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Rallye WM
31.10.2023

Škoda feiert WRC2-Dreifachsieg, Andreas Mikkelsen gewinnt WRC2-Meisterschaft

Der WRC2-Weltmeister der Saison 2023 heißt Andreas Mikkelsen. Dem Norweger reichten bei der erstmals ausgetragenen Rallye Zentraleuropa drei Punkte für die Klassenbestzeit auf der abschließenden Power Stage, um sich zum zweiten Mal in seiner Karriere die Krone dieser zweithöchsten Rallye-Kategorie auf Weltmeisterschaftsebene aufzusetzen. Den WRC2-Sieg bei der Rallye Zentraleuropa sicherten sich Nicolas Ciamin/Yannick Roche vor zwei weiteren Škoda Fabia RS Rally2-Crews, Erik Cais/Daniel Trunkát und Kajetan Kajetanowicz/Maciej Szczepaniak.

Nach zuletzt sieben Läufen in Folge auf losem Untergrund kehrte die FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) mit der erstmals ausgetragenen Rallye Zentraleuropa auf Asphaltstraßen zurück. Nach dem Start im Zentrum der tschechischen Hauptstadt Prag führte die Strecke über Österreich zum Ziel im bayerischen Passau. Während die beiden kurzen Show-Prüfungen am Donnerstagabend noch ohne nennenswerte Vorkommnisse über die Bühne gingen, änderte sich das Bild mit Beginn des Freitags grundlegend. Heftige Niederschläge sorgten für teilweise stehendes Wasser auf den Wertungsprüfungen (WP), sodass alle WRC2-Fahrzeuge den Service-Park auf Regenreifen verließen.

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Yohann Rossel, der einzige Titelaspirant, der nicht am Steuer eines Škoda saß, musste den schwierigen Bedingungen als Erster Tribut zollen: Der Franzose kam auf der dritten WP von der Straße ab und konnte die Rallye nicht fortsetzen. Andreas Mikkelsen und Beifahrer Torstein Eriksen hatten in der darauffolgenden Prüfung in einer ähnlichen Situation mehr Glück: Den beiden Norwegern kamen nach einem Ausrutscher einige Zuschauer zu Hilfe, die ihren Fabia RS Rally2 zurück auf den Asphalt schoben. Nach der Zieldurchfahrt der WP 4 stellten Mikkelsen und Eriksen dann ihre Talente als Mechaniker unter Beweis und führten notwendige Reparaturen an ihrem Arbeitsgerät ohne fremde Hilfe durch – die Veranstalter hatten für diesen Tag keine mittägliche Service-Pause vorgesehen. Der durch den Zwischenfall entstandene Zeitverlust von mehr als zehn Minuten raubte ihnen allerdings sämtliche Chancen auf den WRC2-Sieg.

Ihre Toksport WRT-Teamkollegen Gus Greensmith/Jonas Andersson hatten ebenfalls Pech. Durch einen Reifenschaden auf der allerersten Prüfung des Tages verlor das britisch-schwedische Duo rund eine Minute. Am Ende des Freitags belegten sie Rang acht in der WRC2-Klassifikation, Mikkelsen/Eriksen fanden sich auf der 19. Position wieder. Als bestplatzierte Škoda Crew in der WRC2 führte die Ergebnisliste zu diesem Zeitpunkt die beiden Tschechen Erik Cais/Daniel Trunkrát vom Team Orsák Rally Sport auf Platz zwei. Unmittelbar dahinter: die französischen Asphaltspezialisten und Markenkollegen Nicolas Ciamin/Yannick Roche (Sarrazin Motorsport).

Während die Finnen Emil Lindholm/Reeta Hämäläinen (Hyundai) auch am Samstag an der Spitze das Tempo vorgaben, lieferten sich dahinter Cais/Trunkrát und Ciamin/Roche ein packendes Duell um die zweite Position. Bis zum Ende des Tages konnten sich schließlich die beiden Franzosen knapp gegen ihre tschechischen Markenkollegen durchsetzen und einen 2,6-Sekunden-Vorsprung mit in den Finaltag nehmen.

Greensmith/Andersson hatten sich derweil auf die fünfte Position verbessert. Um die Titelentscheidung bis zum finalen Saisonlauf in Japan zu vertagen, hätte Greensmith allerdings mindestens einen Podestplatz in der Klasse erreichen müssen. Währenddessen verfolgten Mikkelsen/Eriksen auf WRC2-Platz 16 einzig und allein das Ziel, bei der abschließenden Power Stage an den Start gehen zu können und so viele Zusatzpunkte wie möglich zu sammeln.

Der Sonntag begann mit einer überraschenden Wendung: Die als WRC2-Spitzenreiter in die Etappe gestarteten Lindholm/Hämäläinen mussten ihr Fahrzeug auf dem Weg zur ersten WP des Tages mit technischen Problemen abstellen. Ciamin/Roche übernahmen die Führung – und gaben sie bis zum Ziel in Passau nicht mehr ab. „Es fühlt sich fantastisch an“, jubelte der 25-jährige Ciamin nach dem ersten WRC2-Sieg seiner Karriere. „Ich befand mich schon ein paar Mal in aussichtsreicher Position, mit dem ersten Platz in der WRC2-Wertung hat es bislang aber leider nie geklappt. Ich bin so glücklich, dass es mir nach so vielen Jahren endlich gelungen ist, einen Laufsieg nach Hause zu bringen!“ Mit Cais/Trunkrát auf Platz zwei und den beiden Polen Kajetan Kajetanowicz/Maciej Szczepaniak (ORLEN Rally Team) auf der dritten Position befand sich das WRC2-Podium exklusiv in den Händen von Škoda Fabia RS Rally2-Crews.

Mit Beginn der Power Stage richteten sich dann alle Augen auf die beiden Titelanwärter Gus Greensmith und Andreas Mikkelsen. Sie nahmen die abschließende Prüfung von den WRC2-Positionen vier und 13 in Angriff. Während Mikkelsen/Eriksen die Bestzeit fuhren und ihr WM-Konto somit um drei auf 111 Punkte aufstockten, konnten Greensmith/Andersson mit Platz sieben nach einem Dreher keine weiteren Zähler sammeln. Mit dem vierten Rang im WRC2-Endergebnis der Rallye Zentraleuropa kommt auch Greensmith auf 111 WM-Punkte. Weil bei Punktgleichheit jedoch die höhere Zahl der Saisonsiege entscheidet, steht Mikkelsen als WRC2-Weltmeister fest. Seinen drei Erfolgen auf Sardinien, in Estland und Griechenland kann Greensmith nur zwei erste Plätze in Mexiko und Portugal entgegensetzen.

„Ich freue mich sehr, zum zweiten Mal den WRC2-Weltmeistertitel gewonnen zu haben. Zumal ich zu Saisonbeginn nicht damit rechnen konnte, um die Meisterschaft mitzufahren“, fasste Mikkelsen zusammen. „Mein großer Dank geht an die Fans, die uns am Freitag zurück auf die Straße geschoben haben. Nach diesem Ausrutscher haben wir uns nur noch auf die Power Stage konzentriert. Diese Strategie hat sich ausgezahlt.“

Ebenso wie die beiden vor ihm platzierten Markenkollegen sammelte Kajetan Kajetanowicz mit seinem Podestplatz bei der Rallye Zentraleuropa parallel auch Punkte für die WRC2 Challenger-Wertung. In diesem Championat für Nachwuchsfahrer liegt der junge Pole jetzt nur noch zehn Zähler hinter Sami Parjari, der ebenfalls einen Škoda Fabia RS Rally2 fährt. Der Finne hat aber bereits das vom Reglement vorgegebene Maximum von sieben Teilnahmen an WM-Rallyes pro Saison ausgeschöpft, kann also keine weiteren Punkte mehr einfahren. Kajetanowicz hat somit die Gelegenheit, beim Saisonfinale in Japan die noch fehlenden Meisterschaftszähler zu holen. Ebenfalls noch mit Außenseiterchancen in der Challenger-Wertung: Fabia RS Rally2-Pilot Nikolay Gryazin.

Bei der WM-Rallye Japan (16. bis 19. November 2023) steht auch die Titelentscheidung im WRC Masters Cup an. Der Deutsche Armin Kremer mit seiner Tochter Ella als Copilotin sicherte sich mit seinem Škoda Fabia RS Rally2 vom Team Baumschlager Rallye&Racing bei der Rallye Zentraleuropa souverän den Sieg in dieser Wertung für Fahrer ab 50 Jahren. Mit den Österreichern Johannes Keferböck/Ilka Minor und den Ungarn Zoltán Lászlo/Gábor Zsiros folgten zwei weitere Fabia RS Rally2-Besatzungen auf den Plätzen zwei und drei. Bei noch einem ausstehenden Saisonlauf weist Kremer einen Rückstand von 18 Punkten auf den WRC Masters Cup-Führenden Alexander Villanueva auf. Sollte sich der Deutsche für einen Start im Land der aufgehenden Sonne entscheiden, käme es dort zum Showdown zwischen den beiden Ü50-Piloten und ihren Škoda Fabia.
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