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FIA WEC
01.09.2016

Mit dem Porsche 919 Hybrid ins Baseball-Stadion

Der nächste Einsatz für den Le-Mans-Sieger Porsche 919 Hybrid stellt das Team vor ganz neue Herausforderungen. Am 3. September gibt die FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) ihr Debüt auf dem Grand-Prix-Kurs von Mexiko-Stadt. Das Sechsstundenrennen in der Millionen-Metropole ist der fünfte von neun WM-Läufen 2016. Die 4,303 Kilometer lange Strecke liegt 2.250 Meter über dem Meeresspiegel.

Das bedeutet dünne Luft für Mensch und Maschine. Zudem ist der September einer der regenreichsten Monate in der Region. Am Ende jeder Runde auf dem „Autódromo Hermanos Rodríguez“ tauchen die Fahrer in einer Rechts-Links-Kombination in ein 26.000 Zuschauer fassendes Baseball-Stadion ein: Fiesta Mexicana auf steil aufragenden Tribünen.

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Nach Siegen in Silverstone, in Le Mans und auf dem Nürburgring führt das Porsche Team in der Weltmeisterschaft der Konstrukteure mit 164 Punkten vor Audi (129) und Toyota (97). In der Fahrer-WM ist das Trio Romain Dumas (FR), Neel Jani (CH) und Marc Lieb (DE) Spitzenreiter. Die Le-Mans-Sieger haben 106 Punkte gesammelt, das zweitplatzierte Audi-Trio hat 73 Zähler. Die zweite Porsche-Werksfahrer-Crew – Timo Bernhard (DE), Brendon Hartley (NZ) und Mark Webber (AU) – rangiert mit 28,5 Punkten auf dem achten Tabellenplatz. Die amtierenden Weltmeister waren in den ersten drei WM-Läufen glücklos, meldeten sich mit ihrem Sieg beim Sechsstundenrennen auf dem Nürburgring im Juli aber eindrucksvoll zurück.

32 Rennwagen sind für den Höhenflug zwischen der Sierre Nevada und den Zwillingsvulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuati gemeldet. Das Feld der Prototypen und Sportwagen ist in vier Klassen eingeteilt. Der Porsche 919 Hybrid startet in der Topkategorie der Klasse 1 Le-Mans-Prototypen (LMP1). In der LMP2-Klasse sind auch vier Mexikaner mit von der Partie: die Brüder Ricardo und Roberto González jr. sowie Alfonso Diaz Guerra und Luis Diaz.

Der in Weissach entwickelte Porsche 919 Hybrid bringt es auf eine Systemleistung von gut 900 PS (662 kW). Sein Verbrennungsmotor ist ein wegweisendes Downsizing-Triebwerk: Als kompakter Zweiliter-Vierzylinder treibt der aufgeladene Benziner die Hinterachse mit knapp 500 PS (368 kW) an. Zwei unterschiedliche Energierückgewinnungssysteme – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie – speisen über eine Lithium-Ionen-Batterie einen Elektromotor, der auf Abruf die Vorderachse mit zusätzlich über 400 PS (294 kW) antreibt. Auf dem Nürburgring hat sich das neue Aerodynamik-Paket für hohen Anpressdruck bewährt. Es ist die dritte Aero-Konfiguration für den 919 in dieser Saison und damit die letzte. Im Sinne der Kostenkontrolle erlaubt das Reglement maximal drei Designs. Allerdings bleibt ein Abstimmungsspielraum für die Anpassung an verschiedene Rennstrecken und klimatische Bedingungen, außerdem gestattet das Regelwerk in Mexiko aus Sicherheitsgründen zusätzliche Maßnahmen für die Kühlsysteme.

„Das Rennen in Mexiko-Stadt ist fahrerisch, technisch und logistisch eine große Herausforderung“, sagt Fritz Enzinger, Leiter LMP1. „Aber wir freuen uns sehr über diese neue Destination im WM-Kalender. Denn dieser Kurs atmet Motorsport-Geschichte, und die Erfolge der Brüder Pedro und Ricardo Rodríguez, nach denen die Strecke benannt ist, bleiben in der Porsche-Rennsportgeschichte unvergesslich. Herausragend war sicher der Gewinn der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1970 von Pedro Rodríguez auf dem Porsche 917. Für unser Team ist es noch nicht allzu lange her, dass jeder Einsatz Neuland bedeutete. Wir sind ja erst im dritten Jahr. Ich habe volles Vertrauen in unsere Mannschaft, dass wir auch all die besonderen Aufgaben dieser Höhenlage lösen können und unserem Ziel der Titelverteidigung wieder ein Stück näherkommen.“

Teamchef Andreas Seidl erklärt: „Bei der technischen Vorbereitung auf den Einsatz in Mexiko spielen eine ganze Reihe außergewöhnlicher Faktoren eine Rolle. Da ist zunächst die Höhenlage. Im Vergleich zu herkömmlichen Saugmotoren verlieren wir mit dem Turbo zwar weniger Leistung, aber die Kühlung ist in der dünneren, sauerstoffarmen Höhenluft ein Thema. Das gilt sowohl für die Antriebseinheit als auch für die Bremsen. Außerdem ist der Luftwiderstand geringer. Deshalb wird es schwierig, in den Kurven den Anpressdruck darzustellen, den man gerne hätte, aber auf der 1,2 Kilometer langen Geraden werden wir hohe Topspeeds sehen. Die Strecke hat einen hohen Volllastanteil, und das Grip-Level wird sich kontinuierlich nach oben verändern. Es sei denn, es regnet – und auch damit ist zu rechnen.“
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