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Formel 1
16.03.2014

Euphorischer Rosberg düpiert die Konkurrenz

Rosberg- und Rookie-Alarm in Melbourne: Silberpfeil-Pilot Nico Rosberg gewinnt den Saisonauftakt und McLaren-Rookie Kevin Magnussen schafft es auf Anhieb aufs Podium. Frühes Aus hingegen für Lewis Hamilton und Sebastian Vettel. Eines kann man nach dem Rennen in Melbourne festhalten: Wer die neue Formel 1 noch immer kritisiert, der hat den Großen Preis von Australien nicht gesehen!

So viel Rennaction, großartige Überholmanöver und Überraschungsgäste in der Top-10 hat man in der Formel 1 lange nicht mehr gesehen. Auch wenn die Königsklasse leiser geworden ist, langweiliger ist sie wirklich nicht.

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Alle F1-Fans, die sich für das erste Rennen der Saison den Wecker gestellt haben, wurden dafür reichlich belohnt. Auf den Start musste allerdings länger gewartet werden als gewöhnlicher Weise, denn die beiden Marussia-Piloten Max Chilton und Jules Bianchi konnten die Startaufstellung nicht aus eigener Kraft verlassen und daher mussten die restlichen 21 Piloten eine zweite Formationsrunde in Kauf nehmen. Für die beiden F1-Piloten, die in Down Under in ihre zweite Saison in der Königsklasse starteten, zog das einen Start aus der Boxengasse hervor, aus der auch Lotus-Pilot Romain Grosjean startete. Der Franzose handelte sich schon vor Rennstart eine Durchfahrtsstrafe ein, denn er verließ die Boxengasse vor dem 15-Minuten-Signal. Schlechter in eine Saison starten als der französische Fahrer in Lotus Diensten kann man sicherlich nicht.

Mit etwas Verspätung erloschen die roten Lichter der Startampel und Mercedes-Pilot Nico Rosberg kämpfte sich bravurös an seinen beiden Vordermännern Lewis Hamilton (Mercedes) und Daniel Ricciardo (Red Bull) vorbei und übernahm die Führung beim Großen Preis von Australien. Hinter ihm reihten sich Ricciardo und der überragende McLaren-Rookie Kevin Magnussen ein. Hinter der Spitzentruppe gab es allerdings einigen Trubel: F1-Rückkehrer Kamui Kobayashi (Caterham) unterlief in der ersten Kurve ein folgenschwerer Fehler, der nicht nur für ihn, sondern auch für Williams-Piloten Felipe Massa das Renn-Aus nach nur wenigen Metern bedeutete.

Auch der Sauber-Pilot Esteban Gutierrez hatte mit seinem Boliden zu kämpfen: Der junge Mexikaner drehte sich nach der ersten Kurve und viele Fahrer konnten sich nur knapp am Auto von Gutierrez vorbeischieben. Einer dieser Piloten war auch Sebastian Vettel, der sich seit der zweiten Formationsrunde über zu wenig Power beschwerte. Mit ähnlichen Problemen musste auch Hamilton kämpfen, der nach lediglich vier Runden seinen Boliden in der Box abstellte. Vettel folgte dem Beispiel des Briten und beendete nur eine Runde später sein Rennen.

Finnischer Überflieger im Williams

Trotz der starken Leistung von Rosberg an der Spitze ist der Mann des Rennens ganz klar ein anderer. Williams-Pilot Valtteri Bottas zeigte in Melbourne eine Rennperformance der Extraklasse und bestätigte seine starke Leistung des Vorjahres. Der junge Finne musste in der Startaufstellung wegen eines Getriebewechsels fünf Plätze nach hinten und startete daher nur von Rang 15 ins Rennen. Doch Bottas legte einen fehlerfreien Start hin und profitierte von den Problemen der Piloten vor ihm. Bereits in der siebten Runde war der Williams-Pilot am Ferrari von Landsmann Kimi Räikkönen dran und rang diesen nach einigen Versuchen nieder und schickte sich an, die Kampfgruppe Nico Hülkenberg (Force India) - Fernando Alonso (Ferrari) vor ihm einzuholen.

Leider ging der Finne diesen Dreikampf um Platz vier wohl etwas zu motiviert an, denn er touchierte die Mauer und handelte sich dabei einen Reifenschaden ein. Reifen und Felge verteilte Bottas auf der Strecke und rief damit das Safety Car auf den Plan. Für den Finnen war dies natürlich Glück im Unglück, denn viele Piloten nutzen die Chance und wechselten Reifen, was für Bottas die Aufholjagd von P16 etwas einfacher machte.

Nach seinem letzten Stopp in Runde 37 schickte sich Bottas an, sich so weit nach vorne zu arbeiten wie möglich und kämpfte sich in letzter Minute noch auf einen überzeugenden Rang sechs nach vorne. Wäre der Mauerkuss gegen Mitte des Rennens nicht gewesen, wäre für den Williams-Youngster sicherlich auch ein Platz auf dem Podium möglich gewesen. Der junge Bottas wird den F1-Fans in dieser Saison noch viel Freude bereiten.

Sensationelle Rookies mischen die Formel 1 auf

Während man sich in der Königsklasse in den letzten Jahren immer wieder über die jungen Piloten beschwerte, die eher mit Finanzspritzen für ihre Teams als ihrem Talent überzeugten, kann man vor Kevin Magnussen (McLaren), Daniil Kwjat (Toro Rosso) und Marcus Ericsson (Caterham) nur den Hut ziehen. Ericsson musste sein Debütrennen mit Problemen an der Ölpumpe zwar vorzeitig beenden, doch mit dem unterlegenen Caterham hielt sich der junge Schwede lange auf einem beachtlichen Platz 13. Bei der verrückten Formel 1, die wir in diesem Jahr zu erleben scheinen, könnte der Rookie eventuell noch das ein oder andere Pünktchen sammeln.

Einen Punkt gesammelt hat der 19-jährige Rookie Daniil Kwjat. Der Russe zeigte im Rennen eine wirklich bravuröse Leistung und stellte auch in Zweikämpfen mit Weltmeistern wie Räikkönen sein Talent unter Beweis. Kwjat machte somit deutlich, dass er seinen Platz in der Königsklasse mehr als verdient hat, schließlich kommt der Rookie gerade erst aus der GP3 und fuhr bei seinem Debüt in der Königsklasse als wäre er schon immer dabei gewesen.

Für die meiste Furore unter den Rookies sorgte aber der McLaren-Neuling Kevin Magnussen. Der junge Däne ließ seinen erfahrenen Teamkollegen Jenson Button bereits gestern im Qualifying alt aussehen und hielt sich seit der ersten Runde wacker auf P3 und konnte diesen Platz über die gesamte Renndistanz verteidigen. Magnussen ist seit Hamilton der erste Rookie, der in seinem Debütrennen auf das Podium steigen durfte. Hamilton schaffte dieses Kunststück in Melbourne 2007. Die Rookies werden 2014 die Königsklasse also sicherlich auf den Kopf stellen.

McLaren hui, Ferrari pfui

Neben Red Bull und Mercedes machten im Rennen zwei weitere Top-Teams auf sich aufmerksam, dass eine positiv, das andere negativ. McLaren konnte nicht nur mit Magnussen ein starkes Resultat einfahren, denn Jenson Button kam nur wenige Sekunden hinter dem jungen Dänen als Vierter ins Ziel. Zwar ist es nach dem ersten Rennen schwer Vorhersagen für den künftigen Saisonverlauf zu treffen, doch nach einem von 19 Rennen führt McLaren die Team-Wertung an und nach der eher schwachen Performance im Vorjahr sorgt dieser Sachverhalt sicherlich für zusätzliche Motivation beim britischen Traditions-Team.

Weniger erfreuliche Nachrichten gibt es bei Ferrari: Die Scuderia hatte das gesamte Rennen über mit Problemen an beiden Fahrzeugen zu kämpfen und zeigte sich nach dem Saisonauftakt eher missmutig. Für Kimi Räikkönen lief es bereits im gestrigen Qualifying alles andere als optimal und der unnötige Rutscher in die Mauer sorgte für Kopfschütteln bei den Italienern. Das Rennen des Finnen begann zunächst vielversprechend, denn Räikkönen erwischte einen guten Start und arbeitete sich im Feld nach vorn. Doch bereits nach wenigen Runden wurde deutlich, dass der Finne noch immer mit dem Handling seines neuen Arbeitsgerätes zu kämpfen hat.

Räikkönen musste sich im Duell mit Williams-Piloten Bottas geschlagen geben und war über die gesamte Renndistanz in Zweikämpfe mit den Toro Rosso-Piloten Jean-Eric Vergne und Daniil Kwjat verwickelt. Wie schwierig der Ferrari zu fahren sein muss, konnte man daran sehen, dass der Finnen extrem viel am Lenkrad arbeiten musste und eher um den Kurs driftete als fuhr. Platz acht war das Beste, was der Finne erreichen konnte.

Auch für Fernando Alonso lief es nicht besser. Insbesondere in der Startphase des Rennens hatte der Spanier mit seinem Boliden zu kämpfen und steckte dann rundenlang hinten Force India-Piloten Nico Hülkenberg fest, der sich auf P4 wie ein Löwe verteidigte und den Doppel-Weltmeister hinter sich halten konnte. Erst nach dem Boxenstopp von Hülkenberg fand Alonso den Weg vorbei an dem Deutschen und blieb vor seinem eigenen letzten Stopp vor dem Force India-Piloten und überquerte die Ziellinie als Fünfter. Doch wie Räikkönen hatte auch Alonso mit Bremsproblemen zu kämpfen. Zwar zeige der Spanier, dass der Ferrari auch schnell ist, doch wenn zwei erstklassige Piloten wie Alonso und Räikkönen sich mit einem Boliden so schwer tun, dann muss ganz klar etwas verändert werden.

Verändertes Mittelfeld sorgt für Furore

Wenn die neue Formel 1 eines ist, dann eng. Unter den besten Zehn befanden sich sieben verschiedene Teams – eine Mischung, die in den letzten Jahren oft vermisst wurde. Neben Mercedes und McLaren bewiesen vor allem die Toro Rosso-Piloten Vergne und Kwjat, dass das Red Bull Junior-Team den Weg zurück ins obere Mittelfeld gefunden hat. Doch auch der Williams scheint stark unterwegs zu sein und kann es locker mit den Ferraris von Alonso und Räikkönen aufnehmen. Doch auch Hülkenberg im Force India wird in dieser Saison häufig in der Top-10 unterwegs zu sein, denn auch dem Force India fehlt es nicht an Leistung.

Die großen Problemkinder der F1 2014 scheinen die Renault-gepowerten Teams zu sein, allen voran Lotus und Red Bull. Daniel Ricciardo konnte im Red Bull zwar einen überragenden zweiten Platz herausfahren, doch der junge Australier zeigte sich davon genauso überrascht wie Team-Chef Christian Horner. Das frühe Aus von Vettel zeigt, dass Red Bull noch einiges an Arbeit vor sich hat. Schon im Qualifying waren die Lotus-Piloten Roamin Grosjean und Pastor Maldonado auf den beiden letzten Plätzen und auch im Rennen lief es nicht besser. Für Maldonado kam das Aus bereits ziemlich früh und gegen Ende des Rennens war der Saisonauftakt auch für seinen französischen Teamkollegen Grosjean gelaufen. Bei dem Team aus Enstone wird also weiterhin Frust geschoben.

Fazit nach dem Großen Preis von Australien: Die neue Königsklasse macht richtig Laune! Zwar ist der Sound der neuen V6-Turbomotoren noch immer etwas ungewohnt, doch die Action auf der Rennstrecke und die geringen Abstände zwischen den einzelnen Teams machen den Sound-Verlust mehr als wett. Wenn es in 14 Tagen in Malaysia weitergeht, können sich die F1-Freunde zweifellos wieder auf ein großartiges Rennen freuen.

Das Rennen im Überblick

Mann des Rennen: Valtteri Bottas. Der finnische Williams-Pilot zeigte eine der besten Performances im Rennen und hätte ohne seinen selbstverschuldeten Mauerkuss sicherlich auf dem Podium gestanden.

Pechvogel des Rennens: Felipe Massa. An Bottas’ Leistung konnte man klar erkennen, dass der Williams Top-5-Potenzial hat. Leider konnte Felipe Massa sich von dieser Leistung nicht selbst überzeugen, denn bereits nach wenigen Metern wurde er von Caterham-Piloten Kamui Kobayashi abgeschossen und musste das Rennen von da an aus der Box verfolgen.

Überraschung des Rennens: Kevin Magnussen. Der McLaren-Neuling stand gleich in seinem ersten Rennen in der Königsklasse auf dem Podium und deklassierte das gesamte Wochenende über seinen erfahrenen Teamkollegen Jenson Button.

Text: Antonia Grzelak - motorsport-xl.de
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