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26.07.2019

Nachwuchsförderung: So führt man seine Kids an den Motorsport heran

Ohne Nachwuchs stirbt jeder Sport aus, egal wie groß er auch ist. Wer jedoch Motorsport liebt, sollte seine Kids nicht mit der „Holzhammer-Methode“ heranführen. Leidenschaft für automobile Action muss langsam wachsen.

Strohfeuer brennen heiß, heftig und vor allem kurz. Ähnliches beobachten viele Motorsportfans, für die es eine Herzensangelegenheit wäre, dass ihr Nachwuchs mit der gleichen Leidenschaft dabei ist. Die Kids sind Feuer und Flamme – nur um nur wenige Monate später gar kein Interesse mehr zu zeigen.

Wer das vermeiden will, muss seine Sprösslinge langsam an den Motorsport heranführen. Umso wahrscheinlicher ist, dass daraus wirklich eine lebenslange Leidenschaft wird.


1. Schritt: Leidenschaft sondieren

Ein Kindergeist ist kein „leeres Gefäß“, das man nach Belieben füllen kann. Schon lange vor der Grundschule haben Kinder nicht nur sprichwörtlich ihren eigenen Kopf und wissen, was ihnen gefällt und was nicht. Manches ist zwar durch Abschauen bei den Eltern in Grundzügen vorhanden, größtenteils jedoch eine Eigenentwicklung des kindlichen Charakters.

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Soll bedeuten, man sollte nicht blind davon ausgehen, dass das Kind auf jeden Fall Rennsport mögen wird, weil Papa oder Mama es tun. Zunächst sollte man sich herantasten. Vielleicht mal ein Rennen im Fernsehen schauen, ein Samstag auf der Kartbahn, ein Besuch bei einem Oldtimertreffen mit hoher Rennwagendichte. Aber immer auf freiwilliger Basis.

Wer sein Kind aufmerksam beobachtet, wird merken, ob Grundlagen vorhanden sind. Dazu gehört es allerdings auch, ehrlich zu sein – wenn sich das Kind bei allem sichtlich langweilt, sollte man abbrechen und noch Zeit verstreichen lassen.


2. Schritt: Keine falsche Begierde wecken

Ehrlichkeit ist auch an einem weiteren Punkt vonnöten. Denn manche Eltern versuchen vornehmlich über die „Mitmach-Schiene“ zu motivieren. Natürlich, nichts begeistert ein Kind mehr, als wenn es selbst Kart oder Mini-Enduro fahren darf.

Allerdings muss man ehrlich zu sich selbst sein: Motosport ist in allen Facetten ein relativ teuer zu betreibendes Hobby. Zwar betreibt der ADAC eigene Nachwuchsförderung, gibt es genügend Kart-Clubs mit eigener Strecke. Allerdings bleibt die Tatsache, dass man den fahrbaren Untersatz und seinen Unterhalt selbst bestreiten muss.

Wer sich das definitiv nicht leisten kann, sollte das seinem Kind vermitteln, damit keine falschen Hoffnungen geweckt werden.


3. Schritt: Live Benzin schnuppern

Man kann durchaus mit dem Nachwuchs Formel 1 von der Couch aus schauen, kann ihm auf YouTube legendäre Rallye-Videos zeigen.

Allerdings ist das für ein Kind abstrakt – was auf dem Bildschirm passiert, ist nicht hautnah. Damit steht der Motorsport auf gleicher Ebene wie die Zeichentrickhelden des Sprösslings oder irgendwelche anderen Medienhelden. Motorsport jedoch hat hier ein Ass im Ärmel, denn im Gegensatz zu „Peppa Wutz“ und Konsorten kann man ihn live und hautnah erleben.

Bedeutet, man fährt mit seinem Sprössling zu einem Rennen. Jedoch kein beliebiges, es sollte einige Kriterien erfüllen:
 
  • Es sollte eine Motorsportform sein, die das Kind schon vom gemeinsamen Anschauen her kennt. Wer also zuhause immer DTM schaut, sollte jetzt nicht plötzlich mit Enduro-Motorrädern konfrontiert werden.
  • Falls das Kind schon Idole dieses Sports kennt, sollten diese daran teilnehmen.
  • Nach Möglichkeit sollte es eine Veranstaltung sein, bei der dauerhafte Action herrscht – also nicht ein sekundenschnell vorbeifliegendes Auto alle Viertelstunde, sondern eher etwas in Richtung Rundkurs.
  • Boxengassen-Besuchsmöglichkeit ist absolut von Vorteil.
      
Zudem sollte das alles in der Nähe sein. Wenn ein Kind ob der Fahrtdistanz schon in aller Frühe aus dem Bett gerissen wird und stundenlang im Auto sitzen muss, ist die Laune beim Eintreffen oft im Keller.

Wenn es etwa F1 sein soll, sollte man die hiesigen Strecken anpeilen. Es muss nicht Hockenheim sein, zumal die Strecke für 2020 nicht im Rennkalender eingeplant ist. Für (Nord-)Westdeutsche kann es die komfortablere Lösung sein, sich Formel-1 Tickets für Spa-Francorchamps zu holen – ebenso wie es für Südostdeutsche simpler wäre, nach Spielberg in Österreich zu fahren.

Doch auch wenn man als Erwachsener vielleicht Ungarn oder Silverstone besser fände, das sollte man mit dem Nachwuchs erst später angehen.


4. Schritt: Regelmäßigkeit ins Spiel bringen

Für die allermeisten begeisterten Kids wird ein derartiges Highlight höchstwahrscheinlich den Startschuss geben.

Vollkommen falsch wäre es in diesem Sinne, diese Leidenschaft danach wieder zu bremsen, indem man sich abermals auf das Konsumieren von Fernsehrennen beschränkt. Besser ist es, jetzt regelmäßiger zu werden.

Nein, das heißt nicht, dass man nun immer große Rennen besuchen muss. Aber man sollte dem Kind die Möglichkeit in die Hand geben, dass Rennsport zu einem natürlichen Teil seines Lebens wird. Da bietet es sich beispielsweise an:
 
  • Eine regelmäßig erscheinende Publikation zu abonnieren. Es muss nicht die wöchentliche Auto BILD sein, aber seltener als monatlich sollte das Heft auch nicht erscheinen.
  • In gewisser Regelmäßigkeit (bspw. einmal monatlich) Motorsport-Breitenveranstaltungen in der Region zu besuchen. Fast überall gibt es regelmäßig Slaloms, Bergrennen, Autocross-Veranstaltungen usw.
  • Die Neigungen des Kindes durch entsprechendes Spielzeug zu fördern. Also nicht „irgendein“ Spielzeugauto, sondern vielleicht genau den Renner, den der Lieblingsfahrer des Kindes fährt.
  • Videospiele zu nutzen. Sie bringen vieles von dem Gefühl, dass man beim Selberfahren hat, zurück. Außerdem sind sie niedrigschwellig (spontan) und können dennoch von Eltern und Kids gemeinsam gespielt werden.
  • Dem Kind die Geschichte des Rennsports näherzubringen. Hier muss man jedoch vor allem bei der Literatur vorsichtig sein. Fußball kennt durchaus Spezialbücher für Kinder, der Motorsport jedoch praktisch kaum. Bitte also nicht auf allzu trockene, textreiche Werke setzen.
     
Und natürlich funktionieren auch heute noch die altbekannten Klassiker nach wie vor gut: Poster im Kinderzimmer, T-Shirts, Kappen, Modellautos und Kalender. Auf diese Weise wird man sein Kind definitiv zum Motorsportfan machen. Dabei sei allerdings auch immer darauf hingewiesen, dass man ein Auge darauf behalten sollte, dass das Kind in seiner Leidenschaft nicht über die Stränge schlägt. Wie bei uns darf und soll es zwar geliebtes Hobby sein, aber nicht wichtigster Lebensmittelpunkt.
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