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Kartsport Allgemein
22.08.2023

SKM: Von alten Säcken und engen Entscheidungen

Das Finale der autobau Schweizer Kart-Meisterschaft am 30. September in Wohlen wird definitiv ein Knüller. In allen fünf Kategorien sind die Entscheidungen noch offen. In vier von fünf Fällen beträgt das Polster des/der Führenden weniger als 17 Punkte!
 
Bei den Super Minis, den 8- bis 12-Jährigen, läuft beim grossen Showdown in Wohlen am 30. September alles auf einen Vierkampf zwischen Albert Tamm (206 Punkte), Dan Allemann (200), Dario Palazzolo (193) und Yven Ammann (183) hinaus. Wobei aufgrund der Meisterschaftssituation und den bisherigen Ergebnissen Tamm (5 Laufsiege) und Allemann (7) die besten Karten in den Händen halten. In Levier haben beide je 67 Punkte gemacht, wobei sich Tamm die Extrapunkte für die Pole-Position und die schnellste Rennrunde sicherte. Für Spirit-Fahrer Allemann lief das Qualifying für einmal gar nicht nach Wunsch. Ein defekter Kabelbaum bremste den Vorjahresmeister ein. „Ich habe versucht, mit dem Motor noch eine vernünftige Zeit zu fahren”, sagt Allemann. „Mit der neuntschnellsten Zeit ist mir das einigermaßen gelungen. Es hätte noch schlimmer kommen können.” Auch im ersten und zweiten Vorlauf lief der Motor nicht wie gewünscht. Dennoch wehrte Allemann die Angriffe von hinten erfolgreich ab und sicherte sich schließlich mit optimaler Power den Sieg im Finale – eine halbe Sekunde vor Tamm und Palazzolo, der seine Meisterschaftsführung in Levier trotz viel Kampfgeist mit den Rängen 5, 4 und 3 einbüßte. Ein Ausrufezeichen setzte am vierten Rennwochenende neben Yven Ammann (Plätze 3, 3 und 4) auch Victoria Philipp. Die schnelle Aargauerin qualifizierte sich zum ersten Mal für die erste Startreihe und verpasste ein Top-3-Ergebnis im ersten Vorlauf um lediglich zwei Zehntelsekunden.

Bei den OK Junioren ist die Ausgangslage fürs Finale in Wohlen nicht ganz so eng wie bei den Minis. Dennoch hat es in Levier sieben Runden vor der Zielflagge nochmals eine überraschende Wendung gegeben. Leaderin und Vorjahresmeisterin Chiara Bättig aus dem Team KartBox.ch rollte in Führung liegend plötzlich aus. Die Ursache war schnell ausgemacht: „Motorschaden”, meinte Bättig noch an Ort und Stelle. „Schade, ich hätte heute meinen zweiten ‹Grand Slam› holen können.” In der Meisterschaft beträgt ihr Vorsprung vor Wohlen trotz des Ausfalls noch 17 Zähler auf Arnaud Voutat. Nutzniesser des Bättig-Ausfalls im Finale war Alois Girardet, der Neffe des Streckenbesitzers. Weil er als Franzose keine SM-Punkte erhält, ging die volle Punktzahl im Finale an Spirit-Fahrer Louis Huter, der zum ersten Mal bei der autobau Schweizer Kart-Meisterschaft am Start gestanden hatte und demzufolge einen Einstand nach Maß feierte. Neben Huter stellten sich auch noch Spirit-Teamkollege Marlon Bayer und Neil Russell (KartBox.ch) auf das SM-Podest. Auf Platz 4 folgte in der SM-Wertung Julian Brupbacher. Der Rotschopf aus Payerne hatte die Ziellinie als Erster überquert, bekam aber (wie Voutat) wegen eines Spoilervergehens fünf Strafsekunden aufgebrummt. Eines steht jetzt schon fest: Beim Finale in Wohlen kann der Champion nur Bättig oder Voutat heissen.

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Nicht so bei der X30 Challenge Switzerland. Da sind noch vier Fahrer im Rennen, wobei der Viertplatzierte Yan Rothen trotz eines erneut sehr starken Wochenendes (mit den Plätzen 2, 5 und 3) nur noch theoretische Chancen besitzt. Der Titel wird zwischen Samuel Ifrid (217 Punkte), Alessio Strollo (210) und Kilian Boss (191) vergeben. Der führende Ifrid (UBIQ Racing) hat in Levier etwas von seinem Polster eingebüßt und war mit den Plätzen 7, 6 und 4 in der hart umkämpften X30 natürlich nicht zufrieden. Anders Alessio Strollo (MH Racing). Der Berner hat zwar mit den Rängen 3, 2 und 2 auch das ganz große Los verpasst, „aber ich hatte halt auch immer die Meisterschaft im Hinterkopf”, so Strollo. „Im Finale hätte ich, als ich kurz in Führung lag, vielleicht etwas mehr dagegenhalten können, aber dann wären Kilian (Boss) und ich wohl beide abgeflogen.” Stichwort Boss: Der Mirecourt-Grand-Slam-Sieger war auch in Levier mit drei Laufsiegen das Mass der Mann des Tages. Den zweiten „Grand Slam” in Folge verpasste der Amsoldinger um 93 Tausendstelsekunden. Aus dem Titelrennen ist Lyon Mathur (Innovate Competition). Dem OK-Senior-Meister von 2022 löste sich im Finale nach einem Rempler die Kette.

Um die Winzigkeit von acht Tausendstelsekunden verpasste Pascal von Allmen bei den OK Senioren einen „Grand Slam”. Das störte den Routinier aber nicht ausserordentlich. Von Allemen durfte sich am späten Sonntagnachmittag über drei Laufsiege und die Meisterschaftsführung freuen. „Das war überfällig”, meinte der Fahrer aus dem Team von Max Busslinger Motorsport erleichtert. Zusammen mit Patrick Näscher, der von Allmen in allen Läufen wie ein Schatten folgte, okkupierten damit zwei Routiniers die ersten beiden Plätze. „Wir alten Säcke haben es den Jungen gezeigt”, freuten sich von Allmen und Näscher spitzbübisch. Die Jungen – damit sind Samuel Schär (UBIQ Racing) und Jérôme Huber (KartBox.ch) gemeint. Gemeinsam lagen sie vor Levier in Führung. Nun hat Schär einen Sechs- und Huber einen Zehn-Punkte-Rückstand. Verloren ist also noch gar nichts. Im Gegenteil: Das Rennen der OK Senioren in Wohlen wird zum absoluten Knüller! Näscher (MH Racing) dagegen braucht ein kleines Wunder. 50 Punkte auf einen von Allmen in Höchstform sind eine erhebliche Hypothek.

Mit dem grössten Vorsprung lebt nach wie vor Ethan Frigomosca in der KZ2. Der Schaltkart-Spezialist aus Locarno geht mit einem 47-Punkte-Polster ins Finale. Zum ersten Mal in dieser Saison blieb Frigomosca (Gerber Corse) in Levier jedoch sieglos. Dass die Entscheidung aus neutraler Sicht vertagt wurde, war vor allem Kevin Wälti (Meisterschaftszweiter) und Evan Vantaggiato (3.) zu verdanken. Wälti war nach einem glücklosen Wochenende in Mirecourt auf dieses Rennen von einem Leclerc-Chassis auf Swiss Hutless umgestiegen – mit Erfolg! Vor dem dritten Lauf in Levier durfte der Berner sogar noch auf einen „Grand Slam” hoffen. Dieser kam zwar nicht zustande, aber mit 67 Zählern war Wälti dennoch der erfolgreichste Schaltkart-Pilot. Gefolgt von Vantaggiato, der wie schon in Franciacorta das Finale gewann und in Levier 63 Punkte auf sein Konto schaufelte und 56 Punkte Rückstand auf Frigosmosca hat. „Ich muss im Qualifying noch zulegen”, meinte der Jurassier. „Da bekomme ich die Reifen innerhalb der kurzen Zeit nicht ins richtige Fenster. Sonst bin ich mit meinem Wochenende sehr zufrieden.” Platz 3 ging an Thierry Mäder, der Frigomosca kurz vor Schluss noch vom Podium verdrängte. Gastfahrer Dominique Aegerter (KartBox.ch) belegte die Ränge 8,7 und 9. „Es hat Spass gemacht”, meinte das Motorrad-Ass. „Um die letzte halbe Sekunde aufzuholen, müsste ich noch mehr trainieren.” Dass Aegerter im Finale mit einem Überholmanöver gegen MH-Racing-Pilot Simon Stoller dessen Meisterschaftschancen beeinträchtigte, war keine böse Absicht. „Tut mir leid”, entschuldigte sich „Domi” nach dem Rennen, „wenn das so rübergekommen ist.”

Aber wie sagt man so schön: That’s racing!
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