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Kartsport Allgemein
17.06.2013

Die Teilnehmer verneigen sich vor Helene Altergot

Zugegeben – der Weg nach Rottweil ist für die IBK-Stammfahrer aus Österreich und der Schweiz eine kleine Weltreise und damit ein gewisser Hemmschuh. Auch Fahrer aus dem östlichen Bodenseeraum haben mit der weiten Anreise ihre liebe Not. Schade eigentlich, denn die Bahn in Rottweil muss dem Rennfahrerherz einfach zuträglich sein.

Zumal diese den IBK-Teilnehmern in neuem Kleid erscheint und mit der neuen, wirklich gelungenen Streckenführung noch mehr Spaß bereitet. Viel flüssiger als zuvor kann man seinen Kart nun durch die Kurven treiben und damit das Teil schonen, was der Rennfahrer am wenigsten mag – das Bremspedal.

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Nun, das überaus freundliche Streckenpersonal in Rottweil hat den acht teilnehmenden Rennfahrern einen interessanten Weg bereitet, um zwei spannende Rennläufe absolvieren zu können. Für einen fairen Ausgleich wiederum sorgt das Reglement mit den Zusatzgewichten, das allerdings nur drei Teilnehmern aufgehalst werden musste. Mit dem hälftigen Anteil an Teilnehmern stellt das Racing-Team Stuttgart by GR International Racing Team immerhin die Grundvoraussetzung, einen ganz besonders erfolgreichen Renntag zu erleben. Zumal mit dem Teamführer Mike Fabry ein Mann dabei ist, der mit der Vergabe des IBK-Titels ein gewichtiges Wort mitreden will und wird. Am Renntag aber auch wieder dabei ist der Pole Piotr Roy, der die Atmosphäre und den Streckenbelag in der Rottweiler Arena in und auswendig kennt und dadurch auch um Tagessiege jederzeit mitfahren kann.

Und dann taucht da auch eine zierliche, junge Dame im schwarzen Rennanzug und knallrot, künstlich gefärbten Haaren auf, die schon mit ihrer äußeren Erscheinung einen recht schnellen Eindruck vermittelt. Auch sie Teammitglied im Stuttgarter Rennkader und erstmalige Teilnehmerin an einem IBK-Rennen. Wie wird sie sich schlagen, in dieser von Männern dominierten Sportart? Nun ja, nur die sechstbeste Zeit in der Qualifikation verspricht eine eher ernüchternde Bilanz. Besser macht das schon ihr Kollege Fabry, der mit gut einer halben Sekunde Vorsprung schon einmal aufzeigt, dass mit ihm wieder zu rechnen sein wird. Schnell auch Roy und Dominik Pröll aus Ravensburg, der anfangs gar drei Runden lang auf der Zeitentabelle ganz oben zu finden ist.

Profihaft geleitet Fabry das Fahrerfeld wie an einer Perlenschnur nun durch die Einführungsrunde. Keine Lücke tut sich auf, keiner will den Anschluss an seinen Vordermann verlieren. Dann zieht Fabry an und die vier hinter ihm Startenden mit ihm mit. Die als sechste gestartete Dame scheint überrascht und kommt bereits mit zwei Kartlängen Rückstand über die Startlinie. Da sind auch die hinter ihr startenden Scherer und Zobel machtlos. Auch sie verlieren dadurch den Anschluss an das Spitzenfeld, das bald nur noch aus Fabry und Roy besteht.

Rad an Rad pflügen diese durch den Rundkurs, wobei Roy Fabry keine Verschnaufpause gestattet. Fabry aber mit seinem ruhigen, flüssigen Fahrstil lässt sich nicht beirren und bietet dem Polen keine Gelegenheit, irgendeinen Angriff zu setzen. Im Gegenteil, Fabry scheint sich von Roy absetzen zu können. Nach nur fünf Runden scheint das Ding auch gelaufen, aber Roy kann sich wieder heran kämpfen und Fabry dadurch weiterhin unter Druck setzen.

Hinter den beiden findet ein toller Zweikampf zwischen Dominik Pröll und Daniel Walz statt. Immer wieder berühren sie sich in den Kurven. Pröll scheint Walz aufzuhalten, vorbei kommt der allerdings nicht. Auch die Dame im Feld zeigt ihren Mitfightern, dass sie schnell Auto fahren kann. Im Kampf um Platz fünf kann sie Rene Pröll gewaltig Dampf machen und fährt zeitenweise gar die zweitschnellste Rundenzeit. Ein Zeichen, das aufhorchen lässt. Es sieht einfach nur schnell aus, was man da von ihr zu sehen bekommt. Sie scheint sich mit der Strecke mittlerweile angefreundet zu haben. 16 Runden hat sie sich Pröll zurechtgelegt – dann ist sie an diesem vorbei und liegt auf Platz fünf. Hut ab! Gleichzeitig nimmt sie die Verfolgung auf D. Pröll und ihren eigenen Teamkollegen Walz auf. Dieser hat es zwischenzeitlich geschafft, in einem atemberaubenden Manöver Pröll in einen kleinen Fehler zu treiben und so an ihm vorbeizukommen.

Durch Überrundungsmanöver stabilisieren sich nun die Positionen, sodass sich im Verlauf der Schlussphase keine Veränderungen mehr ergeben. Doch halt – ein Unikum darf nicht unerwähnt bleiben. Durch das versehentliche Schwenken einer blauen Flagge, wenige Runden vor Schluss, sieht sich D. Pröll genötigt, seinen Hintermann vorbeizulassen. Nur – dieser Hintermann ist kein Mann sondern eine Frau und damit direkte Konkurrentin von Pröll. Dieser Fauxpas ermöglicht der schnellen Dame im Feld am Ende einen hervorragenden vierten Platz, sehr zum Ärger von Dominik Pröll. Fabry, Roy, Walz, Altergot, D. Pröll, R. Pröll, Zobel und Scherer – in dieser Reihenfolge kommt die Zielflagge schlussendlich zum Einsatz.

Verweilen wir weiterhin bei Helene Altergot. Im Qualifying des zweiten Laufes zaubert sie sich zeitenweise auf die dritte Position. Am Ende ist es aber „nur“ Startplatz vier. Vor ihr Fabry, Roy und Walz. Damit befinden sich drei Mitglieder des Stuttgarter Rennteams in den ersten vier Startpositionen. Fabry wiederum über eine halbe Sekunde vor seinem direkten Verfolger Roy, der dieses Mal einen besonders heißen Atem von Walz verspürt. Um lediglich eine Zehntelsekunde verpasst Zweiterer eine bessere Startposition. Walz, der an diesem Renntag eigentlich gar nicht starten wollte, erlebt jedenfalls freudige Ereignisse in seinem Wirken.

Dieses Mal erwischen nur vier Fahrer einen optimalen Start. Mit dabei Altergot. Sie scheint aus dem ersten Rennen gelernt zu haben. D. Pröll wiederum scheint das Anziehen der Vordermänner verschlafen zu haben. Er hält die hinter ihm Fahrenden sichtlich auf, besonders seinen Bruder, der immer mehr in Fahrt kommt. Fünf Runden lang harrt dieser dahinter aus, dann drängt es ihn nach vorne.

Daniel Walz oder Helene Altergot – die Frage, wer am Ende auf dem Siegerpodest stehen wird, darf durchaus gestellt werden. Rundenlang kann Altergot Walz bedrängen, scheint für ein Überholmanöver aber nicht so recht ausgebufft zu sein. Nun ja, einen Daniel Walz überholt man schließlich nicht so einfach. Sind es Reifenprobleme oder nur nachlassende Kondition? Altergot muss Walz schließlich doch ziehen lassen und verliert immer mehr den Anschluss.

Ganz vorne zieht Mike Fabry Piotr Roy im Respektabstand hinter sich her. Nur dieser kann am Renntag mit Fabry einigermaßen mithalten. Zwischenzeitlich hat sich auch D. Pröll wieder an seinen Bruder heran gekämpft. Gehen wir mal davon aus, dass der ihm nicht freiwillig Platz gemacht hat. Jedenfalls geht D. Pröll kurz vor Erreichen der Zielflagge noch an ihm vorbei und leitet damit eine Kuriosität ein, die es so wohl selten zu erleben gilt. Der Zieleinlauf im zweiten Rennen ist absolut identisch mit dem des ersten Laufs. Mit ihrem toll erkämpften vierten Platz schrammt eine Frau in der Geschichte der IBK-Meisterschaft erstmals knapp an einem Podiumsplatz vorbei. Helene Altergot – den Namen sollte man sich merken.
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