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24h Daytona
01.02.2014

Der Teamaufwand lohnt sich für „Action Express Racing“

Die diesjährige Ausgabe des 24-Stunden-Rennens von Daytona zeigte wieder einmal ausdrücklich die Popularität des Langstreckenevents der Spitzenklasse und dessen Fähigkeit, die Zuschauer bis zum Fallen der Zielflagge mitfiebern zu lassen. Wieder einmal wurde hervorgehoben, dass es keinen Ersatz für eine vollendete und ausgiebige Vorbereitung gibt.

Außerdem wurde die Bedeutung einer Kombination aus vereinten Fähigkeiten, Entschlossenheit, Schnelligkeit und Erfahrung der Fahrer aufgezeigt. Action Express Racing (AER) mit dem Brasilianer Christian Fittipaldi, dem Franzosen Sébastien Bourdais und dem Portugiesen João Barbosa konnte mit dem #5 Chevrolet Corvette DP den Gesamtsieg einfahren. Der Vorsprung war mit eineinhalb Sekunden wieder sehr gering, denn der kompakte Daytona International Speedway ist dafür bekannt, die Führung bis zum allerletzten Moment offen zu lassen.

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Eine neue Ära, ein erbitterter Kampf

Die 52. Ausgabe des Rolex 24 At Daytona, die am Wochenende des 25. und 26. Januars stattfand, war der Vorbote für einen Neubeginn von nordamerikanischen Sportautorennen. Daytona war das erste Rennen der United SportsCar Championship (USCC), die letztes Jahr die Grand-AM und die American Le Mans Serien miteinander verband, um das erste Mal seit mehr als 15 Jahren eine einheitliche Sportauto-Serie in den USA zu schaffen. Zum Ergebnis hatte dies ein dicht gedrängtes Teilnehmerfeld von 67 Autos, verteilt auf vier Klassen, wobei dieses teilweise den kompletten, 3,56 Meilen langen Kurs zu füllen schien. Diese außergewöhnlich starke Startaufstellung war mit Fahrertalenten aus der ganzen Welt gespickt. Das Interesse der Medien und Zuschauer war dadurch noch stärker, sodass das Infield das ganze Wochenende mit Menschen überfüllt war, die den Sonnenschein in Florida genossen, während ein großer Teil der USA unter der Hand eines eiskalten Polarwirbels gefangen war.

Joie Chitwood III, Präsident des Daytona International Speedway, entfachte die Flammen der Erwartung bereits vor dem Start, indem er bemerkte, dass seine Organisation „mehr Aufwand als je zuvor für dieses Event betrieben hat.“ Jim France, Vorstand der International Motorsports Association (IMSA), dessen Vater in den 50er Jahren die Weitsicht hatte, den Speedway zu bauen, erkannte die Bedeutung des Rennens im professionellen Motorsport: „Neben dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans und dem Indy 500 ist dies das Rennen, das deine Karriere auszeichnet. Es ist eines der großen Motorsportrennen, das die meisten Bürger in ihren Top Ten auflisten würden. Aus Fahrersicht ist es eine richtig große Sache, hier mitzumachen und die Möglichkeit zu haben, zu gewinnen.“

Das eigentliche Rennen hatte von allem etwas: eine spektakuläre Auswahl an großen Automarken – Audi, Aston Martin, BMW, Chevrolet, Ferrari, Ford, Nissan, Viper (Chrysler) und natürlich Porsche, dessen Sieg in der GT Le Mans-Klasse der 76. Klassensieg in Amerikas ikonischem Langstrecken-Rennen zur Folge hatte. Außerdem bot das 24-Stunden-Rennen in der letzten Stunde ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das die Resultate in drei Klassen bis wenige Sekunden vor Rennende offen ließ. Dazu kamen ein entsetzlicher Unfall, wobei ein Fahrer mit schweren (zum Glück nicht lebensgefährlichen) Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden musste und eine umstrittene Entscheidung der Rennkommissare. Nicht zu vergessen einige andere oktangefüllte Momente, als die Autos auf den Geraden Geschwindigkeiten über 190 Meilen pro Stunde (305 km/h) erreichten.

Ein Mannschaftsspiel

Jeder hebt hervor, dass die Arbeit vor dem Rennen der Schlüssel zum Erfolg in einem Rennen ist. Paul Gentilozzi, Sieger im Jahre 1994 und nun Teamchef von RSR Racing, sagt dazu: „Es ist der ultimative Test in Bezug auf Vorbereitung, Strategie und Disziplin.“ Bob Johnson, Besitzer des AER-Siegerteams: „Der Start in diese neue Saison war eine große Herausforderung, denn es gab viel zu lernen und zu überwinden. Jedes Team arbeitet sehr hart, aber ich glaube, dass man für die Arbeit, die man hineinsteckt, belohnt wird. Wir haben vor dem Rennen viel gesprochen und sichergestellt, dass jeder Einzelne in unserem Team bereit war, das Beste zu geben.“

Am Ende des Rennens gab Johnson zu, dass aufgrund der guten Vorbereitung das diesjährige Rennen ihm nicht so schwierig wie in den vorangegangenen Jahren vorkam, auch wenn er sich in den 24 Stunden nicht sicher war, wie sich gewisse Elemente entwickeln würden. Der Teil der Vorbereitung, der ihn wirklich erfreut hat, war sein Fahrer Line-Up: „João (Barbosa) und Christian (Fittipaldi) haben ein Jahr wirklich gut zusammengearbeitet. Es war schwer, den dritten Fahrer zu finden und es hat einige Zeit gekostet. Ich habe nach Jemandem gesucht, der gut mit anderen Leuten auskommt, den Job ernst nimmt – aber auch nicht zu ernst. Ich habe Sébastien etwas spät gefunden. Wie sich jedoch herausstelle, war er nicht nur auf der Rennstrecke phänomenal, sondern passte generell perfekt ins Team.“

Langstrecken-Rennfahrer agieren außerhalb der natürlichen Komfortzone eines professionellen Motorsport-Fahrers. Sie werden gezwungen ihre Egos an den „Nagel zu hängen“, bevor sie einem Motorsportteam beitreten und eng mit anderen Rennfahrern zusammenzuarbeiten, die unter anderen Umständen ihre Konkurrenten sind. Der gegenseitige Respekt ist stark vorhanden und es wird ein enges Arbeitsverhältnis geschaffen. Es besteht eine Kombination aus Rennfahrer-Fähigkeiten mit purem Talent, Geschwindigkeit mit Beständigkeit und Kenntnis über das Auto mit Vertrautheit im Umgang mit der Strecke. Während eines 24-Stunden-Rennens gibt es keinen Platz für Primadonnen oder Einzelgänger, denn die Fahrer teilen untereinander kontinuierlich Ratschläge und Erfahrungen.

Diejenigen, die ähnlich erfolgreich sind wie das Line-up des AER-Prototypen, können dies bestätigen. So erklärt Nick Tandy, Fahrer des GTLM-Siegerautos Porsche 911, dass er sein Team erst vor drei Wochen getroffen hat und sie dennoch sehr gut harmonieren und zusammenarbeiten: „Als wir zum Test kamen, waren wir alle mehr oder weniger fremd untereinander. Dennoch sind wir nun am Ende des Wochenendes die Champions. Das zeigt, was jeder im Team für einen guten Job gemacht hat.“ Sein Co-Fahrer Richard Lietz, Sieger im Jahr 2012, war ebenso beeindruckt: „Wir sind ein sehr junges Team. Wir kamen vor einer sehr kurzen Zeit erstmals zusammen.“ Der Porsche North America hatte nach einem entschlossenen Kampf mit dem BMW Z4 des Teams RLL eine halbe Sekunde Vorsprung auf der Ziellinie.

Verkehrsprobleme

Die unterschiedliche Startaufstellung und der daraus folgende Stau auf der Strecke stellte laut dem Großteil der Fahrer das größte Problem dieses Jahr dar. Ein Unfall, der aufgrund des hohen Verkehrs kurz vor dem Sonnenuntergang am Samstagabend geschah, drohte einen tiefen Schatten über das Rennen zu werfen. Memo Gidley, der für das nach dem Qualifying führende Team Gainsco / Bob Stalling Racing fuhr, wich von der Linie ab, um ein langsameres Auto zu überholen, erreichte dabei fast die Höchstgeschwindigkeit und fuhr mit voller Wucht in Matteo Malucellis nahezu parkenden Ferrari. Gidley brach sich den Rücken, seinen linken Arm, sein linkes Bein und sieht sich einer langen Genesungszeit entgegen. Malucelli hatte großes Glück und konnte fast unverletzt entkommen.

Kopf an Kopf

In der mit 29 Autos größten Klasse, der GT Daytona-Klasse, war der Wettbewerb wahrhaftig hart. Im Qualifying lagen die ersten 20 Autos alle innerhalb einer Sekunde zusammen. Die ersten beiden, die das Rennen beendet haben, lagen bei der Startaufstellung 13 Plätze auseinander. Der Sieger-Ferrari 458 von Level 5 Motorsport führte den Großteil des Rennens. Eine Serie von Zwischenfällen am Ende des Rennens brachte das Wettbewerberfeld jedoch wieder näher zusammen. 10 Minuten vor Schluss sorgte eine letzte gelbe Flagge dafür, dass Markus Winkelhock in seinem #45 Flying Lizard-Audi R8 dem Rückspiegel des Ferraris von Alessandro Pier Guidi näher rückte.

Die beiden Autos schienen ineinander verbissen und kämpften um jeden Zentimeter. Ein Kontakt in der Schikane ein paar Runden vor Schluss führte dazu, dass die Aufhängung des Audi Schaden nahm. Winkelhock gelang es, den Kampf aufrechtzuerhalten, bis ein weiterer Zwischenfall ihn eine halbe Runde vor dem Ende des Rennens auf das Gras zwang. Die #555 fuhr weiter voran und siegte mit einem Vorsprung von 1,3 Sekunden. Im Eifer des Gefechts gab es anfangs von den Offiziellen eine Strafe für den Ferrari, die den Audi auf den ersten Platz beförderte, weil es aussah, als ob der Kontakt vermeidbar gewesen wäre. Nach einer genauen Überprüfung der Umstände wurde die die Strafe vier Stunden später widerrufen, sodass das Level-5-Team wieder an der Spitze des Podiums stand.

Jeff Segal, der Fahrer der #555 war begeistert, zollte seinem Team Anerkennung: „Dieses Rennen hat mir alles bedeutet, denn ich bin in Amerika mit Sportautorennen aufgewachsen. Das Rolex 24 ist das Rennen. Es ist das prestigeträchtigste Rennen. Dieses Rennen mit einem Team wie Level 5 und diesem Fahrer Line-up zu gewinnen ... es ist unglaublich. Es war ein phänomenales Rennen.“ Unter den Siegerteams in der Gesamtwertung und den individuellen Klassen herrschte Einstimmigkeit: der Kollektivgeist und die harte Arbeit vor und während des 24-Stunden-Rennens machen bei einem Event wie Daytona den Unterschied, bei dem der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg sehr schmal ist. Im nächsten Jahr findet das Rolex 24 At Daytona am 24. und 25. Januar 2015 statt.

Die 24 Stunden von Daytona 2014 in Zahlen
  • 67 Autos gingen an den Start, 52 Autos waren nach 24 Stunden noch im Rennen
  • Fahrdistanz des Siegerautos: 695 Runden / 2.474,2 Meilen
  • Durchschnittsgeschwindigkeit des Siegerautos: 103,08 Meilen pro Stunde
  • Führungsrunden des Siegerautos: 297
  • Vorsprung des Siegerautos: 1,461 Sekunden
  • Schnellste Rennrunde: 1:39,180 in Runde 209 gefahren von der #5 (Sébastien Bourdais)
  • 17 Runden unter gelber Flagge, 1 rote Flagge
  • Längste Periode unter gelber Flagge: 1 Stunde 25 Minuten aufgrund eines Unfalls
  • 2. Gesamtsieg von Action Express Racing bei fünf Versuchen
  • 2. Gesamtsieg für Christian Fittipaldi (davor 2004)
  • 2. Gesamtsieg für João Barbosa (davor 2010)
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