich anschließend im Regen der Schnellste war, konnte mir da auch nicht mehr helfen.“ Statt um den Sieg zu kämpfen, kam Buus auf Rang 19 ins Ziel: „Nicht gerade einer der großartigsten Tage meines Lebens.“

Trost kam direkt nach dem Rennen von Schwester Marie und Mutter Rikke – die extra für die Geburtstagsfeier nach Monza gereist waren – sowie Vater Morten. „Er begleitet mich zu fast allen Läufen. In der vergangenen Saison waren wir 22 Wochenenden zusammen unterwegs“, erzählt Bastian Buus. Die Familie lebt in Nørre Bjert, einer 7.000-Einwohner-Gemeinde in der Nähe von Kolding an der Ostsee. Gepflegte, rot geklinkerte Häuser und bunte Ferien-Bungalows aus Holz mit Blick auf den Fjord, eine schlichte, weiß gestrichene Kirche: In Nørre Bjert ist die Welt noch in Ordnung. „Ich liebe meine Heimat“, betont Buus junior. „Hier habe ich meine Freunde, mit denen ich gerne die freie Zeit verbringe, die mir neben meinen Aktivitäten noch bleibt.“

Seit 1997 hat das Junior-Programm von Porsche die Karriere von 28 Rennfahrern beflügelt und gehört damit zu den erfolgreichsten Nachwuchsprogrammen im Motorsport. Als besonders stechen dabei die Laufbahnen des heutigen Porsche-Markenbotschafters Timo Bernhard (Porsche-Junior von 2000 bis 2001), Marc Lieb (2000 bis 2002) und Earl Bamber (2014) hervor: Alle drei konnten mit dem Porsche 919 Hybrid mindestens einmal das legendäre 24-Stunden-Rennen in Le Mans sowie Titel in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC gewinnen. Thomas Preining, Porsche-Junior von 2017 bis 2018, fuhr im vergangenen Jahr mit dem 911 GT3 R zwei Siege in der DTM ein. Direkter Vorgänger von Buus ist Laurin Heinrich aus Würzburg. Er konnte die Junior-Sichtung Ende 2021 für sich entscheiden. Der heute 21-Jährige beendete die zurückliegende Saison im Porsche Carrera Cup Deutschland als Meister und wurde im Porsche Mobil 1 Supercup Gesamt-Dritter. Heinrich stieg inzwischen in die DTM auf – als Pilot im Team75 Bernhard von Timo Bernhard.

Hobbyrennfahrer Morten Buus gab, ganz klassisch, die Initialzündung zur Motorsportkarriere seines Sohns – obwohl diese erst mit Verzögerung ins Rollen kam: „Als ich sieben Jahre alt war, hat mich mein Vater zum ersten Mal auf eine Kart-Strecke mitgenommen“, blickt Bastian Buus grinsend zurück. „Meine Begeisterung hielt sich allerdings in Grenzen – ich fand die Rennanzüge einfach blöd…“ Zwei Jahre später sprang der Funke dann doch noch über. Fortan gehörten Vater und Sohn Buus zu den Stammgästen auf der Kartbahn von Vojens, ein paar Kilometer südlich von Kolding. Mit 14 war Bastian Buus dann endlich im internationalen Kartsport angekommen: Rennen in der Deutschen Meisterschaft, in Europa und in der Weltmeisterschaft – die Kurve zeigte steil nach oben.

„Seit ich sechs Jahre alt bin, beschäftige ich mich außerdem mit Rennspielen am Computer“, ergänzt Buus. „Simracing schult den Renninstinkt und hält die Reflexe in Form.“ Darin ist Buus heute so gut, dass er für das Porsche Coanda Esports-Werksteam virtuelle Rennen auf Profiniveau fährt. Diesem Talent hatte Buus 2019 auch einen der bisher wichtigsten Impulse für seine Karriere zu verdanken: Als Allied Racing am Rande eines Kartrennens mit Hilfe eines Simulators Fahrer für seinen Porsche 718 Cayman GT4 Clubsport suchte, glänzte der damals 16 Jahre alte Buus mit der Tagesbestzeit – und bekam das Cockpit. In der folgenden Saison gewann er für das bayerische Team zusammen mit dem Deutschen Jan Kasperlik den Pro-Am-Titel der GT4 European Series. „Niemals zuvor in dieser Meisterschaft hat ein Pro-Am-Team drei Gesamtsiege eingefahren“, blickt Buus stolz auf diesen Erfolg zurück: „Ohne Quatsch, aber nach dem ersten Sieg habe ich mir als Ziel gesetzt, Porsche-Junior zu werden!“ 

2021 stieg er gemeinsam mit Allied Racing in den Porsche Carrera Cup Deutschland auf. In der darauffolgenden Saison kamen der Porsche Carrera Cup Frankreich ebenfalls mit Allied Racing und der Porsche Mobil1 Supercup im Team BWT Lechner Racing hinzu – inklusive seines ersten Rennens in Monaco. „Mein Lieblingskurs, wenn man diesen Straßenparcours überhaupt Rennstrecke nennen kann“, grinst Buus. 2022 sammelte er auch Langstrecken-Erfahrung mit Gaststarts in der GT World Challenge, darunter auch bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps. „Als nächstes würde ich gerne das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring bestreiten“, verrät er. 

Vater Morten hat inzwischen seinen Job aufgegeben und kümmert sich hauptberuflich um seinen Sohn. „Ich habe ihn noch nie Manager genannt, obwohl er genau diese Aufgabe erfüllt“, sinniert Buus junior. Gemeinsam haben sie einen Kreis von Unterstützern aufgebaut, den sie „Flatout Club“ getauft haben. „Neben dem Sponsoring geht es dabei auch viel um Netzwerken, ganz unabhängig vom Rennsport“, erläutert der neue Porsche-Junior. Hier kann er ganz praktisch anwenden, was er in der Schule theoretisch lernt: Der 19-Jährige besucht in der Heimat ein Wirtschaftsgymnasium. Den Unterricht mit dem zeitintensiven Rennsport zu kombinieren, wird allerdings immer mehr zum Balanceakt. „Zum Glück haben wir sehr liberale Regeln für alle Spitzensportler“, beschreibt Buus die Vorteile, Mitglied des offiziellen Team Dänemark zu sein. „Wenn ich zusätzliche freie Tage für Rennen brauche, kann ich den Unterricht nachholen und notfalls die Oberstufe um ein Jahr verlängern.“ Dennoch hat er es sich vorgenommen, den Abschluss regulär im Juni 2023 zu machen: „Dann kann ich mich zu 100 Prozent auf den Motorsport konzentrieren.“ 

Denn auf der Rennstrecke hat Buus noch eine Menge vor. Nicht zufällig sieht er in seinem Landsmann Tom Kristensen, mit sieben Siegen Rekordhalter bei den 24 Stunden von Le Mans, so etwas wie ein Vorbild. „Irgendwann will ich die Langstreckenrennen in Le Mans, Daytona und Bathurst einmal fahren – am liebsten natürlich in einem Werksauto von Porsche“, hat sich Buus als neues Ziel gesetzt. Besonders reizen würde ihn außerdem die FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) im neuen LMDh-Renner Porsche 963. Auch wenn das für den 1,87-Meter-Schlaks schwierig werden könnte: „Werksfahrer Mathieu Jaminet hat ungefähr meine Größe – und der passt auch ins Cockpit des Porsche 963“, zeigt sich Buus optimistisch.

Bis dahin ist es für den Porsche-Junior noch ein weiter Weg. 2023 möchte er zusammen mit Allied Racing den Titel im Porsche Carrera Cup Deutschland für sich entscheiden. Nach intensiven Verhandlungen mit mehreren interessierten Teams hat er gerade den Vertrag mit BWT Lechner Racing für den Porsche Mobil 1 Supercup verlängert. In dem internationalen Markenpokal mit dem Porsche 911 GT3 Cup war ihm bereits in der vergangenen Saison die Überraschung des Jahres gelungen: Er gewann bei allen acht Rennen die Rookie-Wertung – neuer Rekord! – und feierte außerdem zwei Gesamtsiege. Beim ersten im französischen Le Castellet war Buus jünger als jeder andere Sieger zuvor in der 30-jährigen Historie des Supercup.
Anzeige