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14.06.2016

Patrick Assenheimer: „Ich hatte einen Schutzengel“

Patrick Assenheimer ist Stammfahrer bei AutoArena Motorsport und fährt eine GT3-Corvette im ADAC GT Masters. Doch hin und wieder fährt der 24-jährige auch andere Fahrzeuge. So trat er im Januar beim 24-Stunden-Rennen in Dubai im Mercedes SLS AMG GT3 von Black Falcon an. Doch im Training saß der Heilbronner plötzlich mitten im Flammeninferno. Wie es im heute geht, wie es zu dem Unglück kommen konnte und ob ihn der Feuerunfall verändert hat, hat er uns im Interview verraten.

Es gibt nur wenige Bilder vom Unglück. Diese zeigen den SLS aber komplett in Flammen. Was geht Dir durch den Kopf, wenn Du an den Unfall zurückdenkst?

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„Ich hatte wirklich einen Schutzengel und bin froh, dass ich nur Verbrennungen zweiten Grades in der Oberen Gesichtshälfte davon getragen habe. Ich habe instinktiv richtig und schnell gehandelt, sonst hätte das Ganze anders ausgehen können. Mein schnelles Reaktionsvermögen hat mir das Leben gerettet.“

Was ist denn eigentlich genau passiert?

„Es war zu Beginn des zweiten Trainings. Eigentich war ich noch gar nicht dran zu fahren, jedoch beschloss man kurzfristig ein Setup abzustimmen und so stieg ich ein und habe den SLS am Ende der Boxengasse mit 100 Litern vollgetankt. In Kurve 3 rutschte mir mein Heck ohne Vorwarnung weg und ich musste das Auto abfangen. Ab diesem Moment war mir klar, dass etwas nicht mit dem Auto stimmen kann. Ich vermutete das etwas Flüssigkeit über die Reifen gelaufen sein musste und beschloss langsam zurück zur Box zu fahren. Nach der dritten Kurve kommt man über eine Kuppe, dann habe ich plötzlich Benzin gerochen und keine Sekunde danach gab es eine Verpuffung im Auto. Inzwischen weiß ich, dass beim Tanken irgendwie Benzin in den geschlossenen Unterboden gelaufen sein musste und beim Einlenken hinter der Kuppe ist alles nach vorne gelaufen und hat sich dann am heißen Auspuff schlagartig entzündet. Ich saß plötzlich während der Fahrt mitten in den Flammen!“

Wie konntest Du schnell entkommen?

„Durch die Verpuffung wurde die linke Flügeltür regelrecht aufgesprengt. Ich schnallte mich während ich rollte ab und versuchte so schnell wie möglich raus zukommen. An meinen Fanggurt für meine Hand dachte ich gar nicht mehr und so bin ich noch mit dem Handschuh hängen geblieben, weshalb ich eine kleine Verbrennung am Daumen hatte, aber lieber das, als ohnmächtig zu werden und die giftigen Gase einzuatmen. Draußen habe ich dann erst einmal geguckt, ob ich selbst brenne, was zum Glück nicht der Fall war. Dann habe ich mir nur gedacht: Was hab ich jetzt angestellt?“

Bei Feuerunfällen sprechen Ärzte oft davon, dass die Rauchgase das Gefährliche sind. War das bei Dir nicht so?

„Doch, aber ich hatte wirklich Glück. Bei einer Verpuffung, wird auch aus der Lunge der Sauerstoff entzogen. Beim Aussteigen habe ich gemerkt, dass ich plötzlich keine Luft mehr bekam. Die Ärzte sagten mir später, dass dies ein Reflex ist und der Hals wegen der giftigen Dämpfe regelrecht zumacht. Wenn man dann aber bewusst nochmal Luft holt, atmet man die Dämpfe ein. Ich hab das – warum auch immer – nicht gemacht und konnte mit der Restluft, die ich in der Lunge hatte, aus dem Cockpit raus.“

An Motorsport war nach diesem Unfall nicht mehr zu denken, oder?

„Ganz ehrlich? Ich wollte am nächsten Tag im Rennen starten. Das Team hatte über Nacht einen Ersatzwagen aufgebaut und ich wurde super betreut. Leider ist aber in der Nacht mein Gesicht komplett zugeschwollen, sodass ich kaum etwas sehen konnte. Außerdem konnte ich so auch den Helm nicht mehr anziehen. Ich hatte aber nie Angst, wieder ins Auto zu steigen. Schon drei Wochen später saß ich in der Corvette und habe getestet.“

Weiß man den inzwischen, wie es zu dem Brand kommen konnte?

„Wie gesagt, Benzin hat sich aus unerklärlichen Gründen im Unterboden verteilt und hat sich an einem heißen Teil entzündet.. Im Nachhinein lässt sich das aber nicht mehr genau sagen, da die Flammen sehr viel zerstört haben. So etwas sollte nicht passieren, kann aber und wir wissen alle: Motorsport ist gefährlich.“

Wie hat deine Familie den Unfall mitbekommen und was sagen sie heute?

„Meine Eltern waren vor Ort, haben aber erst die Tragweite erfahren, als ich sie aus dem Medical-Center angerufen habe. Sie haben direkt nur mitbekommen, dass das Training unterbrochen ist und sie haben die Rauchsäule gesehen. Dass ich direkt betroffen war, wussten sie nicht. Meine Freundin war zu Hause und hat es auch erst nachher erfahren. Sie unterstützen mich aber alle voll und versuchen nicht, mir den Rennsport auszureden.“

Wie sehr beeinträchtigt Dich der Unfall heute noch?

„Ich hatte glücklicherweise nur die Brandwunde am linken Daumen und eine größere auf der Stirn. An der Stirn habe ich auch noch eine Narbe, die aber wohl noch verschwinden wird. Körperlich habe ich daher keine Beeinträchtigungen. Psychisch habe ich überhaupt kein Problem. So ein Unfall ist extrem selten und dass das wieder passiert, da denke ich, gewinne ich vorher im Lotto. Ich habe keine Angst heute in ein Rennauto zu steigen, auch nicht in den SLS.“

Du bist motorsportlich also voll dabei. Wie sieht das Programm in dieser Saison noch aus?

„Beim nächsten VLN-Lauf wird die neue GT3-Corvette ihr Nordschleifen-Debüt haben. Außerdem steht die ADAC GT Masters auf dem Programm. Das 24h Rennen in Paul Ricard und einige VLN Läufe. Dazu schaue ich mal, wozu noch Zeit bleibt. Mir hat im letzten Jahr beispielsweise das Rennen im DMV GTC auf dem Nürburgring viel Spaß gemacht und ich würde gerne nochmal in der Serie fahren. Das entscheidet aber letztlich dann das Team, wann und wo wir antreten.“
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