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Rallye Allgemein
23.07.2013

Gartzen / Eichenauer wollen in Deutschland punkten

Die Strecke vom Kölner Dom zur berüchtigten Panzerplatte des legendären Truppenübungsplatzes in Baumholder ist keineswegs eine Pilgerfahrt, sondern beschreibt in groben Zügen den Verlauf des WM-Laufs der ADAC Rallye Deutschland. Deutschlands größte und zugleich bedeutendste Rallye behält ihr Quartier zwar in Trier, startet aber erstmals in der Medien- und Domstadt Köln.

Dort geht es am Donnerstag, den 22. August, ab 16 Uhr vom Roncalli-Platz nahe des Doms nach Blankenheim, wo ab 17:53 Uhr die Erste von insgesamt 16 Wertungsprüfungen (WP) mit insgesamt rund 380 Kilometern auf Bestzeit gestartet wird. Nach der WP Sauertal (19:58 Uhr) begeben sich die Teams zur Übernachtungspause nach Trier. Von dort geht es am Freitag mit den WPs Mittelmosel (10:43 Uhr / 16:12 Uhr), Moselland (11:31 Uhr / 17 Uhr) und Grafschaft (12:24 Uhr / 17:53 Uhr) in zwei Schleifen durch die Weinberge der Mosel. Zielankunft ist ab 20:26 Uhr in Trier.

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Nach dem Restart am Samstagmorgen um 7 Uhr stehen weiter südlich mit den WPs Stein und Wein (8:03 Uhr / 14:25 Uhr), Peterberg (9:06 Uhr / 15:28 Uhr) und Arena Panzerplatte (10:29 Uhr / 16:51 Uhr) weitere Höhepunkte auf dem Tagesplan. Insbesondere die Königsprüfung Panzerplatte, mit 41 Kilometern die längste der gesamten Rallye, dürfte wieder Tausende Zuschauer in ihren Bann locken. Ab 20:09 Uhr wird das erste Auto im Zwischenziel auf dem Trierer Viehmarkt erwartet. Am Sonntagvormittag stehen mit den beiden Durchgängen in Dhrontal die letzten gezeiteten Kilometer auf dem Programm. Für die 24 Teams des ADAC Opel Rallye Cup, die rund um Trier ihren fünften Lauf ausfahren, ist bereits am Samstagabend Schluss. Dabei war die Rallye Deutschland bei der Nachwuchsserie zunächst nicht geplant. Weil die 140 PS starken Opel Adams zum geplanten Saisonstart im März im Saarland jedoch nicht rechtzeitig fertig wurden, entschied man sich nachträglich für den den deutschen WM-Lauf als Ersatz.

Dennoch haben die Opelaner an drei Tagen 330 anspruchsvolle Kilometer gegen die Uhr vor entsprechender Zuschauerkulisse und auch Fachleuten vor sich; auch Sebastian von Gartzen / Marcel Eichenauer (Wehrheim / Ruhla). In den bisherigen vier Läufen erwiesen sich die Beiden vom ADAC Hansa als bewährte Konstante und damit Punktesammler. Die Umstellung von der Rundstrecke in den Rallyesport ist dem 20-jährigen von Gartzen als Neuling größtenteils gelungen. Nun stehen für von Gartzen / Eichenauer beim prestigeträchtigen Klassiker im Südwesten die Top-Ten innerhalb der Juniorwertung des ADAC Opel Rallye Cup als Krönung neben weiteren Erfahrungen an. Zur möglichst optimalen Vorbereitung steht Anfang August ein Testtag auf einer der WM-Strecken der „Deutschland“ an. Ob die Halbzeitmeister im Cup, Markus Fahrner / Michael Wenzel (Winnenden / Mehlingen), ihre Vormachtstellung weiter behaupten und ausbauen können, wird sich ebenfalls zeigen.

Beim Kampf um den Gesamtsieg sind die Chancen für einen deutschen Teilerfolg relativ groß. Die Franzosen Sebastien Ogier / Julien Ingrassia gewannen im VW Polo WRC in dieser Saison fünf von sieben WM-Runden und gelten als Favoriten für den Gesamtsieg rund um Trier. Lediglich in Monte Carlo und Argentinien gewannen die aktuellen Weltmeister Sebastien Loeb / Daniel Elena (Frankreich / Monaco) im Citroen. Die neunfachen Deutschland-Sieger sind diesmal jedoch nicht dabei, sondern geben bei der Rallye Frankreich Anfang Oktober ihre Abschiedsvorstellung von der WM-Bühne.

Chronist Heiko Schäfer sprach mit Sebastian von Gartzen (20) aus Wehrheim über den bisherigen Saisonverlauf im ADAC Opel Rallye Cup, die Zusammenarbeit mit seinem Beifahrer und die Anspannung beim deutschen Lauf zur Rallye-WM im August in Trier.

Herr von Gartzen, wie sieht Ihre persönliche Zwischenbilanz nach vier Läufen im ADAC Opel Rallye Cup aus?
Sebastian von Gartzen: „Soweit bin ich zufrieden. Wir sind, bis auf wenige kleine Fehler, bei allen vier Läufen immer angekommen und konnten uns von Rallye zu Rallye steigern. Es war für uns von Anfang an klar, dass wir bei diesem sehr stark besetzten Feld nicht von Beginn an vorne mitfahren werden. Auf einzelnen WPs haben wir gezeigt, dass die Top-Ten für uns machbar sind. Wie ich schon vor Beginn der Saison gesagt habe, mache ich mir bezüglich der Platzierungen keinen Druck. Ich bin der Jüngste mit den wenigsten Erfahrungen. Klar setze ich mir auch Ziele für die Saison. Nach den letzten Rallyes in Stemwede und Niedersachsen möchte ich mindestens bei einer der nächsten Rallyes unter den Top-Ten ankommen. Das ist ein hochgestecktes Ziel bei dem Teilnehmerfeld, aber ich weiß, dass es möglich ist, wenn alles passt. Oberste Priorität ist aber weiterhin, dass wir keine Unfälle bauen und konstant Punkte sammeln.“

Als ehemaliger Rundstreckenfahrer mussten Sie sich auf Ihr Fahrzeug und die Strecke konzentrieren. Nun auch auf die Ansagen und die Zusammenarbeit mit Ihrem Beifahrer Marcel Eichenauer. Haben Sie sich schon umgewöhnt oder ist es immer noch gewöhnungsbedürftig?
Sebastian von Gartzen: „Nein, da habe ich mich mittlerweile komplett daran gewöhnt. Zu Beginn im Erzgebirge war es etwas seltsam beim Fahren ständig was ins Ohr geplappert zu bekommen. Aber das war ja auch meine allererste Rallye überhaupt. Die Zusammenarbeit mit Marcel klappt super und wir verstehen uns auch neben der Strecke sehr gut. Das war mir von Anfang an sehr wichtig, nicht nur einen guten Beifahrer zu haben mit Erfahrung, sondern dass man auch menschlich auf einer Wellenlänge ist. Meinen Aufschrieb probiere ich von mal zu Mal zu verfeinern. Dort ist aber auf jeden Fall noch eine Menge zu lernen.“

Was gefällt Ihnen gut und weniger gut an Ihrem Opel Adam?
Sebastian von Gartzen: „Es gibt eigentlich nichts, was mir an diesem Auto nicht gefällt. Ob es das sequentielle 5-Gang-Getriebe ist oder der Motor. Alles ist sehr gut aufeinander abgestimmt und vor allem zuverlässig. Die Verarbeitung im Innern ist auch äußerst hochwertig. Wie gesagt, mir fällt nichts ein, was ich an diesem Auto auszusetzen hätte. Lediglich der erste Gang, der bis Tempo 80 geht, könnte ein wenig kürzer sein. Aber das ist für alle gleich und man gewöhnt sich daran.“

War der Einstieg in den Rallyesport die richtige Entscheidung?
Sebastian von Gartzen: „Absolut. Ich bin froh, dass wir diesen Schritt gemacht haben. Natürlich ist es nicht einfach, von der Rundstrecke in den Rallyesport zu wechseln, aber es gab auch keine andere Alternative. Die meisten Menschen können sich gar nicht vorstellen, was der Motorsport kostet. Leider ist es nicht so wie im Fußball oder Tennis, wo man sich nur das Material, sprich Schläger und Schuhe, kaufen muss und dann kann es los gehen. Der Aufwand in der Rallye ist aber immer noch wesentlich überschaubarer, als etwa in der Formel Renault oder anderen Rundstreckenserien. Der finanzielle Aspekt ist leider sehr entscheidend im Motorsport. Deshalb bin ich dankbar, dass ich Sponsoren wie dem Ingenieurbüro Daeges, KCS Knab und Autoteile Truka habe, die mich unterstützen.“

Gibt es etwas was Sie vermissen oder ändern würden?
Sebastian von Gartzen: (grinst) Mir fehlen die Grid-Girls ein wenig.“

Ist der Pulsschlag vor und während des WM-Laufs Rallye Deutschland im August höher als sonst?
Sebastian von Gartzen: „Nein, der ist genauso wie sonst immer. Die Rallye Deutschland ist zwar die größte Rallye hier, aber ich probiere wie sonst auch immer, mein Bestes zu geben. Mit drei Tage non-stop fahren wird es körperlich und mental sehr hart. Aber ich freue mich sehr auf diese Rallye. Rund 200.000 Zuschauer waren letztes Jahr dort – Gänsehaut garantiert.“

Mal angenommen, Sie bekämen ein Angebot ins Profilager zu wechseln. Würden Sie es annehmen gegen einen ,,gutbürgerlichen“ Beruf?
Sebastian von Gartzen: „Ich würde es sofort annehmen. Mein Ziel war und ist von Anfang an gewesen, irgendwann Motorsport auf höchstem Level zu betreiben, sprich Profisport.“
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