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Formel 1
12.06.2013

Vettel: „Am liebsten würde ich die Nordschleife fahren“

Sebastian Vettel, der dreifache Formel-1-Weltmeister, hat in den letzten Jahren alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Fast alles. Denn eine Trophäe fehlt dem deutschen Champion noch: der Sieg beim Heim-Grand-Prix. Seine nächste Chance hat er am 7. Juli 2013 auf dem Nürburgring. Im Vorfeld des diesjährigen Großen Preis von Deutschland haben wir mit Sebastian Vettel gesprochen.

Sebastian, der Große Preis von Deutschland markiert die Halbzeit der laufenden Formel-1-Saison. Welchen Stellenwert hat das Rennen auf dem Nürburgring für dich?
Sebastian Vettel: „Die Halbzeit markiert eigentlich eher die Sommerpause, dann setzt man sich hin und zieht Bilanz.“

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Deine persönlichen Bilanz bei Formel-1-Rennen in Deutschland liest sich so: 2009 Zweiter, 2010 Dritter, 2011 Vierter, 2012 Fünfter. Nach dem Gesetz der Serie müsstest du dieses Jahr Sechster werden – da hast du aber was dagegen, oder?
„Ich gebe nicht so viel auf Serien, Zahlen, Anreihungen oder Statistiken. Es ist vielleicht manchmal schön sich eine Statistik anzuschauen. Aber eine Statistik beschreibt immer das, was passiert ist und nicht das was passieren wird.“

Aus Rennfahrersicht: Wie würdest du den Nürburgring als Strecke charakterisieren?
„Es geht viel auf und ab, daher muss man sich vielen Herausforderungen stellen, sie ist eine der längeren Strecken. Aber auch eine Strecke die ich sehr gut kenne. Besonders von den Nachwuchsserien Formel BMW und Formel 3. Auf der Strecke hat es mir dann auch immer sehr viel Spaß gemacht. 2009 stand ich dort das erste Mal in der Formel 1 auf dem Podium, das ist natürlich fantastisch mit den heimischen Fans.“

Welchen Abschnitt der Grand-Prix-Strecke magst du am liebsten und warum? Beschreibe uns doch bitte, wie du diese Passage fährst und erlebst.
„Die beste Passage für mich ist die aus der Mercedes-Arena raus und in die Müllenbach-Schleife hinein. Anschließend geht es dann runter zur Dunlop-Kehre. Man hat mit dem Formel-1-Auto nicht viel Grip, dritter oder vierter Gang und genauso wieder raus. Durch das Schumacher-S hoch in die Warsteiner-Kurve. Dann wieder runter Richtung ADVAN-Bogen.“

Wer ist auf dem Nürburgring dein schärfster Konkurrent?
„Die üblichen Verdächtigen: Fernando Alonso, Lewis Hamilton aber auch Kimi Räikkönen und Mark Webber.“

Dürfen sich die Fans wieder auf ein spezielles Helm-Design für den deutschen GP freuen?
„Ja, ich denke schon, dass wir uns wieder was Tolles einfallen lassen.“

Der viel zitierte „Mythos Nürburgring“ – was gehört deiner Meinung nach unbedingt dazu?
„In der Formel 3 sind wir damals oft die Kurzanbindung gefahren, aber jetzt freu ich mich natürlich immer die Grand-Prix-Strecke zu fahren. Das ist ein Teil der unbedingt dazugehört. Am liebsten würde ich natürlich die Nordschleife fahren, aber das geht leider nicht.“

Bis 1976 drehten die Formel-1-Piloten ihre Runden noch über die legendäre Nordschleife. Mal angenommen, du wärst damals Rennfahrer gewesen und die Grüne Hölle stünde an – ein reizvoller Gedanke oder eher ein furchteinflößender?
„Ein sehr reizvoller Gedanke, leider sind unsere Autos dafür nicht gebaut und würden die Anforderungen der Strecke nicht aushalten. Aber es wäre natürlich absolut genial, wenn man heute noch auf der Nordschleife fahren würde.“

Bedauerst du es, dass es in der heutigen Formel 1 keine Strecken mehr wie die Nordschleife gibt, die komplett andere Anforderungen an Mensch und Material stellen als alle anderen?
„Unterm Strich ist die Nordschleife für die Formel 1 einfach zu gefährlich. Nicht wegen der Streckenführung, sondern was das Rundherum angeht. Es wäre auch einfach schade, wenn man die Nordschleife neu aufrollen würde und z. B. Auslaufzonen bauen müsste. Die Strecke ist eben so angelegt. Sie ist so, weil sie schon immer so war – und das macht die Nordschleife auch heute immer noch aus.“

Das Lenkrad in deinem Dienstwagen, dem Infiniti Red Bull Racing RB9, hat gut und gerne 20 Knöpfe. Mal ehrlich: Schon mal den falschen gedrückt?
„Klar hab ich schon mal den falschen gedrückt! Aber ich sag mal so: Von Jahr zu Jahr ändert sich da nicht so viel. Von daher hat man die Funktionen nach einer Weile gut verinnerlicht.“

In einem Formel-1-Fahrzeug legt man bei ca. 300 km/h rund 80 Meter pro Sekunde zurück. Verrate uns das Geheimnis: Wie ist es bei so einem Tempo überhaupt möglich, immer so exakt den richtigen Bremspunkt zu treffen?
„Das Geheimnis kann ich jetzt nicht verraten – aber eigentlich gibt es auch keins (lacht). Es ist eine Mischung aus Gefühl, basierend auf Erfahrung. Das Auge wird daran gewöhnt und geschult. Natürlich spielen auch Anhaltspunkte an der Rennstrecke eine Rolle, z. B. ein bestimmter Baum oder ein Schild.“

Du trainierst ja auch in Hightech Formel-1-Simulatoren. Wie nahe kommt der virtuelle Nürburgring dem realen Racing auf der Strecke? Wie detailliert spielt sich so eine Simulatorfahrt ab?
„Ja, ich denke es wird immer besser. Die Realität wird es nie ganz ersetzen können und es ist auch noch weit von ihr entfernt. Aber es hilft uns ein bisschen in den Rhythmus der Strecke zu kommen. Und natürlich zur Vorbereitung auf das Rennwochenende.“

Noch abschließend bitte einen Tipp für die Zuschauer vor Ort: An welchem Streckenabschnitt des Nürburgrings würdest du als Fan zuschauen? Wo ist die meiste Action geboten?
„Wenn man auf Action aus ist, sollte man die Überholstellen suchen, sprich an der ersten Kurve. Spannend sind natürlich auch die schnellen Kurven: die Müllenbach-Schleife, das Michael-Schumacher-S und natürlich der Abschnitt nach dem ADVAN-Bogen, wenn es zur Schikane hoch geht.“

Vielen Dank für das Gespräch.
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