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Rallye Allgemein
31.03.2014

Premierensieg von Gaßner bei der ADAC Wikinger Rallye

Er kam, fuhr und siegte: Hermann Gaßner junior konnte sich im Mitsubishi Lancer R4 bei seinem ersten Start bei der ADAC Wikinger Rallye vom 27. bis 29. März 2014 rund um Süderbrarup auf Anhieb durchsetzen. Der WM-erfahrene Youngster aus Surheim im äußersten Südosten Deutschlands hatte eine Anreise von gut 1.110 Kilometer bis nach Angeln in Schleswig-Holstein.

Gemeinsam mit seiner Co-Pilotin Ursula Mayrhofer war er weder von den besten deutschen Rallye-Piloten noch von ihren Kollegen aus der Dänischen Meisterschaft zu schlagen, die an diesem Wochenende um Punkte für ihre Championate fuhren. Selbst die Lokalmatadore Jan Becker (Hamburg) und Co-Pilotin Bianca Hutzfeldt (Kiel) hatten mit ihrem Subaru Impreza WRX keinen wirklichen Heimvorteil.

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Die Veranstaltergemeinschaft der ADAC Wikinger Rallye hatte es erneut geschafft, eine im Vergleich zu den Vorjahren vollständig neue Streckenführung zu erarbeiten. „Das ist genial, denn so waren für alle Teams die Voraussetzungen gleich“, war der Sieger Gaßner junior begeistert. Schon der Auftakt am Freitagabend hatte es in sich, denn die ersten Prüfungen standen ganz im Zeichen eines Sekundenkampfes zwischen zwei Youngstern. Gaßner junior lieferte sich mit dem Stuttgarter Mark Wallenwein im Skoda Fabia S2000 einen prickelnden Schlagabtausch. Zwischen den beiden Konkurrenten, die für das ADAC Rallye Masters und die Deutsche Rallye-Meisterschaft Punkte sammeln, wechselte die Führung fast nach jeder der sechs Wertungsprüfungen. Doch das spannende Duell wurde von der Technik beendet.

Auf dem Weg zur ersten Prüfung des Samstags mussten Wallenwein und sein Heilbronner Co-Piloten Stefan Kopczyk ihren tschechischen Renner abstellen: Die Kardanwelle hatte ihren Geist aufgegeben. Gaßner junior fuhr seinen Sieg danach mit einer souveränen Vorstellung nach Hause, bei der er nichts mehr anbrennen ließ. Fünf weitere WP-Bestzeiten sammelte er und erreichte schließlich mit einem Vorsprung von 1:47,600 Minuten auf Becker / Hutzfeldt die Zielrampe in Süderbrarup. „Es war richtig toll hier zu fahren“, freute er sich anschließend über die Prüfungen in Angeln. „Die Strecken sind schnell und haben viele Kuppen. Ständig wechselt der Belag und damit der Grip – das ist sehr sehr anspruchsvoll. Ich war wirklich positiv überrascht.“ Dritte wurden die Dänen Ib Kragh / Mie Petersen (Peugeot 207 S2000), die damit aber den Sieg beim ersten Lauf der dänischen Meisterschaft feierten.

Gaßner übernahm mit dem Sieg die Führung in der DRM und eroberte im ADAC Rallye Masters die zweite Position. Kurios: Er liegt wegen der unterschiedlichen Punktewertungen in der DRM vor, im Masters hinter seinem Vater Hermann Gaßner, der mit Co-Pilotin Karin Thannhäuser Gesamt-Fünfter wurde. Der „Senior“ hatte sich bis zum Schluss einen spannenden Kampf mit den Dänen-Duo Tim Svanholt / Carina Møller (Roskilde / Herlev, Mitsubishi Lancer Evo 9) geliefert, die die Bayern aber schließlich mit einem Abstand von gerade einmal 2,3 Sekunden auf Distanz halten konnten und Vierte wurden.

Hoch zufrieden waren nach der Veranstaltung auch die Organisatoren. Für die Veranstaltergemeinschaft aus AC Schleswig und MSF Idstedt zog Rallye-Leiter Jürgen Krabbenhöft (Neuberend) eine positive Bilanz: „Wir haben gemeinsam mit vielen Freunden aus ganz Deutschland und unseren Dänischen Nachbarn ein echtes Rallye-Fest gefeiert. Die Abläufe haben bis auf die Minute pünktlich und reibungslos geklappt, wir haben tollen Sport gesehen, das Wetter hat mitgespielt und an der Strecke waren viele Zuschauer. Für diese Rallye, die mit dieser Auflage 30 Jahre alt wurde, war das genau der richtige, stimmungsvolle Rahmen. Ein großes Dankeschön an alle, die uns dabei unterstützt haben – insbesondere auch an die Anwohner, Behörden und Entscheidungsträger in der Rallye-Region.“

Diese Kompliment gab Friedrich Bennetreu, der Bürgermeister von Süderbrarup gerne zurück. „Die Einwohner von Süderbrarup sind begeistert, diese Rallye hier zu Gast zu haben. Sie sind alle herzlich eingeladen, im nächsten Jahr wieder zu kommen, zu uns in den hohen Norden.“

Am Rande notiert

Familienbande: Im Servicepark traf man bei der ADAC Wikinger-Rallye auf Anna Weyand und ihren Vater Martin, die eine Erklärung für die familiäre Atmosphäre im Rallyesport geben können. Martin Weyand ist als Mitglied des AC Schleswig einer der Organisatoren des zweiten Laufs des ADAC Rallye Masters. Seit 1984 ist er hier für das Schreiben der Bordbücher zuständig. Tochter Anna erbte den Virus und lernte 2009 ihren Freund bei der Wikinger-Rallye kennen: Mark Wallenwein. Mit dessen Schwester Eve heckte sie vor zwei Jahren den Plan aus, selbst ins Cockpit zu klettern. Beide machten 2012 den Lizenz-Lehrgang (übrigens unter Mithilfe ihres Patenonkels Thorsten Johne, Sportleiter des ADAC Schleswig-Holstein) und sind seit der Saison 2013 in der Citroën DS3 R1 Trophy unterwegs. „Man muss nicht Rallye fahren, um sich mit der Familie Wallenwein gut zu verstehen, aber es hilft ungemein“, grinst sie.

Anwohnerfreuden: Melanie und Thomas Lichtenberg aus Essen verbringen ihre Kurzurlaube seit Jahren in Rabenkirchen bei Süderbrarup. Diesmal war die Anreise schon besonders, „in Süderbrarup hingen überall Hinweise und Banner der ADAC Wikinger Rallye.“ Melanie ergänzt, „ich bin seit 15 Jahren immer wieder hier, jetzt ist Rallye und die führt sogar direkt an unserer Haustür vorbei, einfach nur toll.“ Thomas berichtet, „bei der Besichtigung am Freitag früh sind einige Fahrer vor unserem Haus falsch abgebogen, ich habe mich dann dorthin gestellt und ihnen den richtigen Weg gezeigt.“ Ihr Nachbar Norbert Otto kam dazu, „wir Anlieger hier sind begeistert. Für die paar Stunden der Rallye schließen wir unsere Tiere weg und dann genießen wir die Rallye vor der Haustür. Ich konnte es kaum erwarten, vor allem der tolle Sound und das auch noch bei Nacht.“

Stimmen der Fahrer

Hermann Gaßner junior: „Ich rechne die Punkte erst immer nach der Rallye zusammen – deshalb spielte für mich die Meisterschaftskonstellation heute keine Rolle. Jetzt reise ich mit einem Sieg nach Hause. Das ist schön, aber pro Halbjahr haben wir sieben Läufe, von denen vier gewertet werden. Die Wikinger-Rallye ist enorm anspruchsvoll. Bei jeder anderen deutschen Rallye kennt man die meisten WPs, sodass man auf alte Aufschriebe zurückgreifen kann. Das ist hier nicht der Fall, weil die Prüfungen in jedem Jahr neu sind. Das macht die Rallye sehr interessant. Eine coole Rallye – ich glaube, ich komme wieder.“

Ib Kragh: „Am Freitag im Dunkeln war es einfach schrecklich und wir haben viel Zeit verloren. Heute konnten wir einiges davon wieder aufholen. Jetzt bin ich glücklich über Platz drei und darüber, so die maximalen Punkte für die Dänische Rallye-Meisterschaft geholt zu haben. Das ist eine tolle Rallye, und die Co-Piloten müssen hier extrem viel und schnell vorlesen.“

Hermann Gaßner senior: „Beim ersten Durchgang auf der WP Fraulund hat es nicht gepasst für uns. Beim zweiten Durchgang sind wir dafür eine Top-Zeit gefahren und haben noch einen Powerstage-Punkt geholt. Super! Am Ende war das Ergebnis noch ganz schön knapp. In der Endabrechnung so eng mit meinem Sohn zusammen zu liegen – das ist natürlich schon etwas ganz Besonderes.“

Mark Wallenwein: „Die Kardanwelle ist gebrochen. Unglücklicherweise kam das Bauteil im Winter noch aus der Revision, deshalb können wir uns den Defekt gar nicht richtig erklären. Schade – es wäre eine tolle Rallye geworden heute. Wir waren bis in die Haarspitzen motiviert und hätte noch mal eine Schippe drauflegen können, um Druck auf Hermann zu machen. So konnte er die Rallye nun gemütlich nach Hause fahren.“

Carsten Mohe: „Wir konzentrieren uns 2014 auf die DRM-Wertung und da habe ich hier den vierten Platz geholt. Damit können wir sehr zufrieden sein. Die Superstage war eine echte Herausforderung. Dort gab es viel Staub auf der Strecke und entsprechend rutschige Verhältnisse. Unsere nächste Rallye ist das Heimspiel bei der Rallye Erzgebirge. Ich kenne da jeden Meter – aber ob das ein Vorteil oder ein Fluch ist, das müssen wir erst noch herausfinden.“

Jan Becker: „Diese Rallye ist einfach toll, mit durchgängig sehr anspruchsvollen, für mich einfach sensationellen, Wertungsprüfungen. Selbst der Rundkurs hier in der Stadt, der ja eigentlich nur für die Zuschauer ist, hat so seine Tücken. Zu Platz zwei hat mir natürlich auch etwas Glück verholfen. Mark Wallenwein hätte ich nie besiegen können. Ich hatte mir vorher trotz des tollen Starterfeldes für diese Wikinger schon etwas ausgerechnet.“
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