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Formel 1
09.10.2014

Pirellis Vorschau auf den Russland Grand Prix

Unbekanntes Terrain erobert die Formel 1 mit dem neuen Circuit im russischen Sotschi nahe dem Schwarzen Meer. Dort fanden auch die Olympischen Winterspiele 2014 statt. Es ist die erste neue Rennstrecke im Formel 1-Kalender seit der Premiere des Kurses von Austin im Jahr 2012. Bislang existieren nur wenige Daten über die erst kürzlich fertiggestellt Strecke in Sotschi.

Daher führte Pirelli in Zusammenarbeit mit den Teams aufwändige Computer-Simulationen durch, um sich auf die Anforderungen des neuen Austragungsortes vorzubereiten und die möglichen Reifen-Strategien zu prognostizieren. Auf Basis dieser Ergebnisse nominierte Pirelli den P Zero White (Medium) und den P Zero Yellow (Soft) für den Grand Prix von Russland.

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Diese Kombination wurde zuletzt im belgischen Spa-Francorchamps eingesetzt. Sotschi ist ein mittelschneller Kurs mit zahlreichen unterschiedlichen Kurven. Dazu gehört eine Linksschleife, inspiriert von der langen Kurve 8 im Istanbul Park mit ihren drei Scheitelpunkten. Dort werden die rechten Vorderreifen enorm belastet. Insgesamt verfügt der Circuit in Sotschi über zwölf Rechts- und sechs Linkskurven. Zwischen den beiden ersten Kurven liegt die 650 Meter lange Gerade, auf der die Autos ein Spitzentempo von ungefähr 320 km/h erreichen.

Die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Runde liegt bei 215 km/h. Das Layout wurde von dem Circuit-Architekten Hermann Tilke entworfen, der auch die Strecke in Austin, Texas, kreierte. Paul Hembery, Pirelli Motorsport-Direktor, sagt: „Russland zählt für Pirelli zu den wichtigsten Regionen der Welt. Hier betreiben alle renommierten Automobilhersteller große Produktionsstätten. Daher freuen wir uns sehr auf Sotschi und den ersten Grand Prix von Russland. Das ist zweifellos ein Meilenstein in der Geschichte unseres Sports. Für die Reifen wird es eine interessante Herausforderung. Die Strecke besitzt zahlreiche Kurven, die alle Aspekte der Reifen-Performance auf die Probe stellen werden. Wie bei jedem Rennen in dieser Saison erwarten wir auch in Russland zwei bis drei Stopps. Bei der Nominierung der Mischungen haben wir dies berücksichtigt.“

Und weiter: „Was die Belastung der Reifen angeht, rangiert der Circuit von Sotschi im Mittelfeld. Den Messungen zufolge hat der Asphalt einen geringen Abriebswert. Die Wettervorhersagen gehen von gemäßigten Witterungsbedingungen aus. Das erste Rennen auf einem neuen Circuit ist immer besonders spannend. Erst vor Ort werden wir wissen, worauf wir uns einzustellen haben. Daher wird das freie Training für alle Beteiligten besonders wichtig sein.“

Jean Alesi, Pirelli-Berater, ergänzt: „Mit der heutigen Simulationstechnik ist es für die Fahrer, die Teams sowie die Reifenhersteller viel einfacher, sich auf einen neuen Grand Prix vorzubereiten, als zu meiner Zeit. Gleichwohl besteht immer noch ein großer Unterschied zwischen der virtuellen Welt und der Realität. Eine Simulation kann nicht alles nachstellen. Daher ist es für die Fahrer und die Ingenieure enorm wichtig, die Strecke sorgfältig in Augenschein zu nehmen. Um die Beschaffenheit des Asphalts zu verstehen, muss man ihn berühren und spüren. Am ersten Tag wird die Strecke sehr schmutzig und schwierig zu befahren sein. Das macht es ungemein schwierig, das richtige Setup festzulegen und das Verhalten der Reifen richtig einzuschätzen. Ohne Erfahrungswerte kann man Dinge leicht falsch interpretieren und bei der Einstellung des Autos in die falsche Richtung gehen. Das alles vergrößert die Herausforderung, die mit einem neuen Austragungsort verbunden sind.“

Die Anforderungen an die Reifen

Sotschi hat nicht viele Gemeinsamkeiten mit den anderen Strecken der laufenden Formel 1-Saison. Einige Merkmale ähneln dem Straßenkurs von Valencia, bis 2012 Austragungsort von Grand Prix-Rennen. Wie die Strecken in Montreal und Melbourne ist der Circuit in Sotschi kein permanenter Renn-Circuit, sondern wird teilweise auch für den öffentlichen Verkehr genutzt. Der Medium-Reifen hat ein schmaleres Einsatzfenster und liefert selbst bei niedrigeren Temperaturen eine optimale Performance. Der weiche Slick hingegen hat ein breiteres Einsatzfenster und ist für höhere Temperaturen ausgelegt.

Die Außentemperaturen in Sotschi schwanken in dieser Jahreszeit zwischen 15 bis 20 Grad Celsius. Einer der Gründe, warum neuer Asphalt so rutschig ist: Die Öle, die bei der Herstellung des Teers verwendet werden, treten an die Oberfläche des Straßenbelags und bilden dort einen fast unsichtbaren Film. Mit der Zeit wischen die Reifen das Öl von der Fahrbahn und ihre Oberfläche wird rauer. Sollte es regnen, was zu dieser Jahreszeit keine Besonderheit wäre, kann der Track sich als besonders tückisch erweisen.

Mit 5,853 Kilometern Länge ist der Kurs von Sotschi hinter Spa-Francorchamps und Silverstone die drittlängste Strecke des Jahres. Gut 1,7 Kilometer davon gehören zu öffentlichen Straßen. Das Rennen geht über 53 Runden.
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