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Kartsport Allgemein
04.10.2012

Streckensprecher Michael Martick ist tot

Mit großer Bestürzung hat die Redaktion von Motorsport XL erfahren, dass Michael Martick verstorben ist. Der bekannte Streckensprecher starb plötzlich und unerwartet. Martick wurde 64 Jahre alt.

Michael Martick war sowohl im Kartsport, als auch im großen Motorsport zu Hause. Mit seiner unverkennbaren Stimme und seinen lebendigen Moderationen war er eine Bereicherung für jede Veranstaltung. Sein Einsatz für den Sport ging oftmals über den Sprecherturm hinaus. Sein sympathischer Umgang mit Fahrern, Teilnehmern und Offiziellen machte ihn zu einer beliebten Persönlichkeit im Fahrerlager.

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Die Redaktion von Motorsport XL drückt den Freunden und Familie ihr tiefstes Beileid aus. Die Trauerfeier findet am 11. Oktober 2012 um 11.00 Uhr in der Laurentius Kirche in Bergheim-Quadrath statt.

Nur wenige Wochen vor Michael Marticks Tod gab uns der begeisterte Motorsportler ein großes Interview, das man in der aktuellen Ausgabe von Motorsport XL nachlesen kann. In Gedenken an eine große Stimme, veröffentlichen wir den Bericht hier. Danke Michael, dass du uns mit deiner Leidenschaft bereichert hast!

Interview nachzulesen in der Ausgabe 10/2012 von Motorsport XL



Michael Martick: „Ich bin Streckensprecher aus Leidenschaft“

Einer der wohl bekanntesten deutschen Stimmen an der Rennstrecke, egal ob im Kart- oder auch im Automobilsport, gehört dem 64-jährigen Michael Martick. Seit Mitte der 70er Jahre ist er im Motorsport unterwegs und betreibt seine Berufung als Moderator seit Mitte der 90er mit Leib und Seele. Der Ursprung seiner Karriere liegt auf der Kartstrecke in Kerpen, die bekanntlich schon so manchen Motorsportbegeisterten groß herausgebracht hat.

Michael, hast du selbst aktiv Motortsport betrieben?
„Ja, Anfang der 70er Jahre bin ich beim Langstreckenpokal auf dem Nürburgring mit einem Porsche 914-6 an den Start gegangen. Nachdem dieser dann keine Homologation mehr bekam, habe ich mir einen Audi 50 gekauft und bin damit vier Jahre lang bei der Langstreckenmeisterschaft und dem 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife an den Start gegangen. Nachdem ich eine Familie gegründet habe, war es dann vorbei mit dem Motorsport.“

Wie lange bist du schon als Streckensprecher aktiv?
„Ich habe Mitte der 90er, auf der Kartbahn in Kerpen, mein erstes Rennen kommentiert.“

Warum wolltest du Streckensprecher werden?
„Ich war der Überzeugung, dass ich ein besserer Sprecher als der war, der zur damaligen Zeit im Einsatz war. Beim nächsten Rennen auf der Strecke in Kerpen, stand ich dann sichtlich nervös in der Sprecherkabine und habe das Rennen kommentiert. Natürlich war mir dabei mein Hintergrundwissen und meine kräftige Stimme eine große Hilfe. Heute bin ich der Überzeugung, dass es keinen Posten auf der Rennstrecke gibt, bei dem man so hautnah am Geschehen ist und doch relative Freiheiten genießen kann, wie der des Streckensprechers. Ein Amt wie der Posten des Technischen Kommissars wäre von daher keine Option für mich.“

Wie wird man Streckensprecher? Braucht man eine Ausbildung?
„Es gibt keinen offiziellen Weg, um den Posten des Streckensprechers zu erlangen. Man muss halt nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Wichtig ist, die Sache muss einem Spaß machen. Ein gewisses Hintergrundwissen und natürlich eine geeignete Stimme sollte man ebenfalls haben.“

Moderierst du die Rennen nur auf deutsch oder gibt es Veranstaltungen, bei denen du dich beispielsweise der englischen Sprache bedienen musst?
„Ab und zu halte ich schon Ansprachen auf englisch, dennoch mache ich das nicht häufig. Ich habe mir die Grundbegriffe selbst auf der Rennstrecke angeeignet. So kann ich beispielsweise eine Siegerehrung auf englisch sprechen oder ein Interview führen. Grundsätzlich moderiere ich aber auf deutsch.“

Ist der Beruf des Streckensprechers deine Haupttätigkeit?
„Nein. Es ist und war immer ein Hobby und bei meinen ersten Einsätzen in Kerpen habe ich sogar für «lau» gearbeitet. Es ist einfach schön auf die Rennstrecke zu kommen, Freunde zu treffen und das ganze mit einer sinnvollen Tätigkeit zu verknüpfen.“

Hattest du ein Vorbild als Streckensprecher?
„Mein Vorbild war immer Jochen Luck, auch genannt «The Voice». Ich war begeistert wie dieser Mann die Formel 1 und die Sportwagen moderierte. Er ist sicherlich immer noch ein großes Vorbild für viele Sprecher.“

Wie bereitet sich der Streckensprecher für den Tag vor und woher nimmt man die Hintergrundinformationen zu den Fahrern?
„Durch Gespräche im Fahrerlager und vorherige Recherche im Internet erfährt man schon sehr viel. Wenn dann doch einmal ein neuer Fahrer an den Start geht, so scheue ich mich nicht davor diesen zu fragen, wo er herkommt oder wie lange er schon den Sport betreibt.“

Welche Ausrüstung benötigt ein Streckensprecher bei einem Rennen?
„Die wichtigsten Utensilien sind ganz klar mein Fernglas, mein Kugelschreiber und die Starterlisten. Natürlich kann man beim moderieren heutzutage nicht mehr auf einen Monitor mit Livetiming verzichten. Dass es ohne Mikrofon unmöglich ist zu moderieren, versteht sich ja von selbst. Außerdem gehört ein Funkgerät zur Ausrüstung, um mit der Organisation kommunizieren zu können.“

Nicht selten sieht man dich auch auf großen Rennstrecken, bei denen du diverse Tourenwagen- und Sportwagenrennen moderierst. Wie kam es dazu, dass du deine Einsätze im Kartsport auch in den Autorennsport ausgeweitet hast?
„Egon Meurer aus der Sportabteilung des ADAC, den ich lange Zeit kannte, kam eines Tages auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich nicht Lust daran hätte, die Youngtimer Trophy zu moderieren. Ich habe natürlich zugesagt. Nach gut zehn Jahren habe ich dann damit aufgehört und mich mittlerweile anderen Serien gewidmet.“

Auf welchen Veranstaltungen im Kart- und Tourenwagensport bist du tätig?
„Neben der Deutschen Kart Meisterschaft, der Europameisterschaft und zahlreichen nationalen Veranstaltungen im Kartsport, findet man mich auch auf der DMV TCC und dem AvD race weekend. Gerne würde ich noch einmal wie in damaligen Zeiten das Mofa-Rennen in Liedolsheim moderieren. Auch habe ich früher beim legendären 24 Stunden-Rennen auf dem Nürburgring sowie bei einigen großen Indoor-Kartveranstaltungen den Posten des Streckensprechers übernommen.“

Gefällt dir der Einsatz bei Tourenwagen-Rennen oder im Kartsport besser?
„Die Action bei einem Kartrennen ist nicht zu übertreffen. Jede Sekunde passiert etwas anderes und ständig wechselnde Positionen bestimmen das Rennen und halten die Spannung aufrecht. Daher bin ich lieber im Kartsport unterwegs. Doch auch die Tourenwagen haben etwas faszinierendes an sich. Der Sound und die tollen Strecken. Ich freue mich auf jedes Rennen.“

Auf welchen Rennstrecken bist du am liebsten unterwegs?
„Ich mag alle Strecken, auch wenn jede Bahn ihre Vor- und Nachteile hat. Natürlich gibt es gerade im Kartsport Strecken, die für den Sprecher eher ungeeignet sind, weil man sie nicht komplett einsehen kann. Hier muss man sich dann zu helfen wissen. Das Arbeiten auf den großen Rundkursen wie dem Nürburgring macht mir viel Spaß. Hier steht einem oftmals modernstes Equipment wie Streckenkameras zur Beobachtung des Geschehens zur Verfügung.“

Unterscheiden sich Kart- und Rennsporteinsätze?
„Im Kartsport muss man die ganze Zeit hochkonzentriert sein. Die Tourenwagen sind da etwas träger. Das ist durchaus nicht negativ gemeint, aber die Positionswechsel im Kart sind doch wesentlich rasanter.“

Als Streckensprecher musst du sicherlich stets neutral bleiben. Wie schwer ist es, dies im Renngeschehen umzusetzen?
„Es ist sehr schwer neutral zu bleiben und in vielen Fällen sage ich auch schon Mal meine Meinung. Es ist ein Hobby, wäre ich Berufssprecher, so müsste ich wesentlich neutraler bleiben.“

Was unterscheidet den Sprecher von früher und heute?
„Da gibt es klare Unterschiede. Früher war es deutlich schwieriger alles im Auge zu behalten. Man musste die Runden selber mitschreiben. Heute helfen dir Livetiming und Viedeobilder auf dem Monitor.“

Was gefällt dir an deinem Amt?
„Am meisten gefällt mir, dass ich die Rennen hautnah miterleben darf. Im Aufgabenbereich des Streckensprechers gibt es nichts, was ich nicht gerne mache. Ich bin mit Leib und Seele dabei. Was mir jedoch gerade am Kartsport nicht gefällt, ist die Tatsache, dass es immer mehr Leute gibt die lediglich im Firmeninteresse und aus Profitgründen an den Veranstaltungen teilnehmen.“

Was ist dir in deiner Laufbahn als Streckensprecher in Erinnerung geblieben?
„Etwas Positives bleibt bei jedem Rennen hängen. Es gibt keine Veranstaltung, bei der ich sagen würde, dass alles schlecht gelaufen ist. Negativ wird mir immer der Tod von Thomas Knopper in Erinnerung bleiben. Ein weiterer Punkt sind die Überlagerungen großer Rennveranstaltungen, die den Kartsport zunehmend splitten. Selbiges gilt auch für die Politik verschiedener Verbände und Vereine, die oftmals gegeneinander statt miteinander arbeiten.“

Was zeichnet einen guten Streckensprecher aus?
„Ein Streckensprecher benötigt eine gewisse Schlagfertigkeit und Hintergrundinfos zu den Fahrern. Doch am allerwichtigsten ist der Spaß an der Sache. Wenn man dann noch eine einigermaßen gute Stimme hat, so ist man geeignet für den Posten.“
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