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Formel 1
21.07.2011

Renault Sport F1 hat ein halbes Heimspiel

Der 5,148 Kilometer lange Grand Prix-Kurs ist für Renault ein gutes Pflaster: Bereits fünf Mal siegten Piloten mit Power aus dem Renault Motorenzentrum in Viry-Châtillon. Den ersten dieser Siege erzielte Michael Schumacher 1995 noch mit dem legendären V10 im Heck des Benetton-Renault. 2009, beim jüngsten Formel 1-Gastspiel in der Eifel gewann Mark Webber im Red Bull-Renault.

Der Nürburgring aus Motorensicht

1. Sektor: Nach der Start-Ziel-Linie folgt eine lange Gerade bis zur ersten Kurve, dem Yokohama-S – eine Haarnadelkurve, die im zweiten Gang durchfahren wird. Hier fällt die Motordrehzahl auf 9.500 Touren ab. Danach folgt die Mercedes-Arena, eine Zweite-Dritte-Gang-Passage mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 100 km/h. In diesem Abschnitt muss die Motorbremse am Kurveneingang gut funktionieren, während am Kurvenausgang eine optimale Traktion gefragt ist. Das Ansprechverhalten des Triebwerks sollte ebenfalls stimmen, damit der Fahrer am Ausgang der Arena auf der kurzen Geraden gut beschleunigen kann. Diese Gerade führt direkt auf Kurve 5 zu, wobei die Boliden vor dem Bremspunkt 268 km/h erreichen.

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2. Sektor: Kurve 5 ist eine schnelle Links, die im vierten Gang durchfahren wird und an die sich direkt Kurve 6 anschließt – ein Dritter-Gang-Rechtsknick. Danach heißt es wieder „voll aufs Gas“ bis zur nächsten harten Anbremszone für die Dunlop-Kehre, eine lang gezogene Rechtskehre. Sie wird, ebenso wie Kurve 1, im zweiten Gang durchfahren, wobei die Motordrehzahl auf etwa 10.500 Touren abfällt. Hier benötigt der Fahrer wiederum einen Motor mit gutem Ansprechverhalten, um auf der Geraden bis zu Kurve 8 und 9 voll durchbeschleunigen zu können. Diese beiden Kurven werden im sechsten Gang mit 250 km/h durchfahren. Hier wirken bis zu 3,5 g auf die Piloten und das Fahrzeug. Danach bremsen sie ihren Boliden von 291 auf 145 km/h für Kurve 10 zusammen, die im dritten Gang genommen wird.

3. Sektor: Sektor 3 ist mit rund 24 Sekunden der kürzeste und zugleich schnellste Streckenabschnitt. Hier befindet sich auch die Zone zur Aktivierung des verstellbaren Heckflügels DRS (Drag Reduction System). Sie beginnt 62 Meter nach Kurve 11. Im Anschluss können die Piloten das DRS-System auf der 755 Meter langen Gerade von Kurve 11 bis zu Kurve 13, der NGK-Schikane, nutzen. Die Fahrer bremsen ihr Fahrzeug für diese Zweite-Gang-Kurve von 305 auf 90 km/h zusammen. Danach folgt ein finaler Sprint hin zur letzten Kurve, die im dritten Gang mit 120 km/h durcheilt wird und in die Start-Zielgerade mündet.

Der Deutschland-Grand Prix aus Sicht von Rémi Taffin, Einsatzleiter Renault Sport F1

Mit einem Qualifying-Schnitt von 191 km/h und Topspeeds um die 305 km/h gilt der Nürburgring als mittelschnelle Strecke. Der Grand Prix-Kurs besteht aus einem Mix von langsamen Kurven – etwa den Turns 1 und 7, wo die Fahrzeuge zwischen 75 und 95 km/h fahren – und den vier längeren Geraden. Diese Charakteristik verlangt nach einem Motor, der in den unteren Drehzahlbereichen sehr gut fahrbar ist, beim Gasgeben sofort anspricht und zudem eine vernünftige Spitzenleistung bietet. Besonders viel Aufmerksamkeit werden wir der Getriebeabstufung in den oberen Gängen widmen. Am Nürburgring legen die Piloten vier Mal pro Runde den siebten Gang ein – häufiger als üblich.

Selbst abgesehen vom oft unberechenbaren Wetter in der Eifel können sich die Streckenverhältnisse auf dem Grand Prix-Kurs während des Rennwochenendes stark verändern. Zudem ist die Formel 1 hier nur alle zwei Jahre zu Gast. Das bedeutet: Obwohl der Nürburgring sehr intensiv für Rennveranstaltungen genutzt wird, bildet sich erst im Lauf der freien Trainings „unsere“ Gummischicht auf der Strecke. Damit verändert sich auch das Gripniveau. Als Konsequenz daraus werden wir am Freitag mit weniger aggressiven Motoren-Mappings beginnen, um den Fahrern einen sanfteren Gaseinsatz zu ermöglichen. Wenn sich im Verlauf des Rennwochenendes mehr Grip einstellt, steigen wir auf aggressivere Mappings um.

Kurz notiert

Nicht einmal fünf volle Tage nach der Zieldurchfahrt im Schatten der Nürburg startet bereits das erste Training in Budapest. Die Mannschaft von Renault Sport F1 wird am Sonntagabend vom Nürburgring aufbrechen, am Dienstag rollen die Trucks ins Fahrerlager des Hungarorings. RSF1 reist zu jedem Europa-Rennen mit vier Lkw an, die das Material für die drei Partnerteams enthalten. Einer ist gleich hinter der Garage von Red Bull Racing stationiert, ein weiterer bei Lotus Renault GP. Der dritte Auflieger beim Team Lotus dient zugleich als ein gemeinsam genutztes Kommunikationszentrum.

Der vierte Truck schließlich parkt in der Lkw-Zone außerhalb des Fahrerlagers. Die Mannschaft von RSF1 umfasst rund 30 Mitarbeiter. Jedem Partnerteam werden sechs Ingenieure und Techniker an die Seite gestellt, fünf Mitarbeiter kümmern sich um die Logistik, die übrigen bilden das Management- und Marketing-Team an der Strecke.
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